Sechs Männer sollen 2018 ein Eiscafé überfallen haben, zwei sollen der Neonazi-Szene angehören. Foto: dpa

Im September 2018 sollen sechs Männer ein Eiscafé in Wiesloch überfallen haben. Mit „Heil-Hitler“-Rufen haben sie Bierflaschen auf Köpfe der Besucher geschlagen. Jetzt stehen sie vor Gericht – was steckt dahinter?

Wiesloch - Der rassistische Überfall auf ein Eiscafé in Wiesloch sorgte im September 2018 landesweit für Entsetzen. Jetzt müssen sich sechs Männer vor dem Schöffengericht für die Tat verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, mehrere Besucher des Cafés getreten und mit Stühlen und Bierflaschen angegriffen zu haben. Weil die Männer dabei den Hitlergruß zeigten und rechtsextreme Parolen riefen, geht es am Dienstag vor dem Wieslocher Amtsgericht nicht nur um gefährliche Körperverletzung. Verhandelt wird auch wegen Volksverhetzung und dem Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

 

Für einen der mutmaßlichen Täter könnte der Prozess auch berufliche Konsequenzen haben. Der 32-jährige Daniel B. ist als Waffenmechaniker in einer Karlsruher Werkstatt des Polizeipräsidiums „Technik, Logistik und Service“ beschäftigt. Aufgrund des Vorfalls wurde der Familienvater vom Dienst freigestellt. Nach einer Verurteilung könnte dem Tarifangestellten die Entlassung drohen. Drei seiner Mitangeklagten gehören nach Informationen unserer Zeitung seit Jahren zur Neonazi-Szene und sind den Behörden bereits als Straftäter bekannt.

Wehrmachtslieder in einer Gaststätte

Die Anklage stützt sich auf die Ergebnisse der 20-köpfigen Ermittlungsgruppe „Marktbrunnen“. Die Polizisten befragten mehr als 40 Zeugen und konnten Videoaufnahmen und Handys der Angeklagten auswerten. Demnach trafen sich die Männer zunächst in der Gemeinde Mühlhausen im Rhein-Neckar-Kreis, um einen Junggesellenabschied zu feiern.

Mit Bollerwagen und Musikanlage zog die Gruppe dann nach Wiesloch. Dort sollen die Angeklagten bereits in einer Gaststätte aufgefallen sein, weil sie Wehrmachtslieder sangen. Auf dem Weg durch die Wieslocher Fußgängerzone skandierten die Männer am Abend laut Ermittlungen der Polizei Sprüche wie „9 Millimeter für Ausländer“ und „Hier marschiert der nationale Widerstand“. Vor dem Eiscafé Dolomiti in der Hauptstraße traf der rechte Junggesellenabschied schließlich auf sein Feindbild:

„Deutschland den Deutschen – Ausländer raus“ brüllten die Männer in die Richtung einiger Cafébesucher mit Migrationshintergrund – unter ihnen auch vier Kinder.

Hitlergruß und „Heil-Hitler“-Rufe

Der Angeklagte Timo F., ein 25-jähriger Industriemechaniker aus Graben-Neudorf, zeigte laut Staatsanwaltschaft den Hitler-Gruß und rief „Heil Hitler“. Kurz darauf sollen die Angeklagten die Cafébesucher von mehreren Seiten mit Stühlen angegriffen haben. Sowohl Timo F. als auch der 37-jährige Manuel B. aus Sinsheim zerschlugen laut Staatsanwaltschaft jeweils eine halb volle Bierflasche auf dem Hinterkopf eines Cafébesuchers. Gemeinsam mit ihren Kumpanen sollen die Männer auch auf ihre Opfer eingetreten haben, als diese bereits am Boden lagen. Auch der Polizei-Mitarbeiter Daniel B. schlug laut Ermittlungsergebnissen mit einem Stuhl zu. Die Cafébesucher trugen Prellungen und Schürfwunden davon.

Timo F. und Manuel B. gehörten nach Informationen unserer Zeitung zur Neonazigruppe „Freie Nationalisten Kraichgau“. Die Kameradschaft war vor allem im Raum Sinsheim aktiv und hat sich inzwischen der rechtsextremen Partei „Die Rechte“ angeschlossen. Manuel B. wurde bereits wegen Körperverletzung zu Bewährungsstrafen verurteilt. Bereits vor zehn Jahren registrierten ihn Polizisten außerdem bei einer Geburtstagsfeier für Adolf Hitler in Angelbachtal. Auch der Angeklagte Johannes B. aus Mühlhausen engagiert sich seit Langem in der Neonaziszene. Laut Ermittlern trägt der 32-Jährige auf seinem Bauch eine Hakenkreuz-Tätowierung. Bei der Durchsuchung von Wohnräumen der Angeklagten stießen die Beamten auf zahlreiche Neonazi-Devotionalien.

Beim Polizei-Waffentechniker Daniel B. fiel den Beamten der Schriftzug an der Außentür einer Garage auf: „Bunker“ steht dort in altdeutschen Lettern.