Müllhaufen wie dieser in der Tübinger Straße sollen bald der Vergangenheit angehören. Foto: Peter Petsch

Ab dem 1. Mai verstärkt die Stadt ihren Kampf gegen die Vermüllung: Neben der Zone innerhalb des City-Rings reinigt sie künftig auch angrenzende Viertel an sechs Tagen pro Woche. Das gilt auch für die besonders betroffene Theodor-Heuss-Straße.

Stuttgart - Um die zunehmende Vermüllung der Innenstadt zu bekämpfen, nimmt die Stadt den Kehrbesen in die Hand. Vom 1. Mai an putzt sie auch die Straßen des Leonhards-, Gerber- und Hospitalviertels an sechs Tagen in der Woche inklusive Sonntag. Damit werden jetzt die vom Gemeinderat im Dezember 2013 beschlossenen Punkte wirksam.

Trotz dieser und weiterer Anstrengungen vonseiten der Stadtverwaltung nimmt Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) auch die Bürger in die Pflicht: „Es liegt in der Verantwortung jedes Einzelnen, die öffentlichen Flächen in der Stadt, egal ob Wald, Straßen oder Plätze, nicht zu verdrecken.“ Mehr noch: „Aus dieser Verantwortung kann ich niemanden entlassen.“ Der Grünen-Politiker lobt aber auch das bürgerschaftliche Engagement in den Stadtbezirken.

Infolge der Ausweitung der sogenannten Reinigungszone I putzt der Abfallbetrieb künftig beide Seiten der Theodor-Heuss-Straße. Vor allem im Gebiet um den Rotebühlplatz liegen bislang nach den Partynächten Flaschen und Scherben auf dem Boden herum – zum Ärger der Fußgänger und Anwohner. Damit soll nun Schluss sein. Auch sonntagmorgens erfolgt dort ab 1. Mai eine Grobreinigung zwischen 6 und 10 Uhr.

Bislang waren die Anlieger dort angehalten, selbst ihre Gehwege zu kehren. Als Ausgleich dafür, dass der Abfallbetrieb dies künftig übernimmt, kassiert die Stadt von den Anliegern 68,95 Euro pro Jahr und laufenden Meter.

Neben den zusätzlichen Putzgebieten hat der Gemeinderat am 20. Dezember 2013 noch acht weitere Schritte beschlossen, mit denen die Vermüllung eingedämmt werden soll. Die Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) erhält insgesamt 1,78 Millionen Euro mehr im Jahr. Damit hebt die Verwaltung die Deckelung des Budgets auf, die den Müll-Etat seit 2012 auf 14,7 Millionen Euro beschränkt hatte. Mit dem warmen Geldregen hat der Abfallbetrieb bereits neue Fahrzeuge angeschafft und neues Personal eingestellt.

Außerdem führt der Abfallbetrieb eine schnelle Eingreiftruppe ein – aber erst von 2015 an. Sie rückt aus, sobald bei der AWS ein Hinweis auf eine Verschmutzung eingeht. Die Truppe will wilde Müllhaufen möglichst schnell beseitigen, um deren weitere Ausdehnung zu stoppen (siehe Hintergrund). Vergangenes Jahr sind 961 Meldungen über Verschmutzungen eingegangen.

Auch dem Ordnungsamt hat der Gemeinderat im Dezember etwas ins Hausaufgabenheft geschrieben: Künftig müssen die Ordnungshüter die Betreiber von Diskotheken, Fast-Food-Läden und Außengastronomie noch stärker in die Pflicht nehmen. Sie sollen vor allem ausreichend Aschenbecher und Abfallbehälter vorhalten. Der städtische Vollzugsdienst wird darüber hinaus seine Kontrollen an den neuralgischen Punkten verschärfen.

So weit wie beispielsweise in Frankfurt oder Düsseldorf wollte der Stuttgarter Gemeinderat indes nicht gehen: Dort gibt es Müll-Sheriffs. Sie haben als einzige Aufgabe die Bekämpfung des wilden Mülls und sollen Sünder auf frischer Tat ertappen. Einen Stuttgarter Müll-Sheriff wird es aber bis auf weiteres nicht geben. Wenngleich die Menge des wilden Mülls in den vergangenen fünf Jahren hier um 68 Prozent gestiegen ist.

Die immer lauteren Rufe nach größeren Mülleimern weist die Verwaltung zurück. Die Stadt habe keinerlei Pflicht, Mülleimer für private Abfälle vorzuhalten. Außerdem wiege ein leerer Korb bereits jetzt bis zu 13 Kilogram, gefüllt dann bis zu 20. „Je größer der Korb, desto belastender die Entleerung für das Personal“, argumentiert der AWS.

Gegen das Problem des wilden Mülls ist auch in Stuttgart bislang noch kein Kraut gewachsen. OB Kuhn und die Verwaltung wollen das Problem über Reinigungspatenschaften in den Griff bekommen: Bürger sollen sich ehrenamtlich um öffentliche Flächen wie Spiel- oder Sportplätze kümmern und diese sauber halten. Um möglichst viele Bürger dafür zu gewinnen, will die Verwaltung im Laufe des Jahres mit Faltblättern für diese Aktion werben.

Im Jahr 2009 hatte die Stadt das Problem mit den illegalen Ablagerungen noch deutlich besser im Griff. Damals landeten nur 232 Tonnen verboten in der Böschung – 2013 waren es 390. Geht man aber in der Statistik noch weiter zurück, bis ins Jahr 2006, so lag der Wert damals schon mal bei 454 Tonnen. Diese Wellenbewegung sei vor allem auf die aktuell gestiegene Wegwerfmentalität der Bevölkerung zurückzuführen, sagt AWS-Sprecherin Annette Hasselwander.

Üblicherweise seien touristisch interessante Städte wie Stuttgart deutlich weniger von wilden Müllwucherungen betroffen, sagt Joachim Wuttke vom Umweltbundesamt. Die Bewohner kümmerten sich dort in aller Regel besser um saubere Gehwege und Plätze. Mit ihrer Offensive will die Stadt auch bei den Stuttgartern das Bewusstsein für mehr Sauberkeit schärfen.