Die angekündigten Aktionen von Bauern, Brummi-Fahrern, Lokführern und anderen Gruppen sind beunruhigend. Eine Radikalisierung des Protests könnte die Antidemokraten ermutigen, meint Matthias Schiermeyer.
Das Netz und der Boulevard überschlagen sich fast: Von Mega-Streik, gar vom Generalstreik am 8. Januar ist in Zusammenhang mit der Protestwoche des Bauernverbandes die Rede, weil sich weitere Gruppen anschließen wollen. Abgesehen davon, dass an jenem Montag aus diversen Gründen kein bundesweiter Verkehrskollaps droht, so werden wieder einmal die Menschen mit wilden Parolen ins Bockshorn gejagt. Um es klar zu sagen: Es ist nicht nur politisch töricht, sondern auch sachlich großer Unsinn, jetzt vom Generalstreik zu schwadronieren. Denn in Deutschland ist diese Form des politischen Widerstands rechtswidrig; kein verantwortungsbewusster Verband sollte daran etwas ändern wollen.
Blockaden stoßen in Teilen der Bevölkerung auf Zustimmung
Gleichwohl werden sich die diversen Aktionen Mitte Januar auf Straße und Schiene massiv auswirken. Und wenn man sich erinnert, dass die jüngsten Blockaden der Landwirte und Lokführer auch von Sympathien in der Bevölkerung begleitet wurden, dann muss die teils akzeptierte Radikalisierung des Protests sehr nachdenklich machen.
Es gibt massive Kräfte in diesem Land, die großes Interesse an einer tiefen Verunsicherung der Bevölkerung haben und die deswegen den Unmut gegen die Ampelregierung schüren. Der gemäßigte Teil (aus den Unionsparteien und der Wirtschaft) erhofft sich baldige Neuwahlen; radikale Vertreter dagegen wollen die Aktionswoche instrumentalisieren. Sie trachten nach Chaos, um es der etablierten Politik zu zeigen – was genau, bleibt unklar. Ihr Ziel sind quasi französische oder italienische Verhältnisse, weil man in Paris gut verfolgen kann, wie nah die Rechtsextremen auf diese Weise der Machtübernahme kommen können, während es die Rechtspopulisten in Rom längst geschafft haben. Insofern stellt sich schon die Frage, wie man die Geister, die im Januar allzu arglos gerufen werden, später wieder loswird.