Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne, li.) und der damalige Bahn-Infrastrukturvorstand waren im März Gast bei Probefahrten auf der neuen Strecke. Foto: dpa/Marijan Murat

Wegen Verzögerungen hätte die neue Schnellbahntrasse zwischen Ulm und Stuttgart nur eingeschränkt in Betrieb gehen sollen. Die Bahn will das Problem behoben haben und von Ende 2022 an mit vollem Tempo fahren.

Hat die Deutsche Bahn die Probleme mit dem engen Zeitplan auf der neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Wendlingen und Ulm in den Griff bekommen? Wegen der verspäteten Fertigstellung einer der beiden Brücken über das Filstal sollten die Züge von Ulm nach Stuttgart zunächst nicht mit vollem Tempo unterwegs sein können. Statt 250 Kilometer in der Stunde wären nur 160 möglich gewesen. Knapp fünf Monate vor der angekündigten Inbetriebnahme scheinen diese Probleme jetzt aber gelöst.

Bahn informiert mögliche Nutzer

Es bliebe „zwischen Fertigstellung und Inbetriebnahme der zweiten Filstalbrücke nicht ausreichend Zeit für die Hochtastfahrten für Tempo 250“, hatte Projektsprecher Jörg Hamann noch im Dezember 2021 gesagt. In einem nun veröffentlichten Informationsschreiben der Deutschen Bahn an andere Bahnunternehmen, die die Strecke nutzen wollen, findet sich aber kein Hinweis mehr auf ein etwaiges Tempolimit. Stattdessen heißt es, die Züge könnten in beiden Richtungen die volle Geschwindigkeit ausfahren.

Die Bahn scheint die Verzögerung, die beim Bau der beiden komplexen Brücken über das obere Filstal aufgelaufen war, wettgemacht zu haben. „In der Tat konnten wir die Arbeiten am zweiten Überbau einschließlich Fahrplan und Ausrüstung der Filstalbrücke, also der Regelrichtung Ulm–Stuttgart, so weit beschleunigen, dass wir bis Ende Oktober die Hochtastfahrten durchgängig auch für das zweite Streckengleis durchführen können“, erklärt Hamann nun. Allerdings gibt es auch dann noch Unwägbarkeiten. „Wenn auch diese Fahrten erfolgreich sind und anschließend in den behördlichen Freigabeprozess noch einfließen können, steht einer Inbetriebnahme beider Richtungsgleise mit Tempo 250 nichts mehr im Wege.“

Hoffnung auf stabileren Fahrplan

Der möglicherweise uneingeschränkte Betrieb führt aber nicht dazu, dass sich die Fahrpläne nochmals ändern oder mehr Züge die neue Strecke nutzen können. Dennoch könnten Fahrgäste auf eine andere Weise von der vollständigen Freigabe der Strecke profitieren. „Die uneingeschränkte Nutzbarkeit beider Gleise mit der geplanten Streckengeschwindigkeit hat stabilisierende Wirkungen bei vorangegangenen Fahrplanabweichungen“, sagt Hamann. Mit Blick auf die aktuellen Pünktlichkeitswerte der Bahn ist das ein nicht zu unterschätzender Faktor.

Im Dezember sollen die ersten Fahrgäste die neue, knapp vier Milliarden Euro teure Strecke nutzen können, an der bei Merklingen ein Halt für Regionalzüge entstanden ist. Züge, die diese Strecke statt die bisherige durchs Filstal nehmen, sollen eine Viertelstunde Fahrzeit zwischen Stuttgart und Ulm einsparen. Weitere 15 Minuten fallen weg, wenn auch Stuttgart 21 fertig ist. Die Bahn geht derzeit davon aus, dass dies 2025 der Fall sein könnte.