Edeltraud Kowalski lebt seit mehr als 40 Jahren in Neugereut. Jahrelang hat sie sich in der Mieterbörse engagiert. Foto: Malte Klein

Nach 13 Jahren stellen Edeltraud Kowalski und ihre Mitstreiter ihre Arbeit ein. Das Angebot wird im Stadtteil zwar noch gebraucht, aber die Wohnungen werden mittlerweile über andere Wege vermittelt.

Stadtbezirk Neugereut - Von ihrem Balkon schaut Edeltraud Kowalski auf das, was Neugereut unter anderem ausmacht: die Hochhäuser. „Ich habe es nie bereut, hierher gezogen zu sein“, sagt die 76-Jährige. Sie lebt seit mehr als 40 Jahren in dem Stadtteil und hat sich auch darum gekümmert, dass andere Menschen dort eine Bleibe finden. Denn Kowalski hat ehrenamtlich die örtliche Mieterbörse geleitet, die den Wohnungsbaugesellschaften Mieter für leer stehende Wohnungen vorschlägt. Sie hätten sich die Interessenten angeschaut und geprüft, ob diese nach Neugereut passen, sagt die Seniorin.

Zu Beginn der Sommerferien hören Edeltraud Kowalski und ihre Kollegin Christel Kürner mit der ehrenamtlichen Arbeit auf und die Mieterbörse schließt nach 13 Jahren. Mehr als 500 Wohnungen haben sie in der Zeit vermittelt. „Heute werden aber immer mehr Wohnungen über das Internet vermietet. Es ist frustrierend, wenn wir Leuten, die Hoffnungen in uns setzen, sagen müssen, dass wir nichts für sie haben“, sagt Kowalski. Sie nennt ein Beispiel: „Ein älterer Mann sucht eine kleine Wohnung in Neugereut, weil er aus seiner jetzigen ausziehen muss.“ In der Kartei der Mieterbörse gebe es gerade nichts für ihn.

Generell sei es schwierig, in Neugereut eine kleine Wohnung zu finden. Die Nachfrage sei groß. „Über uns suchen aktuell 100 Leute eine Ein- oder Zwei-Zimmer-Wohnung“, weiß Kowalski. Doch die Wohnungen im Stadtteil seien von der Größe auf Familien ausgerichtet. Insgesamt sind bei der Mieterbörse mehr als 1400 Personen als Suchende gemeldet. Kowalski schwächt ab: „Natürlich wollen nicht alle zwingend in Neugereut wohnen.“ Die Mieterbörse wurde im Jahr 2000 gegründet. Kowalski „Wir hatten in der Runden-Tisch-Gruppe Wohnen und Wohnumfeld gemerkt, dass Neugereut durch seine Bevölkerungsstruktur sozial etwas abdriften könnte und wir dagegen etwas unternehmen sollten“, sagt Kowalski. Es sollte eine bessere Durchmischung erreicht werden, was allerdings nur bedingt geklappt hat. Wohl ein Grund dafür war, dass der Stadtteil bei vielen Menschen einen schlechten Ruf genießt. „Dabei ist Neugereut mittlerweile viel besser als sein Ruf“, sagt Kowalski. Sie ergänzt: „Es gibt eine wunderbare Infrastruktur mit Geschäften, Ärzten, Apotheken, verkehrsberuhigten Straßen und einem guten Gemeinwesen.“ Traurig ist Kowalski nicht, dass die Mieterbörse aufhört. „Wenn man merkt, dass man ein totes Pferd reitet, muss man absteigen.“

Peter Schwab, der Pressesprecher der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG), bedauert jedoch, dass die Mieterbörse aufhört. „Wir haben sehr gern mit Frau Kowalski zusammengearbeitet, weil wir von ihrer Idee überzeugt sind, dass die richtige Mischung eines Wohngebiets der Schlüssel zu einer starken Gemeinschaft vor Ort ist.“ Auch das Siedlungswerk hat mit Kowalski zusammengearbeitet. „Wir haben ihr alle freien Wohnungen gemeldet“, sagt der Geschäftsführer Siegfried Apfel. Mit der Arbeit der Börse war er zufrieden: „Es hat eine soziale Durchmischung stattgefunden.“ Nach dem Ende der Mieterbörse werde das Siedlungswerk die Wohnungen über das Internet anbieten. Die GWG-Gruppe setzt schon lange auf diese Vertriebsart. „Wie bei allen unseren Objekten läuft die Vermietung stets direkt über unsere Homepage und einschlägige Internetforen“, sagt Christian Reißing, Mitglied der Geschäftsleitung.