11. Juli 2017: In der Waiblinger Innenstadt verletzt ein Mann zwei andere mit einem Messer. Die Polizei vernimmt Zeugen. Foto: Weingand / STZN

Ein falscher Blick, schon fliegen die Fäuste, schließlich wird sogar ein Messer eingesetzt: Im Juli sind drei Männer in der Waiblinger Innenstadt aneinander geraten. Jetzt steht einer von ihnen vor dem Landgericht Stuttgart.

Waiblingen/Stuttgart - Der Vorsitzende Richter Jörg Geiger hat viel Erfahrung mit Gewaltdelikten. Dennoch stellt sich ihm am ersten Verhandlungstag im Fall eines 25-jährigen Industriemechanikers aus Waiblingen eine Frage: „Ich möchte wissen, wie es kommt, dass sich drei Personen zum ersten Mal begegnen und am Ende solch ein Verfahren herauskommt?“ Denn der 25-Jährige ist wegen zweifachen versuchten Totschlags angeklagt. Seine beiden Kontrahenten, ein etwa gleichaltriges Brüderpaar, hat er am 11. Juli im Waiblinger Rathaus zum ersten Mal gesehen. Zwischen ihnen entspann sich ein Streit, der leicht hätte tödlich enden können.

„Komm’ mit raus“: Ein Wort ergibt das andere

„Ich bin an dem Tag ins Rathaus, weil ich ins Bürgerbüro musste“, berichtet der Angeklagte, der die Vorwürfe zum großen Teil zugibt, allerdings die Schuld an dem gewaltsamen Streit den anderen zuschiebt. Im Wartebereich des Rathauses gleich nach dem Haupteingang sei es ziemlich voll gewesen. Er habe in den Raum gestarrt und über ein Problem mit seiner Freundin nachgedacht. Der ältere der beiden Brüder habe sich dadurch belästigt gefühlt, ein Wort gab das andere. „Komm mit raus“, habe der andere ihn aufgefordert, sagte der Angeklagte. „Er hat mich provoziert, ich war sauer, darum bin ich mit raus“, sagt er auf die Frage des Vorsitzenden Richters, warum er mitgegangen sei, es sei doch offensichtlich gewesen, dass es zu Gewalttätigkeiten kommen würde.

Hier lesen Sie unsere Meldung zu dem versuchten Totschlag in Waiblingen

Diese setzten auch sofort vor dem Rathaus ein, wie die Bilder einer Überwachungskamera eindrucksvoll dokumentieren. Der Angeklagte und sein Kontrahent sind darauf zu sehen, die wie erfahrene Boxer mit erhobenen Fäusten versuchen, Fausthiebe zu platzieren. Dabei bewegen sie sich über einen großen Teil des Platzes hin und her, begleitet vom jüngeren Bruder des Kontrahenten, der wie ein Schiedsrichter wirkt. Außerdem sind zwei Männer zu sehen, die kurz zuvor auf dem Standesamt waren und zufällig in die Situation geraten. „Wir haben versucht, sie auseinander zu bringen, aber sie haben immer wieder angefangen“, sagt einer der beiden, der als Zeuge vernommen wird.

Ordnungsamtsmitarbeiter sollen zugesehen haben „wie die Eichhörnchen“.

Auf dem Film sei nur der Anfang der „wilden Keilerei“ zu sehen, sagt der Zeuge. Der Angeklagte sei von seinem Gegner zu Boden geschlagen und dort regelrecht blutig geprügelt worden. Während er und sein Mann weiter versuchten, den Kampf zu beenden, hätten Bedienstete des Ordnungsamtes tatenlos zugesehen. „Die rollten auf ihren Segways daher und guckten zu wie die Eichhörnchen“, so der Zeuge.

Erst der Polizei sei es gelungen, die Kämpfenden zu trennen. Er habe noch einem Polizisten gesagt, dass die beiden Brüder vor dem Rathaus warteten, sagt der Zeuge, doch scheinbar habe niemand etwas unternommen. Denn kurz darauf gingen die drei jungen Männer wieder aufeinander los, in einem Hof an der Mittleren Sackgasse. Hier soll der Angeklagte laut der Anklage ein Messer gezückt und versucht haben, damit zuerst den Älteren und dann auch dessen Bruder zu treffen, der ihm zu Hilfe kommen wollte.

Dass er ein Messer dabei hatte und dieses auch gegen seine Gegner geschwungen habe, gibt der Angeklagte vor Gericht zu. „Ich habe allerdings nicht gestochen. Das Messer ist zum Schneiden gemacht. Und ich habe gegen den Oberarm gezielt, nicht auf den Hals oder das Gesicht.“

Am 29. Januar sollen die beiden Brüder vom Gericht vernommen werden.