Forscher der Universität Graz haben das älteste bekannte Fragment eines Buches entdeckt. Das Papyrus-Stück aus dem dritten Jahrhundert v. Chr. zeigt Spuren einer Heftung, die um 260 v.Chr. angefertigt wurde. Damit wäre sie etwa 400 Jahre älter als alle bisher bekannten Belege für Heftungen in Buchform.
Ein Papyrus-Fragment mit Falz, Heftlöchern Faden: Die Restauratorin Theresa Zammit Lupi entdeckte es bei Routinearbeiten an einem ägyptischen Papyrus mit verschiedenen Spuren einer Heftung, wie die Universität Graz in Österreich jetzt mitteilte.
Den Grazern Forschern zufolge handelt es sich bei diesem Fragment um eine Seite aus einem extrem alten Buch – dem „Grazer Mumienbuch“, auch „The Hibeh-Papyri“ genannt. Es dürfte sich um den Rest eines Notizbuches aus dem dritten Jahrhundert v. Chr. handeln.
Wozu diente Papyrus in der Antike?
Es ist ein Sensationsfund: Das Fragment stammt aus dem dritten Jahrhundert vor Christus. Und damit ist es rund 400 Jahre älter als die bisher ältesten bekannten Belege für geheftete Bücher aus Papyrus, die auf 150 bis 250 n. Chr. datiert sind und in der British Library in London (Add MS 34473) und der Chester Beatty Library in Dublin (CBL BP II) aufbewahrt werden.
Papyrus wird aus den Fasern des Echten Papyrus (Cyperus papyrus, einem Zypergras) hergestellt und diente in der Antike als Beschreibstoff. Im Ägypten der Pharaonen wurden vermutlich seit dem 3. Jahrtausend v. Chr. die ersten Papyri verwendet.
Warum handelt es sich um eine wissenschaftliche Sensation?
„Das Grazer Mumienbuch entstand 400 Jahre früher und ist damit bis heute die älteste erhaltene Form eines Buches, die wir kennen“, erklärt Erich Renhart, Leiter der Sondersammlungen an der Grazer Universitätsbibliothek.
Zammit Lupi bemerkte bei ihrer Restaurierungsarbeit ein Stück Faden, eine Falz in der Mitte des Fragments, Heftlöcher und klar definierte Textränder als Hinweise, dass es sich um ein Blatt aus einem Codex ( gehefteter, frühen Form des Buches) handelt und nicht etwa um eine Schriftrolle.
„Als Restauratorin fühlt es sich ganz besonders an, wenn man auf so eine Entdeckung stößt und einen Baustein in der Geschichte des Buches beisteuern kann“, sagt die aus Malta stammende Expertin.
Auf unserer Karte können Sie sehen, wo Hibeh liegt
Wann wurde das Papyrus-Fragment entdeckt?
Das 14,7 mal 25 Zentimeter große Papyrus-Fragment wurde vor mehr als 100 Jahren bei einer Grabung in der ägyptischen Nekropole von Hibeh entdeckt.
Als man es fand, bedeckte es eine Mumie in einem Sarkophag. Seit 1904 befindet es sich an der Universität Graz und gehört zu einer 52 Objekte umfassenden Sammlung von Papyri (die sogenannten Hibeh-Papyri), die aus der Ptolemäerzeit (350 bis 30 v. Chr.) stammen.
Wie wichtig war a-Hiba während der Pharaonenzeit?
Wo einst Hibeh stand, befindet sich heute das Dorf al-Hiba. Es liegt südlich der Großstadt al-Fajum im Gouvernement Beni Suef auf der Ostseite des Nils. Zu Zeiten der 22. Dynastie (1075 bis 652 v. Chr.) befand sich hier die ausgedehnte antike Stadt Dehenet Weret („Großer Felsen“).
Zu der Stadt gehörte eine ausgedehnte Nekropole (Totenstadt), die bekannt ist für Funde zahlreicher hieratischer, demotischer und griechischer Papyri. Friedhof und Tempel stammen aus der Zeit de Neuen Reiches und wurden von den Pharaonen Scheschonqs I. (946 bis 924 v. Chr) und seinem Nachfolger Osorkons I. (925–890 v. Chr.) errichtet.
Seit 2011 ist die Fundstelle Plünderungen durch Grabräuber ausgesetzt.
Was ist auf dem Fragment zu lesen?
Bei dem Papyrusstück handelte es sich ursprünglich um ein Doppelblatt aus einem Notizbuch, auf dem um 260 v. Chr. Rechnungen eines Bankiers für eine Bier- und Ölsteuer in griechischer Sprache festgehalten wurden und das zur Umhüllung einer Mumie verwendet wurde.
Um welche Schrift handelt es sich?
Die ägyptische Hieroglyphenschrift war ein Schriftsystem, das überwiegend Zeichen mit bildhaftem Charakter als Schriftzeichen verwendete. Die hieratische Schrift ist eine mit den Hieroglyphen eng zusammenhängende Kursivschrift. Daraus abgeleitet wurde die demotische Schrift, die von rechts nach links geschrieben wurde.
Beide Schriftarten wurden von 650 v. Chr. bis 450 n. Chr. während der 22. Dynastie im antiken Ägypten verwendet.