Auch die südlich von Kornwestheim verlaufenden Abschnitte der B 27 etwa ab der Fußgängerbrücke vom Hallenbad zum Stadtpark verschwinden im Tunnel, oben entsteht ein Landschaftspark: So sehen die Pläne der Initiatoren zu einem Nordost-Ring aus. Foto: Marius Venturini

Die Initiatoren des Landschaftsmodells Nordostring stellen ihre Pläne den Kornwestheimer Stadträten vor. Aber die äußern sich kritisch.

Kornwestheim - Das ist die beste Variante, die uns bisher vorgestellt worden ist.“ Sollte Dr. Rüdiger Stihl nach diesen Worten des CDU-Fraktionsvorsitzenden Hans Bartholomä Hoffnung gehegt haben, dass er in Kornwestheim Befürworter für die Idee gefunden hat, den Nordostring in einem Tunnel verschwinden zu lassen, dann waren sie mit dem nächsten Satz auch schon wieder dahin. „Aber sie ist lange nicht gut genug. Wir würden sie Stand heute ablehnen“, fuhr Bartholomä fort. Und auch andere Stadträte ließen durchscheinen, dass sie den Nordostring nicht haben wollen – weder oberirdisch noch in einem Tunnel.

Stihl durfte zusammen mit dem Agrarwissenschaftler Prof. Dr. Karl Stahr von der Universität Hohenheim und dem Verkehrsplaner Helmuth Ammerl am Dienstagabend dem Kornwestheimer Gemeinderat seine Idee vom „Landschaftsmodell Nordostring“ vorstellen. Er habe sich damit in die „Höhle des Löwen“ begeben, sagte Oberbürgermeisterin Ursula Keck. Kornwestheim hat sich in der Vergangenheit vehement gegen den Bau der Umgehungsstraße ausgesprochen, die im Süden der Stadt mit der B 27 verknüpft wird.

Was ist das Landschaftsmodell

Vereinfacht gesagt: Es ist die Idee, den Nordostring auf einer Länge von 10,7 Kilometern unter der Erde verschwinden zu lassen. Anschlussstellen mit kurzen Rampen soll es in Fellbach, Waiblingen, Hegnach und Remseck geben. In Kornwestheim wird der Nordostring südöstlich vom Hornbergdurchlass mit der B 27 verbunden, und zwar unter der Erde. Stihl geht von Kosten in Höhe von 1,4 Milliarden Euro aus. Der Unternehmer aus Waiblingen mit Wohnsitz in Remseck sieht zu diesem Tunnel keine Alternative. Die Bahn sei wegen des desolaten Zustands ihrer Infrastruktur nicht in der Lage, zusätzliche Güter zu transportieren, erläuterte Stihl. Obgleich immer mehr Waren von A nach B gebracht würden, stagniere der Anteil der Bahn am Gütertransport. „Güter werden geradezu auf die Straße gezwungen“, so seine Erfahrung. Den „offenen Nordostring“ lehnen die Initiatoren des Landschaftsmodells ab. Die Region könne es sich nicht leisten, weitere Flächen zu bebauen und damit ökologische Verbundsysteme zu vernichten. „Noch intakte Landschaftsflächen dürfen nicht der Verkehrsoptimierung zum Opfer fallen“, heißt es in einer Präsentation der Initiative. Der Tunnel, der benötigt werden, um die Region Ludwigsburg mit dem Remstal zu verbinden, sei ein „Leuchtturmprojekt für Deutschland“ und stelle die Versöhnung von Ökologie und Ökonomie dar, so Stihl im Festsaal des K.

Wie wird der Tunnel gebaut?

Teils in bergmännischer, teils – so auch in Kornwestheim – in offener Bauweise. Über den zwei Tunnelröhren soll auf jeden Fall noch eine zwei Meter hohe Schicht mit Mutterboden aufgebracht werden, sagte Prof. Karl Stahr. Dabei soll der vorhandene Boden wieder genutzt werden. „Die landwirtschaftliche Nutzung ist in gleichem Maße wie vorher möglich“, versprach der Stuttgarter Agrarwissenschaftler.

Was ist der Landschaftspark?

Für Kornwestheim haben sich die Initiatoren etwas ganz Besonderes ausgedacht: einen Landschaftspark. Es verschwindet nicht nur der Nordostring unter der Erde, sondern auch die B 27 zwischen dem Bereich Albstraße im Süden der Stadt und dem Alfred-Kercher-Bad. Sie wird unterirdisch mit dem Nordostring verknüpft. Es könnte, ist die B 27 erst einmal im südlichen Kornwestheim aus dem Stadtbild verschwunden, ein „attraktiver Zustand zur freien Landschaft“ entstehen, so heißt es in einer Broschüre.

Was sagen die Stadträte dazu?

Sie hatten viele Fragen und deuteten an, dass sie von den Plänen nicht überzeugt sind – unter anderem deshalb, weil laut einer Verkehrsprognose der Tunnel-Nordostring an diversen Stellen zu einer Verkehrszunahme führt. So wird die B 27 nördlich von Kornwestheim mehr Verkehr aufnehmen müssen. Auch über die Zeppelinstraße, die Stuttgarter Straße und die B 27a wird mehr Verkehr rollen. Kann die B 27 überhaupt mehr Verkehr aufnehmen? Das wollte Susann Boll-Simmler (Grüne) wissen. Martin Ergenzinger (CDU) sprang ihr bei. Ludwigsburg habe riesengroße Verkehrsprobleme. „Wollen Sie noch mehr Verkehr nach Ludwigsburg schicken?“, fragte er. „Wir haben nicht den Ehrgeiz, an jeder Stelle die Verkehrsprobleme zu lösen“, antwortete Rüdiger Stihl. Es gehe darum, vernünftige Wege für den Gütertransport zu kreieren und den Menschen zu helfen, auf möglichst schnellem Weg zu ihrem Arbeitsplatz zu gelangen. Warum verbinden die Initiatoren den Nordostring mit der B 27 nicht weiter südlich im Bereich der B 27a?, wollte Gabi Walker (Freie Wähler) wissen. Man habe keine alternative Streckenführung untersucht, sondern sich an den bestehenden Plänen für den oberirdischen Nordostring orientiert, antwortete Verkehrsplaner Helmuth Ammerl. Die Sache habe ja durchaus ihren Charme, räumte Hans-Joachim Schmid (CDU) ein. Aber er befürchtet Probleme mit dem Grundwasser und verwies zusammen mit anderen Stadträten auf schlechte Erfahrungen aus der Zeit, als der ICE-Tunnel im Westen der Stadt errichtet worden sei. Wie sieht das Belüftungs-, wie das Sicherheitskonzept aus? Warum wird der Verkehr von Waiblingen aus nicht nördlich an Ludwigsburg vorbei zu A 81 geleitet? Viele Fragen stellten die Stadträte den Tunnel-Befürwortern.

Was ist das Fazit der Initiatoren?

Obgleich sich die Stadträte eher kritisch zu den Plänen äußerten, zeigte sich Rüdiger Stihl am Ende durchaus zufrieden. „Ich entnehme Ihren wohlwollenden Anmerkungen, dass in Kornwestheim der Denkprozess begonnen hat“, sagte der Waiblinger Unternehmer. Er könne feststellen, „dass die Kommunen aus den Schützengräben herausgekommen sind“. Es sei der Initiative gelungen, die Diskussion anzufeuern.