Die Stadt benötigt Wohnraum für die Anschlussunterbringung. Foto: Pascal Thiel

Die Bürgervereinigung Roßdorf setzt auf dezentrale Unterbringung, um die Nanzwiese freizuhalten. Eine Handvoll Vermieter hat sich bereits gemeldet. Der Bedarf ist indessen so groß, dass die Stadt weiter nach Flächen für Sozialwohnungsbau sucht.

Nürtingen - Das Interesse an der Bürgerversammlung am Freitagabend im Roßdorfer Gemeinschaftshaus ist mit rund 30 Teilnehmern zwar überschaubar gewesen. Doch die Ergebnisse des Abends können sich sehen lassen. Bei der Stadtverwaltung und der Bürgervereinigung Roßdorf (BVR) haben sich inzwischen Privateigentümer gemeldet, die immerhin fünf Wohnungen an Flüchtlinge vermieten wollen. Als Interessenvertretung des Nürtinger Stadtteils hatte die BVR zu der Initiative aufgerufen, um die geplante Bebauung der Nanzwiese abzuwenden.

Wie berichtet hatte das Rathaus die städtische Fläche als Grundstück für einen dreigeschossigen Wohnblock vorgeschlagen, um bis zu 60 Menschen mit geringem Einkommen unterzubringen – davon bis zu rund 35 Flüchtlinge. Im Roßdorf gibt es Widerstand gegen das Vorhaben. Aus Sicht der Kritiker ist die Wiese wegen der darüber laufenden Hochspannungsleitung und wegen des Freiflächenkonzepts in dem Stadtteil ungeeignet.

Stadt vermietet als Hauptmieter an Flüchtlinge weiter

„Ich glaube, dass im Vorfeld der Diskussion einiges schief gelaufen ist“, meinte die Sozialbürgermeisterin Claudia Grau am Freitagabend rückblickend. Umso wichtiger sei es nun, gemeinsam nach vorne zu schauen. Auch die Stadt favorisiere eine dezentrale Anschlussunterbringung von Flüchtlingen. Daher betrachte sie die Initiative der BVR „mit Wohlwollen“. Grau appellierte an Wohnungseigentümer in der gesamten Stadt, diesem Beispiel zu folgen.

Um Besitzern von privatem Wohnraum die Entscheidung leichter zu machen, tritt die Stadt auch als Hauptmieter auf. Der Eigentümer schließt dabei einen Mietvertrag mit der Stadt, die wiederum an Flüchtlinge untervermietet. Die Miete fließt in diesem Fall über die Stadt, die zudem bei etwaigen Schäden für Reparaturen aufkommt. Bei der Höhe der Mieten, erklärte Johannes Jahn vom städtischen Eigenbetrieb Gebäudewirtschaft Nürtingen, orientiere man sich am Esslinger Mietspiegel. Damit soll vermieden werden, dass Vermieter sich an der Flüchtlingskrise eine goldene Nase verdienen.

Keiner weiß wie sich die Flüchtlingszahlen entwickeln

Claudia Grau rechnet damit, dass Nürtingen im nächsten Jahr vom Landkreis Esslingen 300 bis 350 Flüchtlinge zur Anschlussunterbringung zugewiesen bekommt. Vorhersagen glichen hier allerdings dem „Blick in die Glaskugel“. Keiner könne ausschließen, dass sich diese Zahl noch erhöhe, beispielsweise durch Familiennachzug.

Hoffnung machte der im Roßdorf lebende Kreis- und Regionalrat Peter Rauscher (Linke). Die Firma Bietigheimer Wohnbau, die im Roßdorf Immobilien besitzt, werde ihm fortan frei werdende Wohnungen melden. Der Nürtinger Stadtrat Klaus Fischer (Freie Wähler), der auch im BVR-Lenkungskreis vertreten ist, hofft, dass die Anstrengungen der Roßdorfer honoriert werden. Claudia Grau dämpfte indessen Hoffnungen, dass der Stadtteil aus dem Schneider sei, sollte tatsächlich Wohnraum für 50 Flüchtlinge privat gefunden werden. In jedem Stadtteil müsse angesichts der Flüchtlingszahlen weiter nach geeigneten Flächen gesucht werden – auch im Roßdorf.

Um Obdachlose kümmern sich die Kommunen

Unterbringung
Wenn Asylbewerber anerkannt sind oder schon 24 Monate in einer vorläufigen Unterkunft des Landkreises gelebt haben, müssen sie sich auf dem privaten Markt eine Wohnung suchen. Wem ihnen dies nicht gelingt – das sind rund zwei Drittel aller Flüchtlinge – werden sie auf die Kommunen verteilt. Dort fallen sie unter den Status „obdachlos“. Die Städte und Gemeinden sind dann für die sogenannte Anschlussunterbringung dieser Menschen verantwortlich.

Lenkungskreis
Die Bürgervereinigung Roßdorf bittet Eigentümer, die an Flüchtlinge vermieten wollen, sich per E-Mail unter wohnen-im-rossdorf@web.de zu melden. Wer keinen E-Mail-Zugang besitzt, kann auch den Briefkasten in der der Liebermannstraße 1/119 benutzen.