Die Mozart-Stadt steht zurzeit im Zeichen der Festspiele. Abends wird „Jedermann“ gespielt. Und tagsüber? Wie wäre es mit Läden entdecken, Schnäppchen jagen, Tüten schleppen? Wir haben uns durchgekauft. Foto: SoAk

Die Mozart-Stadt steht zurzeit im Zeichen der Festspiele. Abends wird „Jedermann“ gespielt.

Das goldene Zeitalter, eingefroren. Patrizierhäuser aus dem 15. und 16. Jahrhundert, enge Gassen, Pflastersteine. Salzburg sei eine Bühne und ein Dorf, heißt es. Ein Freilichmuseum für 6,5 Millionen Gäste im Jahr. Manchmal verbergen sich hinter den prachtvollen Barockfassaden in der Getreidegasse dieselben gleichförmigen Mode- und Fressketten wie überall sonst auf der Welt. Dennoch ist Salzburgs Flaniermeile voller Originale. Die japanischen Reisegruppen, die vor allem jetzt zur Festspielzeit in Scharen durch die Stadt drängen, laufen achtlos vorüber. Wer genau hinschaut, findet besondere Läden, mit uralter Tradition oder ganz jung und hip.

Nur wenige Hundert Meter misst die kleine Straße, reine Fußgängerzone, von der Kirche St. Blasius bis zum Alten Markt. Jedes Geschäft muss hier ein wunderbar aufwendig verziertes Schild haben – sogar McDonald’s. Die Altstadtkommission wacht mit Argusaugen über die Einhaltung der Richtlinien. Die mit dem Unesco-Kulturerbe-Titel gekrönte Innenstadt liegt eingequetscht zwischen Salzach-Ufer und dem sich mächtig auftürmenden Mönchsberg. Da ist platzsparendes Bauen angesagt. Einer der beliebtesten Läden der Stadt hat daher nur sieben Quadratmeter Fläche. Wenn mehr als zwei Kunden im Kaslöchl am Hagenauerplatz 2 anstehen, ist der Laden voll. Seit 120 Jahren gibt es das Käsefachgeschäft. Barbara Soukup (49) hat je nach Saison 120 bis 130 Sorten Käse im Angebot. Ihre Kunden sind Einheimische. „Aber auch Urlauber kommen und decken sich vor der Abreise ein“, so die Käsefachfrau.
Einen Steinwurf weiter steht das berühmteste Gebäude der Stadt: Getreidegasse 9, das Mozart-Geburtshaus. Weht die dort angebrachte rot-weiß-rote Nationalfahne Österreichs im regnerischen Wind, werden auffallend rund gebogene Schirme durch die Straßen getragen. Jeder Salzburger, der etwas auf sich hält, besitzt einen handgearbeiteten Regenschirm von Kirchtag. Nach Voranmeldung kann man die kleine Manufaktur in der Getreidegasse 22 mit Laden im Erdgeschoss besichtigen und zuschauen, wie Eichen- oder Ahornholz wie vor 100 Jahren über Wasserdampf gebogen werden. 180 bis 225 Euro kostet solch ein Prachtstück. Soll es ein weniger kostspieliges Geschenk sein, geht man zu Azwanger. Die Spezerei – in Deutschland würde man Kolonialwarengeschäft sagen – wurde 1656 gegründet. 100 Jahre vor der Geburt des berühmtesten Sohnes der Stadt, der das Licht der Welt am 27.Jänner 1756 erblickte. „Der Mozart hat bei uns schon eingekauft“, verkündet die Verkäuferin, die vor einem dunkelbraunen Holzregal mit edlen Bränden, Senf, Öl, Schokolade und anderen Feinkostprodukten steht. Historisch belegt ist das freilich nicht.

