Der Mord an der Polizistin Michelle Kiesewetter ist noch nicht aufgeklärt Foto: dpa

Im NSU-Prozess wird sich das Oberlandesgericht München im Januar mit dem Mordanschlag auf zwei Polizisten in Heilbronn im Jahr 2007 befassen.

Heilbronn/München - Richter Manfred Götzl hat ein ambitioniertes Programm gewählt, um Licht in den bislang nicht aufgeklärten Heilbronner Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter zu bringen: Am 16., 21. und 22. Januar 2014 sollen im Verfahren gegen die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe und ihre Unterstützer 22 Zeugen vor dem Münchener Oberlandesgericht aussagen. Die Ankläger im Verfahren gegen den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) sind überzeugt, dass die beiden im November 2011 verstorbenen NSU-Mitglieder Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos den Anschlag in Heilbronn verübten.

Bereits jetzt ist abzusehen, dass der ehrgeizige Zeitplan Götzls gesprengt wird: So ist für die Vernehmung des bei dem Attentat 2007 schwer verletzten Streifenpartners Kiesewetters, Martin A., gerade eine Stunde eingeplant. In 30 Minuten soll nach Götzls Konzept ein Kriminalhauptkommissar des baden-württembergischen Landeskriminalamtes (LKA) am 22. Januar den Stand der bislang sechseinhalb Jahre andauernden Ermittlungen zusammenfassen.

In dem Fall, der für Opferanwalt Mehmet Daimagüler der „rätselhafteste Mord der gesamten, zehn Morde umfassenden Serie des NSU ist“. Zumal die Richter des OLG anders als in den anderen Fällen beim Heilbronner Polizistenmord nur auf wenige Akten des Untersuchungsausschusses des Bundestags zum NSU zurückgreifen können. Der Böblinger Obmann der CDU in dem Gremium, Clemens Binninger, hatte im Oktober gemahnt: „Wir haben uns im Ausschuss nur zweieinhalb Tage mit dem Fallkomplex Heilbronn beschäftigt. Da sind so viele Fragen offengeblieben. In anderen Bundesländern werden die in Untersuchungsausschüssen der Landtage geklärt.“

Innenminister Reinhold Gall (SPD) ist – wie auch seine Fraktion – der Meinung, ein Untersuchungsausschuss werde keine neuen Erkenntnisse zu den Bezügen des NSU nach Baden-Württemberg wie auch zum Mord an Kiesewetter bringen. Er setzt stattdessen auf die von ihm eingesetzte Ermittlungsgruppe (EG) beim LKA. Der Abschlussbericht der „EG Umfeld“ sollte eigentlich schon im Spätsommer vorliegen. Jetzt ist er für den Jahresanfang angekündigt. Kritiker werfen Gall vor, dass die EG nur mit beschränkten Möglichkeiten ermitteln könne, weil die rechtlichen Grundlagen unzureichend seien. Das ist, „als würde man ein Formel-1-Rennen mit ständig gezogener Handbremse fahren“, sagt Daimagüler.