Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) sieht sich dem im Internet verbreiteten Vorwurf ausgesetzt, sie habe bei ihrer Dissertation Quellen falsch angegeben. Foto: dapd

Schavan gerät wegen angeblicher Schlampereien in ihrer Doktorarbeit auch in der CDU unter Druck.

Stuttgart - Bundesbildungsministerin Annette Schavan gerät wegen angeblicher Schlampereien in ihrer Doktorarbeit nun auch in ihrem CDU-Heimatverband unter Druck. „In der Südwest-CDU brodelt es“, sagte der Landeschef der Jungen Union, Nikolas Löbel, der Nachrichtenagentur dpa am Sonntag. Das Mitglied im CDU-Landesvorstand erinnerte daran, dass Schavan dem damaligen Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg (CSU) mit ihrer Kritik an den Plagiaten in dessen Dissertation den „Todeskuss“ gegeben habe. Wer die Maßstäbe so hoch ansetze, „bei dem muss schon jede Fußnote in einer Dissertation stimmen. Auch ein bisschen schummeln geht da nicht“.

Löbel steht mit seiner Kritik in der Führung nicht alleine: „Bei einer Wissenschaftsministerin muss die Weste nicht nur weiß, sondern blütenweiß sein“, sagte ein anderes Mitglied der CDU-Führung. Für Schavan, die für den Wahlkreis Ulm im Bundestag sitzt, ist die Debatte auch insofern brisant, als demnächst die Nominierung für die Kandidatur zur Bundestagswahl im kommenden Jahr ansteht.

Schavan hatte sich als Wissenschaftlerin im Fall Guttenberg geschämt

Die Ministerin und Vertraute von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) muss sich seit einigen Tagen anonymer Plagiatsvorwürfe im Internet erwehren. Auf einer Plattform „Schavanplag“ listet ein Unbekannter angebliche Plagiatsstellen auf mehr als 50 Seiten ihrer gut 350 Seiten starken Dissertation aus dem Jahr 1980 auf. Hauptsächlich werden ihr Mängel und „Verschleierung“ beim Quellennachweis vorgeworfen - anders als im Fall Guttenberg, der komplette Textstellen anderer Autoren als sein geistiges Eigentum in der Dissertation ausgewiesen hatte. Schavan selbst will sich bis Abschluss der Überprüfung durch den Promotionsausschuss der Universität Düsseldorf nicht zu den Vorwürfen äußern.

Löbel sagte mit Blick auf die damalige Diskussion um Guttenberg: „Annette Schavan hat sich in vergleichbaren Fällen schon öffentlich geschämt, da hat die Partei noch Geschlossenheit geübt.“ Die Ministerin hatte seinerzeit in einem Interview über Guttenberg gesagt, sie schäme sich als Wissenschaftlerin „nicht nur heimlich“. Kurze Zeit später trat der CSU-Politiker zurück.

Der JU-Chef sagte, die Junge Union wolle Schavan nicht vorverurteilen. „Natürlich gilt auch für sie die Unschuldsvermutung.“ Die Ulmer Bundestagsabgeordnete dürfe aber nicht mauern. „Sie muss es besser als Karl-Theodor zu Guttenberg machen und sofort für Transparenz, Wahrheit und Offenheit sorgen und keine Salami-Taktik anwenden. Eine Scheibchenweise-Wahrheit ist keine Wahrheit.“ Löbel sagte, an der Parteibasis sei Verunsicherung über Schavan spürbar. Die meisten JU-Mitglieder teilten seine Auffassung, dass Schavan bis zur Klärung der Vorwürfe „Ministerin auf Bewährung“ sei.

Rückhalt an der Basis schwindet

Auch innerhalb der Basis rumore es. „Die Häme innerhalb der Partei ist schon groß und der Rückhalt für Schavan innerhalb der Partei schwindet fortschreitend“, sagte Björn Hannemann, JU-Bezirkschef in Nordwürttemberg. An der Parteibasis rumore es gewaltig, erklärte auch Marcel Bonnet, Vorsitzender des JU-Bezirksverbands Württemberg-Hohenzollern. „Der Politikstil von Annette Schavan ist manchmal bedenklich. Wer sich wie im Fall Guttenberg päpstlicher als der Papst verhält, darf sich jetzt nicht wundern, wenn eine eher zurückhaltende Geschlossenheit ihr gegenüber herrscht.“ David Ruf, Bezirkschef des CDU-Nachwuchses in Nordbaden meinte, für Schavan müssten höchste Maßstäbe angesetzt werden: „Sie ist damit bis zur Klärung der Vorwürfe auf Bewährung.“

Die Junge Union steht der Bildungsministerin nicht erst seit deren Äußerungen zu Guttenberg äußerst kritisch gegenüber. Auf ihrem jüngsten Parteitag hatte der CDU-Nachwuchs die Landespartei aufgefordert, Schavan bei einer erneuten Kandidatur für den CDU-Bundesvorstand nicht zu unterstützen. Begründung: Schavan habe mit ihrem Positionspapier zur Abschaffung der Hauptschule nicht die Interessen der Südwest-CDU vertreten.