Welzheim hat einen Platz einem Opfer des NS-Regimes gewidmet. Foto: Gottfried Stoppel

In vielen Städten und Gemeinden gibt es Debatten über Spuren der NS-Vergangenheit – mit Überraschungen. Denn manches Mal bleibt ein unerwünschter Name. Aber warum ist das so?

Waiblingen - Konsequent ist in Waiblingen gehandelt worden. Der Gemeinderat entschied im Sommer nicht nur, dass Karl Ostertag posthum die Ehrenbürgerwürde aberkannt wird, die ihm vor mehr als 80 Jahren von der damals noch selbstständigen Gemeinde Neustadt verliehen worden war. Auch sein Ehrengrab auf dem Friedhof wird abgeräumt. Der Oberlehrer Ostertag war Mitglied der NSDAP, der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt sowie des NS-Lehrerverbunds gewesen. Zum Ehrenbürger ernannt wurde er zum 25-jährigen Dienstjubiläum, weil er, wie es in der Verleihungsurkunde hieß, Schüler „zu Staatsbürgern im soldatischen Geist der Mannszucht, der Unterordnung und des kameradschaftlichen Gemeinschaftsgefühls zu deutschen Nationalsozialisten und überzeugten Kämpfern unseres Führers Adolf Hitler“ erziehe.

 

Ein zweifelhaftes Vorbild für Schüler

Wenige Monate vor der Waiblinger Entscheidung in diesem Jahr bekam in Welzheim auf Initiative des Historischen Vereins ein Opfer des NS-Regimes öffentliche Ehre und Erinnerung. Einer der Inhaftierten im dortigen Konzentrationslager, das 1933 als eines der ersten für politische Gegner gebaut wurde, war Hermann Schlotterbeck aus Stuttgart. Nach ihm wurde im Frühjahr anlässlich des 75. Jahrestags der KZ-Schließung ein Teil des Gottlob-Bauknecht-Platzes benannt, der vor der ehemaligen Kommandantur des Lagers liegt – heute der Sitz des Forstbezirks Schwäbisch-Fränkischer Wald. Bereits 1945 würdigte man den Kommunisten Hermann Schlotterbeck, indem man eine nach dem KZ-Kommandanten Karl Buck benannte Straße, zunächst seinen Namen gab. Drei Jahre später indes taufte man sie indes wiederum um, in Schillerstraße.

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Von dem Namen eines zweifelhaften Vorbilds verabschiedete man sich an der Realschule Remshalden 2016, die damals noch nach Ernst Heinkel benannt war. Der Auslöser war, dass man sich an der Schule mit der Rolle des Flugzeugbauers in der NS-Zeit – in seinem Konzern waren Zwangsarbeiter tätig – beschäftigt hat. Daher beschloss der Gemeinderat auf Wunsch der Schule mit deren Umzug in ein neues Gebäude sie umzubenennen. Eine Straße in Remshaldens Teilort Grunbach heißt aber weiterhin nach dem Sohn der Stadt. Jedoch informiert eine Tafel über Heinkels Verbindungen zum NS-Regime, ebenso gibt es Hinweisschilder dazu an seinem Geburtshaus und an dem von ihm gestifteten Lindenbrunnen.

Heinkel darf nicht nur in Fellbach bleiben

Auch andernorts prangt Heinkels Name nach wie vor auf Straßenschildern, etwa in Fellbach, wo sich der Gemeinderat 2015 nach intensiven öffentlichen Diskussionen gegen eine Umbenennung entschied. Zur Debatte stand in der Stadt ebenfalls, ob Hitlers Reichskanzler Hindenburg und August Lämmle, schwäbischer Heimatdichter und NSDAP-Mitglied, weiterhin Namenspatronen für Straßen sein dürfen. Zuvor hatten sich Anwohner bei einer Infoveranstaltung aus Kostengründen mehrheitlich gegen Umbenennungen ausgesprochen.

Weil es für Anwohner erheblichen Aufwand verursachen würde, entschied man sich im selben Jahr auch in Waiblingen, die Heinkelstraße zu belassen. Es stand zur Debatte sie in Alfred-Leikam-Straße umzutaufen. Stattdessen bekam dann eine neu gebaute Straße auf dem ehemaligen Klinikareal den Namen des christlichen Nazi-Gegners. In Korb wird ebenfalls an der Ernst-Heinkel-Straße festgehalten.