Aufforderung aus Deutschland: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan soll „aktiv mithelfen, die Strukturen der Osmanen endgültig zu zerschlagen“. Foto: AP

Innenpolitiker aus Bund und Land haben sich alarmiert über die Berichterstattung unserer Zeitung gezeigt, wonach die verbotene Gruppe Osmanen Boxclub weiterhin heimlich aktiv ist. Auch der oberste Geheimdienst-Kontrolleur in Deutschland schaltet sich ein.

Berlin - Die Recherche unserer Zeitung, wonach die Strukturen der verbotenen rockerähnlichen Organisation „Osmanen Germania Boxclub“ weiterbestehen, hat im politischen Berlin heftige Reaktionen ausgelöst. Armin Schuster, der Vorsitzende des parlamentarischen Gremiums zur Kontrolle der Nachrichtendienste (PKGr) sagte unserer Zeitung: „Ich werde das Thema in das Parlamentarische Kontrollgremium ziehen.“ Auch der Innenausschuss des Deutschen Bundestages müsse sich damit befassen. Zur Begründung sagte der CDU-Politiker: „Das ist ein Thema mit europaweiten Aspekten. Da muss man auch die Fragen behandeln, wie das BKA den Fall europaweit koordinieren kann und was die Nachrichtendienste machen“.

Angeblich herrsche doch gerade ein Art Tauwetter zwischen Ankara und Berlin, sagte Schuster weiter. „Dann wär das doch eine wunderbare Gelegenheit für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, dies zu beweisen und aktiv mitzuhelfen, die Strukturen dieser Gruppe endgültig zu zerschlagen.“

„Mit allen Mitteln des Rechtsstaates“

Auch der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, reagiert auf unsere Berichterstattung. „Es wäre wohl realitätsfern zu glauben, dass die Osmanen nach dem Vereinsverbot klein bei geben und ihre Aktivitäten einstellen“, sagte Lischka. „Insofern muss mit allen Mitteln des Rechtsstaates gegen ein weiteres kriminelles Agieren ehemaliger Mitglieder vorgegangen werden.“

Der FDP-Innenpolitiker Stephan Thomae sagte, „die Gefahr ist groß, dass die Beteiligten sich neu organisieren und ihre kriminellen Machenschaften unter einem neuen Deckmantel oder im Untergrund fortsetzen.“ André Hahn, Innenexperte der Linkspartei nannte die Recherche unserer Zeitung „höchst beunruhigend“.

Aufbau neuer Netzwerke in Nachbarländern

Die Waffenkäufe der Osmanen wurden durch einen Jugendfreund des türkischen Staatschefs Erdogan, den Parlamentarier Metin Külünk, finanziert. Im Gegenzug sollten die Osmanen Kritiker Erdogans einschüchtern. Zudem rief Külünk zur Gewalt gegen in Deutschland lebende Kurden auf. Unsere Zeitung hatte erstmals im April 2017 darüber berichtet.

Im Juli wurden die Osmanen von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) verboten. Nach gemeinsamen Recherchen unserer Zeitung, des ZDF und der „NZZ am Sonntag“ sind führende Osmanen-Anführer in Nachbarländer umgezogen und halten im Grenzgebiet zur Schweiz, zu Österreich, den Niederlanden und Dänemark intensiven Kontakt zu alten Kumpanen, bauen wieder informelle Netzwerke auf. In Bosnien-Herzegowina gründeten sie wenige Tage nach dem Verbot in Deutschland einen Ableger.