Italien treffen diese Taten mitten im Wahlkampf. Foto: AFP

Ein Mann schießt in Macerata aus seinem Auto auf Menschen mit dunkler Hautfarbe – vier Wochen vor der Wahl. Der mutmaßliche Täter hat enge Verbindungen zur rechten Partei Lega Nord.

Rom/Macerata - Auf dem kahlrasierten Kopf von Luca T. prangt rechts der Stirn eine Tätowierung: Das Symbol einer Wolfsangel, einst Truppenkennzeichen einer Panzerdivision der Waffen-SS und Ende der 1970er Jahre das Zeichen der neofaschistischen „Terza Posizione“. Am Samstagvormittag soll Luca T. in der Provinzhauptstadt Macerata aus einem schwarzen Alfa 147 heraus auf Passanten geschossen haben. Sechs Menschen wurden durch die Tat verletzt, alle Opfer stammen aus Afrika.

Bei seiner Festnahme war der 28-Jährige in eine italienische Flagge gehüllt und zeigte den römischen Gruß. Am Sonntag wurde Luca T. in ein Gefängnis nach Ancona gebracht. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Er soll das schwere Blutbad aus rassistischen Motiven angerichtet haben. Italienische Medien spekulieren, dass die Tat eine Reaktion auf den Mord an einer 18-Jährigen sein könnte, die Ende Januar in Macerata ermordet und zerstückelt in zwei Koffern aufgefunden wurde. Ein Nigerianer wird verdächtigt, die junge Frau ermordet zu haben. Eine Verbindung zwischen ihr und Luca T. soll es jedoch nicht geben.

Italien treffen diese Taten mitten im Wahlkampf. Am 4. März wird ein neues Parlament gewählt. Während die Regierung die Parteien zur Besonnenheit aufruft, gießt der Ex-Ministerpräsident und Wieder-Wahlkämpfer Silvio Berlusconi Öl ins Feuer. Das, was in Macerata passiert ist, sei „die Geste eines Verrückten“, die nicht auf eine klare politische Ausrichtung zurückzuführen sei. Doch so einfach ist es nicht: Luca T. kandidierte im vergangenen Jahr bei kommunalen Wahlen für die rechte Lega Nord. Für die Partei also, die in einem Bündnis mit der Forza Italia von Berlusconi und den noch rechteren Fratelli d’Italia bei der kommenden Wahl die Mehrheit holen möchte.

Die Lega Nord macht Stimmung gegen Migranten

Vor allem die Lega macht im Wahlkampf Stimmung gegen Migranten. „Gewalt ist nie eine Lösung“, schrieb der Lega-Chef Matteo Salvini kurz nach der Tat auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Und weiter: Die „moralische Verantwortung“ für die Tat liege bei denjenigen, „die Italien mit illegalen Einwanderern geflutet haben.“ Er könne es kaum erwarten, das Land zu regieren, „um ganz Italien Sicherheit, soziale Gerechtigkeit und Unbeschwertheit zurückzubringen.“ In den sozialen Netzwerken feiern viele den mutmaßlichen Täter als Vorzeige-Patrioten: „Eine Medaille und sofort das Amt des Verteidigungsministers“, schreibt ein User auf Facebook.

Ministerpräsident Paolo Gentiloni appellierte an die Italiener, dem Risiko einer Gewaltspirale entgegenzuwirken. Innenminister Marco Minniti drückte sich klarer aus: „Wir haben noch einen Monat Wahlkampf vor uns, dass der verbreitete Hass weitere Gewalttaten generiert, ist sehr hoch.“ Einer der Verletzten soll am Sonntag aus der Klinik entlassen worden sein. Ein Opfer sei in kritischem Zustand, schwebe aber nicht in Lebensgefahr. Fünf Männer und eine Frau, aus Mali, Ghana, Nigeria und Gambia, waren durch die Schüsse verletzt worden. Einige von ihnen sollen Asylbewerber sein, andere lebten schon seit Langem in Italien. Das einzige, was die Opfer eine, so Innenminister Minniti, sei ihre dunkle Hautfarbe.