Die SPD-Bundestagsabgeordnete Leni Breymaier begrüßt den Vorstoß der CSU-Kollegin Dorothee Bär zum Sexkauf-Verbot und fühlt sich bestärkt durch eine Entscheidung des EU-Parlaments. Die Grünen halten von der Idee aber nichts.
Die Debatte um die gesetzliche Regelung der Prostitution in Deutschland geht weiter. Aus der SPD kommt Zuspruch für den Vorschlag der CSU-Politikerin Dorothee Bär. Die Bundestagabgeordnete hatte jüngst in drastischen Worten auf die Situation der Prostituierten in Deutschland hingewiesen. „Deutschland hat sich zum Bordell Europas entwickelt“, sagte die CSU-Politikerin, und sei „mittlerweile auch weltweit als Land für Sex-Tourismus sehr attraktiv“. Bär hatte deshalb einen „Paradigmen-Wechsel“ gefordert. Sie hatte sich für die Einführung eines „Sexkauf-Verbots“ ausgesprochen. Vorbild ist das sogenannte „Nordische Modell“, das die Käufer von Sexdiensten bestraft und nicht die Prostituierten.
„Das gibt der Debatte in der SPD Aufwind“
Unterstützung für den Vorstoß kommt nun von der SPD-Bundestagsabgeordneten Leni Breymaier. „Ich begrüße Frau Bärs klare Positionierung für eine veränderte Prostitutionspolitik in Deutschland ausdrücklich“, sagte Breymaier unserer Zeitung. Ein klares Bekenntnis für das Nordische Modell aus der Unionsfraktion gebe der Debatte in der SPD Aufwind. Das sei nötig. Jeden Tag erlebten Frauen in der Prostitution, die ganz überwiegend aus dem Ausland kämen, „hier massive Gewalt, Demütigung und Entmenschlichung“, sagte die SPD-Abgeordnete weiter. „Seelen haben kein Preisschild.“
In Deutschland ist die Prostitution nach geltender Gesetzeslage legal. Basis ist dabei das von der damaligen rot-grünen Bundesregierung 2002 verabschiedete Prostitutionsgesetz. Es war als Schritt gedacht, die rechtliche und soziale Stellung der Sexarbeiterinnen zu verbessern. Bis 2002 hatte Prostitution in Deutschland als sittenwidrig gegolten. Mit einer weiteren Gesetzesinitiative hatte die große Koalition 2017 die „Arbeitsbedingungen“ der Betroffenen verbessert. So brauchen Bordelle seither eine Betriebserlaubnis, die an gewisse Mindeststandards gebunden ist. Offiziell registriert sind in Deutschland rund 28 000 Prostituierte. Die Dunkelziffer liegt aber erheblich höher. Bär geht von etwa 250 000 aus, andere Schätzungen von bis zu 400 000.
EU-Parlament dringt auf Sexkauf-Verbot
Es gibt inzwischen durch verschiedene faktische und politische Faktoren einen wachsenden Druck auf den Gesetzgeber, über eine Reform nachzudenken. Es gibt verstärkt Hinweise auf einen zunehmenden Menschenhandel mit menschenunwürdiger Behandlung von Frauen, die zumeist aus Osteuropa kommen. So kommt eine aktuelle Studie der Universität Erfurt zum Ergebnis, dass die gesetzliche Lage in Deutschland zu mehr Menschenhandel und organisierter Kriminalität geführt habe. Die OSZE bescheinigte Deutschland vor einem halben Jahr in einer ausführlichen Stellungnahme, dass hier zu wenig gegen Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung unternommen werde.
Nun beeinflusst auch eine Entscheidung des Europaparlaments die deutsche Debatte. Am Donnerstag vergangener Woche hatte das Parlament einen Ausschussbericht angenommen, der ausdrücklich empfiehlt, Maßnahmen zur Bestrafung von Freiern zu ergreifen. Leni Breymaier spricht von einer „kräftigen Klatsche“, die die liberale deutsche Prostitutionspolitik vom EU-Parlament bekommen habe.
Die EU-Forderung entspricht dem „Nordischen Modell“. Es heißt so, weil Schweden 1999 als erstes Land ein Sexkaufverbot einführte. Andere Länder haben inzwischen das Modell übernommen, dazu zählen Norwegen, Island, Irland und Frankreich.
Gegner des Modells argumentieren damit, dass ein Verbot die Prostitution nicht abschaffe, sondern die Bemühungen um bessere Bedingungen für Prostituierte erschwere. Das ist derzeit auch noch die mehrheitliche Sicht in der Ampelkoalition. So sehen die Grünen keinen Bedarf einer prinzipiellen Wende. Die grüne Frauenpolitikern Ulle Schauws sagte unserer Zeitung: „Wir Grüne sehen ein Sexkauf-Verbot kritisch.“
In der Koalition werde gerade ein nationaler Aktionsplan gegen Menschenhandel erarbeitet, „damit sexualisierte Ausbeutung gezielter bekämpft“ werden könne. Forderungen nach dem Nordischen Modell seien zu einfach. Durch ein Verbot bestehe die Gefahr, dass Prostituierte „in die Illegalität gedrängt werden“. Dort aber steige die Gewalt. Die Grünen wollten „den Schutz und Zugang zu Hilfsangeboten nicht erschweren, sondern ermöglichen und Beratungsstrukturen ausbauen.“