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Südwest-CDU verliert viele Stimmen, aber der Ministerpräsident freut sich erst mal über Schwarz-Gelb auf Bundesebene

Stuttgart - Die Südwest-CDU verliert viele Stimmen, aber der Ministerpräsident freut sich erst mal über Schwarz-Gelb auf Bundesebene.

Herr Oettinger, die Wahl ist vorbei. Wie erleichtert oder enttäuscht sind Sie über das Ergebnis?Ich freue mich, weil wir unser Wahlziel erreicht haben, nämlich eine schwarz-gelbe Koalition mit stabiler Mehrheit im Bundestag. Das bringt für wichtige Themen in der Bundespolitik mehr Handlungsmöglichkeiten als zu Zeiten der Großen Koalition. Das gilt im Besonderen für Baden-Württemberg, weil wir jetzt sowohl im Land als auch auf Bundesebene eine bürgerliche Koalition haben.

Welche Themen wollen Sie nun einfacher durchsetzen können?Wir werden in den nächsten Wochen bei den Koalitionsverhandlungen viele Punkte ansprechen, die mit der SPD nicht möglich waren, zum Beispiel, wenn es um eine nachhaltigere Haushaltspolitik geht. Aber auch in der Steuerpolitik, zum Beispiel bei der Unternehmenssteuerreform und bei notwendigen Korrekturen der Erbschaftsteuerreform, werden wir Akzente setzen können. Und vergessen Sie nicht die Energiepolitik. Nun haben wir im Bundestag endlich eine Mehrheit, damit wir die Verkürzung der Laufzeiten von Kernkraftwerken zurücknehmen können.

Es kommt also zum Ausstieg vom Ausstieg.Nach den bisherigen Planungen müssten wir Ende 2010 den Reaktor Neckarwestheim I vom Netz nehmen und noch vor 2011 auch Philippsburg I. Das werden wir verhindern, weil ich nicht will, dass wir unsere Energie aus anderen Ländern importieren müssen. Solange die erneuerbaren Energien nicht in ausreichendem Maß vorhanden sind, brauchen wir den Energiemix - und damit auch die Atomenergie.

So sehr Sie sich über den Wahlsieg freuen, so sehr müssen Sie aber auch enttäuscht sein.Warum?

Weil der Südwesten bisher stets ein paar Prozentpunkte mehr als auf Bundesebene geholt hat. Diesmal ist man fast gleichauf und hat im Land gut fünf Prozent verloren?Wenn Sie das Ergebnis analysieren, werden Sie feststellen, dass viele Bürger strategisch gewählt haben. Viele CDU-Wähler haben ihre Zweitstimme der FDP gegeben, um eine bürgerliche Koalition auf Bundesebene zu ermöglichen. Die tatsächliche Stärke der CDU in Baden-Württemberg lässt sich aus dem Erststimmenergebnis ablesen.

Aber reicht das als Erklärung?Die Verschleißerscheinungen der Großen Koalition haben in Baden-Württemberg besonders stark gewirkt.

Und wie bewerten Sie das Ergebnis für sich: Fühlen Sie sich gestärkt oder geschwächt?Ich habe vor der Wahl gesagt, dass ich nicht zur Wahl stehe, und ich sage das auch jetzt. Mich freut es, dass wir als CDU Baden-Württemberg jetzt gestärkt sind in den Mitwirkungsmöglichkeiten auf Bundesebene. Wenn Sie sich mal anschauen, wie oft sich unser Bundesratsminister Wolfgang Reinhart im Bundesrat enthalten musste, weil ein Gesetzesentwurf der Großen Koalition für die FDP nicht vermittelbar erschien, sehe ich unsere Position nun in Berlin deutlich verbessert. Als CDU-FDP-Landesregierung können wir nun gezielter auf die Bundespolitik Einfluss nehmen. Um meine Person geht es da gar nicht. Aber natürlich ist klar, dass ich jetzt bei manchen Themen freier auftreten kann und werde, als das zu Zeiten der Großen Koalition machbar war.

Sie setzen darauf, dass mit mehr Sachpolitik à la Oettinger in Berlin auch Ihre persönlichen Umfragewerte bis zur Landtagswahl 2011 besser werden?Wir haben genügend Baustellen, die wir bis dahin noch bearbeiten wollen. Die Haushaltspolitik, der Arbeitsmarkt, die Überwindung der Wirtschaftskrise. Deshalb bewerte ich das Wahlergebnis als eine gute Ausgangslage, aber die Landtagswahl wird in einem ganz anderen Umfeld stattfinden. Deswegen sollte man auch nicht zu viel Kaffeesatz aus den heutigen Ergebnissen lesen.

Und die viel diskutierte Umbildung der Landesregierung: Kommt sie oder nicht?Nach diesem Wahlergebnis sehe ich keinen Grund, an meiner Regierungsmannschaft irgendetwas zu ändern.

Die Ergebnisse, die Sitzverteilung und weitere Infos in unserem Wahl-Special