So hätte die Neckarwelle in Untertürkheim aussehen sollen – doch die Stadtverwaltung sieht dafür zurzeit keine Chance. Darauf hat sie sich jetzt festgelegt. Foto: Neckarwelle e. V.

Was sich seit Wochen andeutete, hat sich bestätigt. Die Stadt erteilt dem Projekt einer künstlichen Surfwelle auf dem Neckar eine förmliche Absage. Ist die Idee damit tot?

Stuttgart - Die zuständigen Bürgermeister haben jetzt regelrecht den Daumen gesenkt – und den Bau einer Neckarwelle für Surfer am Donnerstag für „derzeit nicht genehmigungsfähig“ erklärt, nachdem sie schon seit Wochen Zweifel an der Zulässigkeit gehegt hatten. Ihr Urteil sei das Ergebnis umfangreicher hygienischer und rechtlicher Prüfungender Stadtverwaltung, teilten Sport- und Ordnungsbürgermeister Martin Schairer sowie Bau- und Umweltbürgermeister Peter Pätzold am Donnerstag den Initiatoren förmlich mit.

Diese wollten eine Flusswelle für Surfer und Kajakfahrer erzeugen – und zwar durch eine höhenverstellbare Barriere im Neckar-Seitenkanal im Bereich des EnBW-Wasserkraftwerks in Untertürkheim. Die Stadt hatte dazu unter anderem eine Machbarkeitsstudie beauftragt. Sportbürgermeister Schairer ließ am Donnerstag durchaus Verständnis für die Wünsche anklingen. Die Verwaltung wisse, wie populär die Idee des Surfens in Stuttgart sei und „dass eine Neckarwelle ein öffentlichkeitswirksames Projekt wäre“. Daher habe man es sehr genau geprüft. Das Ergebnis sei aber eindeutig, obwohl man „alle Spielräume gesucht“ habe. Ausschlaggebend dafür, dass die Neckarwelle nicht genehmigungsfähig sei, sei die Wasserqualität an dieser Stelle – „und der Gesundheitsschutz steht nun mal vor dem sportlichen Vergnügen“, erklärte Schairer.

Für die Verwaltung verbieten sich Vergleiche mit Hannover und Nürnberg

Dabei sei der Neckar, wie Bürgermeister Pätzold ergänzte, in den letzten Jahren „immer sauberer geworden“. Dennoch habe das Landesgesundheitsamt nachgewiesen, dass das Wasser dauerhaft mit Fäkalien und Krankheitserregern belastet sei. Pätzold: „Werte, die beispielsweise für ein Badegewässer zulässig wären, sind während des Untersuchungszeitraums zeitweise um ein Vielfaches überschritten worden.“ Das städtische Gesundheitsamt habe sich der Einschätzung angeschlossen. Die Stadt hatte auch bei anderen Kommunen angefragt. Dazu sagte Pätzold: „Hannover und Nürnberg zeigen andere Voraussetzungen: Die Lage in der Leine und in der Pegnitz sind zu unterschiedlich, um sie mit dem Neckar gleichzusetzen.“ Auch die vom Verein Neckarwelle vorgeschlagenen Maßnahmen zum Schutz könnten die Gesundheitsgefährdung der Nutzerinnen und Nutzer einer Neckarwelle nicht gänzlich ausschließen. Pätzold und Schairer dankten den Initiatoren trotz allem. Sie hätten eine spannende Idee entwickelt, den Neckar erlebbar zu machen.

Die Verwaltung will die Prüfergebnisse nun am 9. April dem Umwelt-und-Technik-Ausschuss Sitzung vorstellen. Dann wird auch ein Vertreter des Landesgesundheitsamtes die Wasserqualität erläutern.

Die Initiatoren geben so schnell wahrscheinlich nicht auf

Der Verein Neckarwelle hatte im Auftrag der Stadt eine Machbarkeitsstudie für eine Surfwelle in Untertürkheim erstellt. Das Ergebnis war, dass Surfen auf dem Neckar möglich und genehmigungsfähig sei. Das hörten auch viele andere gern. Zu den Unterstützern zählte beispielsweise die Cannstatter SPD-Stadträtin Marita Gröger. Sie meinte, der Bezirk Untertürkheim brauche diese Projekt und Zulauf von jungen Leuten, um nicht abgehängt zu werden, was die Attraktivität angeht.

Der Bezirksbeirat Untertürkheim stellte sich auch hinter das Projekt und betonte wie der Verein, beim Wellensurfen wäre die Gefahr des Verschluckens von Neckarwasser genauso gering wie bei den anderen am Neckar ausgeübten Wassersportarten, etwa Kanufahren, Rudern oder Stand-up-Paddling, die auf dem Neckar erlaubt seien.

Darauf hebt auch der Verein noch einmal ab, bei dem es nach dem Termin im Rathaus hieß, zumindest für Kajakfahrer, denen die Welle auch dienen sollte, hätte die Stadt grünes Licht geben müssen. In Heidelberg und Tübingen dürften aber auch Triathleten im Neckar schwimmen. Am späten Abend erklärte der Vorstand, man nehme die Einschätzung der Stadt mit ebenso großer Enttäuschung wie Verwunderung zur Kenntnis. Sie widerspreche einem Rechtsgutachten, das man im Rahmen der Machbarkeitsstudie eingeholt habe: „Die Keimbelastung des Neckars im Kraftwerkskanal steht dem Projekt Neckarwelle aus Rechtsgründen nicht entgegen“. Der Vorstand und die mittlerweile 360 Mitglieder in „Deutschlands größtem Surfverein“ wollten nun in Ruhe beraten. Man sei nach wie vor überzeugt, dass die Neckarwelle machbar und der Standort geeignet und genehmigungsfähig sei. Daher erwäge man nun, einen förmlichen Genehmigungsantrag zu stellen.

Der Hintergrund: So könnte ein wasserrechtliches Verfahren in Gang kommen. Sollte die Stadt dann eine Genehmigung versagen, wäre das anfechtbar.