Schräg gegenüber öffnet sich hinter einem Hauseingang ein Innenhof. Der Sternenhof ist ein für Salzburger Verhältnisse relativ großzügiger Verbindungsweg zur Griesgasse. An der rechten Seite, ein paar Stiegen hinauf, hat Sabine Ehrenberger 2009 das Atemlos eröffnet: eine Erotikboutique. „Bei uns steht die Frau im Mittelpunkt“, sagt die 45-jährige Bremerin. Das Geschäft mit Dessous, Pflegeprodukten, Literatur und Accessoires läuft gut. Seminare und Workshops runden das auf Seriosität getrimmte Programm ab. Ein paar Meter weiter fühlen sich Modefans im siebten Himmel: Sage und schreibe 3500 verschiedene Knopfmodelle, teils sogar noch in verschiedenen Größen und Farben, führt Josef Mayer, Knopflmayer genannt. Den Laden am Rathausplatz gibt es seit 1758. „Ich bin die Nummer neun“, sagt Inhaberin Veronika Stockinger (49). Sie meint die Generation. Der billigste Knopf kostet 0,04 Cent, der teuerste knapp 40 Euro. Der Laden läuft gut. „Die Leute haben keine Lust auf immer gleiche Konfektion. Also verändern sie ihre Kleidung, zum Beispiel mit neuen Knöpfen“, erklärt Veronika Stockinger.
Einrichtungsfans bekommt man kaum aus dem Haus Alter Markt 2 wieder heraus. Hier residiert Gehmacher Home Interiors. Man hat sich auf den Flamant-Stil spezialisiert. Ein cooler Look im englisch-französischen Stil, ein wenig Neuengland. Teelichter, Bilderrahmen, Kissenbezüge, aber auch Unikate wie ein Schreibtisch in Form eines alten Flugzeugflügels sind im Angebot. Sie haben sich unsterblich in ein Regal verliebt? „Kein Problem“, sagt Geschäftsführerin Sabine Fuchs, „wir liefern überallhin.“
Mode gibt es natürlich auch. Wer sich mit Tracht eindecken möchte, hat in Salzburg die Qual der Wahl: Hanna Trachten in der Linzer Gasse 41 , Trachten Schachtner in der Judengasse 8 oder Ploom am Ursulinenplatz 5? Die größte Tradition dürfte Jahn-Markl am Residenzplatz 3 haben. „Wir gehen auf eine Weißgerberei aus dem Jahr 1408 zurück“, sagt Gabriele Jenner (47). Auch Kaiser Franz Josef hatte eine handgeschneiderte Lederhose von Jahn-Markl. Leider hat solch ein G’wand seinen Preis: 2300 Euro kostet ein kurzes Modell aus Hirschleder im Ausseer Stil. Ziegenleder ist preiswerter und ab 398 Euro zu haben.

Für die meisten Touristen hört hier hinter dem Dom der Stadtbummel auf – zu unscheinbar scheinen die Häuserzeilen, auf die man einen kurzen Blick erhascht. Doch der Weg Richtung Kajetanerplatz lohnt sich. In der Pfeiffergasse 18 stolpern wir über den kleinen Laden von Sardaana Henke. Die 40-Jährige aus Jakutien machte im Juli 2010 ihr Hobby zum Beruf und eröffnete ein Atelier für Stoffe und handgemachte Einzelstücke wie Kosmetiktaschen, Handyhüllen und allerlei Krimskrams. Ein paar Straßen weiter in der Kaigasse 18 residieren die Salzburger Seifenideen. Über 40 verschiedene Sorten Schafmilchseife sind im Angebot, alles ökologisch, drei Euro das Stück.
Echte Salzburger trinken nach solch einem Mammut-Einkaufsbummel übrigens keinen Kaffee. „Nach dem Markt kommen die Leute zu uns auf ein Stamperl“, sagt Sieglinde Sporer. Vor ihrem Likörfachgeschäft mit Ausschank herrscht schon am Mittag reger Betrieb. Bei den Alkoholspezialisten (seit 1903) in der Getreidegasse 39 kaufen die Salzburger Punsch und trinken gleich ein Glas. Wer im Schankraum mit der gewölbten Decke keinen Platz findet, stellt sich halt vor die Tür. Ein paar Schritte weiter, im Durchgangshaus des schicken Modehauses Dantendorfer, versteckt sich eine weitere kulinarische Spezialität: der Bosna-Grill. Ein Bosna ist ein Würstel im Brot, scharf gewürzt und mit ordentlich Knoblauch. Achtung, Fahne! Den Wurst-Fans ist’s wurst, beim Balkan-Grill sieht man immer lange Schlangen. Auch das ist Salzburg.