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Die heiße Phase des Wahlkampfs bricht an. Um so wichtiger und attraktiver ist, welche Promis Namen und Nase hergeben, um Partei zu ergreifen. Klicken Sie sich durch unsere Bilder!

Berlin - Die heiße Phase des Bundestagswahlkampfs bricht an. Es wird eng, für alle Parteien und Konstellationen, das steht fest. Umso wichtiger und attraktiver ist, welche Promis aus Politik, Sport und Kultur Namen und Nase hergeben, um Partei zu ergreifen.

Leonard Lansink weiß, wovon er spricht, wenn er sagt: "Es ist so lange nicht vorbei, bis es zu spät ist." Nichts weniger als das Leben hat den Schauspieler diese Weisheit gelehrt. Kein Wunder also, dass SPD-Fraktionschef Peter Struck ganz angetan ist von Lansink, diesem lässigen, höflichen und jenseits der Kamera so ernsthaften Typs, der in der ZDF-Krimiserie "Wilsberg" den schrägen Privatdetektiv mit angeschlossenem Buch-Antiquariat mimt.

So einer, das ist Peter Struck klar, kann der SPD nur guttun. Unmittelbar vor der heißen Phase dieses bisher so langweiligen Bundestagswahlkampfs setzen die Parteien verstärkt auf bunte, schrille oder einfach nur prominente Unterstützer, um durch sie etwas Schwung in die dröge Parteien-Auseinandersetzung zu bringen.

Auch darum also Leonard Lansink: 53 Jahre alt ist er, geboren im westfälischen Hamm. Wenn er erzählt, wie Struck ihn anheuerte und fragte, ob er nicht zur Partei kommen mag, um sie aktiv zu unterstützen, huscht ein Lächeln über Lansiks Gesicht, das nur auf den ersten Blick Stolz andeutet. Tatsächlich spiegelt es Verbundenheit: "Ob das Struck oder Müller/Meyer/Schulze war – ich fand den Typ in Ordnung, wir sind menschlich auf einer Wellenlänge. Den Struck kümmert es nicht, was über ihn in der Zeitung steht. Der will seine politischen Ziele erreichen, und das nötigt mir Respekt ab." Seither ist Lansink Parteimitglied.

Lansink und Struck: Menschlich auf einer Wellenlinie

Die SPD hält der Schauspieler besonders in diesen Wirtschaftskrisenzeiten für zu wichtig, um ihre sozialdemokratische Ausrichtung für nicht mehr zeitgemäß zu erklären. "Die soziale Sicherung darf nicht unter die Räder kommen." Denn das Leben kann hart sein, sagt der Mann, dessen Mutter sich nach seiner Geburt aus dem Krankenhaus stahl und über Jahrzehnte für ihn unerreichbar blieb. Im Ruhrgebiet wuchs er bei den Großeltern auf, vor einigen Jahren stellte ihn eine Krebserkrankung vor die nächste Probe. Er bestand. Dieser Optimismus beeindruckte Struck, auch wenn die Parallele zur Politik unangemessen scheint. Doch es ist Lansink selbst, der diese Hürde nimmt; er sei mit sehr speziellen Vereinen gestraft, sagt er grinsend – und meint den FC Schalke 04 und die SPD. Borussia-Dortmund-Fan Struck hält da für einen kurzen Moment den Atem an – und die Sozialdemokraten selbstredend für meisterhafter als die Revierkicker. Oder frei nach Lansink: "Es ist so lange nicht vorbei, bis es zu spät ist."

Günter Grass könnte es nicht besser formulieren. Der Mann, der sich selbst am meisten über "meinen zweiten Vornamen Literatur-Nobelpreisträger" amüsiert, ergreift auch wieder das Wort für die SPD. 1993 hatte er sein Parteibuch noch aus Protest gegen die von der SPD mitgetragenen Asylrechtsänderung zurückgegeben. 1998 steigt Grass aktiv in den Wahlkampf für den später siegreichen SPD-Kanzlerkandidaten Gerhard Schröder ein; seither ist er eine verlässliche Größe im Unterstützer-Team. Zwar geht er weit zurück ins Jahr 1969, in die erste Große Koalition, kriegt aber die Kurve: "Auch damals befand sich die SPD in der Umklammerung einer Großen Koalition. Außenminister Willy Brandt und Wirtschaftsminister Karl Schiller standen für Kompetenz und Tatkraft." Heute sei die SPD mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Finanzminister Peer Steinbrück genauso gut aufgestellt. "Das muss wirken wie ein Kugelblitz."

Walter Sittler erinnert gelegentlich auch an einen Kugelblitz, trotz seiner erklecklichen Körpergröße. Der Schauspieler, zuletzt Wahlmann für die SPD-Präsidentenkandidatin Gesine Schwan, kann sich herrlich in Rage reden über Politik und das, was die Menschen zu Recht von ihr erwarten. Auch heute unterstützt er die SPD und formuliert in charmanter Anspielung auf den entsprechend frisierten Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU): "Wo andere mit Gel glänzen, glänzt die SPD mit Inhalten. An der Oberfläche wirkt die Partei nicht immer so toll, aber im Kern tickt sie richtig, weil sie sich um die Belange jener Menschen kümmert, die weder große Aktienpakete noch eine starke Lobby haben. In der Globalisierung die Menschen im Blick behalten – darum geht es."

