Dürfen ein Bordellbetreiber und eine Domina sich in einem städtischen Gremium zum Sexgewerbe äußern? Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Stuttgart meint Ja, die Bürgermeisterin Isabel Fezer übt heftige Kritik daran.
Stuttgart - Woran arbeitet der Runde Tisch Prostitution? Er ist 2016 vom Gemeinderat eingefordert und bei der Gleichstellungsstelle angesiedelt worden. Am Mittwochabend stellte Ursula Matschke, die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Stuttgart, im Rahmen der Beiratssitzung dar, wie weit die Arbeit gediehen ist.
Statt bisher mit 25 bis 30 Organisationsvertretern in einer Runde – „das hat sich in der Größe nicht bewährt“ – sollen künftig Untergruppen vorberaten. „Sie konstituieren sich derzeit und werden sich mit verschiedenen Schwerpunkten befassen“, so Matschke. Dazu gehörten die Situation in den Heimatländern der Prostituierten, das Thema Ausstieg und Ausstiegshilfen aus der Prostitution und die Zwangsprostitution.
Domina fordert Teilnahme ein
Streit hatte es um die Besetzung der Arbeitsgruppen gegeben: Der Bordellbetreiber John Heer und Daria Oniér, Domina und Organisatorin der 1. Stuttgarter Sexarbeiterkonferenz vom September, haben ihre Teilnahme am Runden Tisch eingefordert, dem Vernehmen nach direkt beim Oberbürgermeister. Offenbar erfolgreich: „Sie können sich in einem Unterausschuss äußern“, so Ursula Matschke.
Fezer übt Kritik an den Teilnehmern
Isabel Fezer, Bürgermeisterin für Jugend und Bildung und Leiterin der Beiratssitzung, kritisierte dies klar und deutlich: „Ich persönlich habe erhebliche Probleme damit, wenn Bordellbesitzer und Dominas über Frauen mitreden wollen, die gezwungen sind, ihren Körper zu verkaufen. Der eine beutet Frauen aus, der anderen ist es egal, was mit den anderen Prostituierten passiert. Das sind keine Experten, sondern sie verfolgen höchsteigene finanzielle Interessen. Wenn das von der Stadt unterstützt wird, also da kann ich nicht mit. Ich kann nur darum bitten, sich von denen nicht hinters Licht führen zu lassen.“
Bei den Beiratsmitgliedern gingen die Meinungen ebenfalls weit auseinander. Judith Vowinkel zweifelt die Vertretungsbefugnis von Daria Oniér an: „Es gibt doch keinen Zusammenschluss der Armutsprostituierten.“ Iris Ripsam (CDU) plädierte dagegen: „Man muss die Bürger zumindest anhören. Das war’s dann, sie können nicht mitbestimmen.“ Laura Halding-Hoppenheit (Fraktion) forderte: „Wir sollen uns um die armen, abgeschleppten, misshandelten Prostituierten kümmern. Ob dieser Herr und diese Dame in den Ausschuss kommen, ist dafür völlig irrelevant.“