Vor den NSU-Ausschuss hat am Montag eine Friseurin zum Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter ausgesagt. Das Gremium sieht allerdings keine Hinweise auf eine NSU-Ausspähaktion der Frau.
Stuttgart - Der beim Mordanschlag auf die Polizistin Michèle Kiesewetter schwer verletzte Kollege ist im Krankenhaus offensichtlich nicht von Rechtsextremen ausgespäht worden. Das hat die Befragung von Zeugen am Montag im NSU-Untersuchungsausschuss im Stuttgarter Landtag ergeben.
Das Gremium arbeitet die Bezüge der Terrorzelle NSU nach Baden-Württemberg und mögliches Behördenversagen im Südwesten auf. Dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ werden unter anderem neun Morde an Migranten und der an Kiesewetter vor acht Jahren in Heilbronn zugerechnet.
Hintergrund der Befragungen am Montag: Der Lebenspartner einer ehemaligen Verfassungsschutz-Informantin mit dem Decknamen „Krokus“ hatte behauptet, eine Krankenschwester habe für die rechtsextreme Szene den Aufenthaltsort und den Gesundheitszustand des 2007 angeschossenen Beamten ausgekundschaftet. Dies will er von seiner Freundin erfahren haben, die diese Information wiederum bei einem Friseurbesuch aufgeschnappt haben soll - die Friseurmeisterin war damals NPD-Mitglied.
Friseurmeisterin bestreitet Kundin ausgespäht zu haben
„Krokus“ selbst allerdings hatte die Darstellung ihres Lebenspartners bei einer polizeilichen Vernehmung als „Bullshit“ bezeichnet. Auch ein ehemaliger Verfassungsschützer, der „Krokus“ angeheuert hatte, bezeichnete die Äußerungen des Mannes als unwahr und absurd. Ob dieser vor den Ausschuss zitiert wird, ist noch nicht entschieden.
Die 35 Jahre alte Friseurmeisterin bestritt vor dem Landtagsgremium, über ihre Kundin den Polizisten ausgespäht zu haben. Sie habe in einem Gespräch mit der Krankenschwester nebenbei erfahren, dass in dem Krankenhaus der schwer verwundete Mann behandelt werde. „Das war ein Kennenlerngespräch.“ Die Friseurin war nach eigenen Angaben in der NPD, aber ohne herausgehobene Funktion. Die Krankenschwester konnte sich nicht mehr genau daran erinnern, ob der Polizistenmord überhaupt Thema des Gesprächs im Friseursalon war.
Die Friseurmeisterin - Mutter von vier Kindern - hatte bei der Landtagswahl 2011 für die NPD kandidiert. Sie trat aber nach eigenen Angaben mit ihrem Mann 2014 aus der Partei aus, weil ihren Kindern der Ausschluss aus einer Privatschule drohte. Sie war als junge Frau zeitweise mit dem Gründer des Ku-Klux-Klans aus Schwäbisch Hall befreundet, ging zu rechtsextremen Konzerten und Demos. Mit den NSU-Tätern, die sie als „Geistesgestörte“ bezeichnete, habe sie niemals Kontakt gehabt. „Ich will nichts mit diesen Mördern zu tun haben.“ Ebenso wenig habe sie Kiesewetter jemals getroffen.
Am Nachmittag sollen zwei Beamten des Landeskriminalamtes vernommen werden sowie ein Beamter, der den Kontakt zwischen „Krokus“ und dem Verfassungsschutz hergestellt hat.