Der Künstler mit dem Fahrrad-Flügel hat am Donnerstag in Stuttgart Ärger bekommen. Foto: 7aktuell/Eyb (Archiv)

Nach der Beschwerde eines Anwohners soll der Künstler Davide Martello aufhören, an der Königstraße zu musizieren. Er sieht das nicht ein, so dass am Ende die Polizei mit einer drastischen Sanktion eingreift.

Stuttgart - Erlaubt ist, was gefällt, heißt es eigentlich beim Thema Kunst und Kultur. Doch am Donnerstagabend gingen in diesem Punkt an der Königstraße die Meinungen beim Spiel des Pianisten Davide Martello auseinander – was für den Künstler in der Gewahrsamszelle des Polizeireviers Theodor-Heuss-Straße endete. Ausgelöst hatte die Geschichte ein Anwohner, der sich über das Klavierspiel beschwert hatte.

Davide Martello ist in Stuttgart regelmäßig zu Gast und hat seine Fans. Auch bei der Stuttgarter Polizei, die vor kurzem ein Video auf die Plattform Instagram stellte, in dem ein Beamter am Klavier des Konstanzers sitzt und mit ihm musiziert. Er findet also meist großen Anklang in der Stadt mit seinem Tun und seinem von einem Fahrrad gezogenen Flügel. Am Donnerstag Abend gegen 19.45 Uhr war jedoch ein Anwohner an der Königstraße nicht einverstanden, dass Martello dort noch spielte. Er beschwerte sich bei der Stadt – und war auch im Recht. Denn Davide Martello hatte zu einer Uhrzeit in die Tasten gegriffen, zu der das in der Innenstadt nicht mehr erlaubt ist. Der städtische Vollzugsdienst kam, um die Lage zu klären. Noch war keine Polizei im Spiel.

Beim zweiten Anruf der Polizei stimmt der Richter zu

Das habe sich nach kurzer Zeit geändert. „Er war unkooperativ und gab seine Personalien nicht an“, sagte ein Sprecher der Stadt. Außerdem habe er sich über die Mitarbeiter des Vollzugsdienstes lustig gemacht. „Das führte auch dazu, dass sich Passanten mit dem Musiker solidarisierten“, fügt der Pressesprecher hinzu. Die Vollzugsmitarbeiter hätten deswegen die Polizei zur Unterstützung angefordert.

Auch die Beamten hätten den Künstler als unkooperativ empfunden. „Er hat einen Platzverweis nicht befolgt“, sagte ein Polizeisprecher. Deswegen habe man ihn schließlich mit aufs Revier genommen. „Zunächst aber nur zur Feststellung der Personalien.“ Gegen 21 Uhr habe die Polizei dann zum ersten Mal einen Richter angerufen um zu fragen, ob der Künstler in sogenannten Beseitigungsgewahrsam genommen werden kann – sprich ob man ihn einsperren kann, damit er nicht weiter spielt. „Das fand der Richter zunächst unverhältnismäßig“, so der Polizeisprecher.

Also durfte der Musiker wieder raus. Das ging aber nicht lange gut. Um 21.18 Uhr holte ihn die Polizei wieder zu sich, da er schnurstracks zum in Hörweite des Reviers aufgebauten Flügel ging und weiterspielte. Gegen 21.30 Uhr schätzte der zuständige Richter die Lage dann auch anders ein und stimmte dem Gewahrsam zu.

Was nun kam, darüber ließ sich Davide Martello in einem Facebookvideo am späten Abend aus. Er schildert, dass er in die Zelle kam, und zuvor von den Beamten gründlich durchsucht worden sei – auch an empfindlichen Stellen im Genitalbereich. „Krass Leute, das war echt krass!“ sagt er in die Handykamera. Und dass er sich nicht von seinem Spiel abhalten lassen werde – er wolle weiterhin bis 22 Uhr, wie angekündigt, musizieren.

Die Stadt hat strenge Regeln für Straßenmusiker

Die Stadt weist darauf hin, dass er nicht nur aufgrund der Uhrzeit einen Verstoß begangen habe. Er habe zudem auch einen Verstärker in sein Klavier eingebaut. Das sei ebenfalls – zum Schutz der Anwohner und tagsüber der Geschäftsleute – nicht erlaubt. Die Stadt hat ganz klare Regeln für das Musizieren aufgestellt.

Die Polizei hat sich auf dem Weg zu Wort gemeldet, auf dem der Pianist das Thema öffentlich gemacht hat: Sie hat auf der Facebookseite „Klavierkunst Davide Martello“ einen Kommentar geschrieben. Darin erläutern sie auch, dass die Durchsuchung und das Entkleiden jeder, der in Gewahrsam komme, über sich ergehen lassen müsse, „auch zum eigenen Schutz“, heißt es. „Das ist natürlich für jemand, der sonst nicht mit der Polizei in Kontakt kommt, schon befremdlich“, sagt ein Polizeisprecher dazu. „Aber in der Extremsituation, die der Gewahrsam nun mal ist, müssen wir auf Nummer sicher gehen.“

Die Polizei schlägt aber auch versöhnliche Töne an. Man schätze natürlich die Musik. Und zum Schluss bieten die Beamten sogar ein harmonisches Ende an: Davide Martello könne sich gerne melden, um mal wieder mit dem musikalischen Uniformträger, der schon mal an seinem Klavier saß, zu musizieren. Ob es dazu kommen wird? Man weiß es nicht. Zumindest hat Martello sich in der Sache am Freitag noch nicht zu Wort gemeldet.