Katia Saalfrank: Die Super-Nanny ist seit 1997 SPD-Mitglied

Einen praktischen Ansatz pflegt auch Katia Saalfrank, die als Super-Nanny für RTL Quote macht. Saalfrank ist seit 1997 SPD-Mitglied, findet die aktive Politiker aber zu langatmig. Um ihre Quoten-Attraktivität dennoch zu nutzen, tourt die 38-jährige diplomierte Musiktherapeutin und Pädagogin Seit an Seit mit SPD-Generalsekretär Hubertus Heil zu Parteiveranstaltungen und spricht über Familien- und Bildungspolitik. Ihren Kopf halten auch Prinzen-Sänger Sebastian Krumbiegel und der Regisseur Pepe Danquart für die SPD hin.

Die CDU kommt nach Zahlen nicht auf so viele prominente Unterstützer, überrascht aber mit einer Auswahl, die vom Jury-Mitglied Thomas Stein ("Deutschland sucht den Superstar") und der Autorin Freya Klier über den Regisseur Volker Schlöndorff, den Schauspieler Sascha Hehn bis zum Fußball-Bundesligatrainer Peter Neururer (MSV Duisburg) reicht. Der wortgewaltige Coach freut sich auf den 16. August, wenn er Angela Merkel anlässlich der Bundesliga-Partie seiner Zebras gegen Energie Cottbus trifft. "Die Kanzlerin ist aus alter Tradition mit Cottbus verbandelt. Ich will ihr ein Trikot des MSV Duisburg überreichen – natürlich mit einem kessen Spruch, damit auch ich authentisch bleibe. Das mag ich nämlich an ihr: Dass sie authentisch geblieben ist."

Welche Parallelen es noch gibt zwischen dem Amt eines Trainers und der Kabinettschefin? "Im Fußball wird ehrlicher gefoult", sagt der Coach lachend. Im Ernst: "Es geht immer um die Zielsetzung,", doziert Neururer: "In der Regierungsführung muss sie nach Möglichkeit Arbeitsplätze schaffen, soziale Probleme lösen und Deutschland international gut positionieren. Im Fußball geht es darum, ein rein wirtschaftliches Ziel sportlich umsetzen. Auf beiden Feldern muss der Chef Glaubwürdigkeit vorleben. Und das gelingt Frau Merkel."

Neururer steht zur CDU; von Hause aus, sagt er. Allein als der Sozialdemokrat Willy Brandt Kanzler war, sei er "kurz der SPD-Tendenz verfallen. Der Mann hat mich fsziniert. Da ich aber ein überkritischer Mensch bin, habe ich festgestellt, dass es in der Politik nicht um Personen, sondern um Parteien geht. Da bin ich zur CDU zurück." An deren konservativem Wertebild gefalle ihm, "das es im Vergleich zu anderen Parteien der Mitte gar nicht so konservativ ist".

Mit dem damaligen Schalker Topspieler Olaf Thon bekannte er in Gelsenkirchen das erste Mal auch öffentlich Farbe zur CDU. "Dann wurde ich gefragt, ob ich mich offiziell bekennen würde; denen gefiel meine positive Ausstrahlung. Da habe ich selbstverständlich Ja gesagt."

Die FDP kann sich auf Sky DuMont verlassen

Der tief im Westen, im Ruhrgebiet, verankerte Neururer, stößt sich auch nicht an der DDR-Sozialistation Merkels. "Die DDR hatte doch nicht ernsthaft etwas mit Demokratie zu tun. Was soll man Merkel da vorwerfen? Heute spielt es kaum mehr eine Rolle, das die Kanzlerin eine Ostdeutsche ist – das wiederum ist bemerkenswert."

Die FDP indes kann sich erneut ganz auf den wie stets bekennenden und durch jüngste Umfragen noch motivierteren Liberalen-Fan Sky du Mont verlassen. Von ihm ist überliefert, dass er "schon immer FDP" gewählt hat – bis auf jenes eine Mal, als er für den Sozialdemokraten Helmut Schmidt stimmte. Liberal in der Gesinnung, sieht die FDP dies dem Wahl-Hamburger nach. In festen Parteihänden ist der Schauspieler, seit ihm der Liberalen-Vorsitzende Guido Westerwelle den Aufnahmeantrag während einer Talkshow ans Herz legte. Trotzdem setzt Sky du Mont auf "Ehrlichkeit in der Politik". Darüber räsoniert er am liebsten, selbst wenn er in Talkshows dabei schon so klingt wie ein Mandatsträger. Kein Wunder, dass ihm Hamburgs FDP eine Kandidatur zutraut. In Deutschland sei zu vieles reglementiert, "das hemmt die Menschen", sagt Charming-Sky, und das ist Wasser auf die Parteimühlen der liberalen Führung: "Wir sind froh, Herrn du Mont gewonnen zu haben."

Und drei weitere Promis, die den Unterstützerkreis aufwerten: Florian Langenscheidt, Gesellschafter bei der Langenscheidt-Verlagsgruppe, Moderator und Kolumnist, der sich gern mit einem Strauß FDP-gelber Blumen ablichten lässt. Der blaublütige Alexander zu Schaumburg-Lippe, Prinz und Oberhaupt des gleichnamigen Adelshauses. Und Hergard Rohwedder, Anwältin, Mitbegründerin der Initiative Neue Soziale Marktwirschaft und Witwe des 1991 von der RAF ermordeten Treuhand-Chefs Detlev Karsten Rohwedder.

Während die Grünen die schrille Rock- und Punksängerin Nina Hagen gewinnen konnten, kann die Linkspartei neben dem Darsteller Uwe Steimle den Liedermacher Konstantin Wecker und den Schriftsteller Wladimir Kaminer einberufen.