Den offiziellen Teil des Koalitionsvertrags präsentierten Winfried Kretschmann (links) und Thomas Strobl strahlend. Die Nebenabsprachen werden eher verbissen kommentiert. Foto: DPA

Die Grünen halten in Treue fest zu ihrem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und seinen Nebenabsprachen. In der CDU dagegen grummelt es mächtig.

Stuttgart - Volker Stich, der Chef des baden-württembergischen Beamtenbunds ist um markige Worte nicht verlegen. „Die Nebenabreden sind ein Angriff auf die Demokratie, das Parlament darf sich das nicht bieten lassen“. Die Aufregung innerhalb des Regierungslagers über das Bekanntwerden weiterer Absprachen zum grün-schwarzen Koalitionsvertrag ist hingegen unterschiedlich ausgeprägt.

„Die Kollegen sind empört“, schimpft ein CDU-Abgeordneter, wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand. „Der Koalitionsvertrag wäre nie durchgegangen mit diesen Inhalten“. Jetzt, da die Sparvorschläge bekannt seien, sei so gut wie sicher, dass sie nicht umgesetzt würden. „Der Beamtenbund kann eigentlich einen Sekt aufmachen“, meint der Parlamentarier. Ministerpräsident Winfried Kretschmann und CDU-Chef Thomas Strobl hätten dagegen schweren Schaden genommen. Der Brief, in dem sie den Abgeordneten die weiteren Abreden erklären, habe nicht vertrauensbildend gewirkt.

CDU relativiert

Offiziell zeigt sich die CDU-Fraktion reserviert. Ihr Vorsitzender Wolfgang Reinhart stellt zunächst klar, er sei in die Nebenabsprachen zu keinem Zeitpunkt involviert gewesen. Dann relativiert er die Inhalte. „Die Positionen stellen lediglich Absichtserklärungen dar, erklärt Reinhart. „Das Budgetrecht des Parlaments wird von den Absprachen in keiner Weise berührt“. Gleichzeitig stellt der CDU-Mann klar, es bleibe dabei, die Grunderwerbsteuer müsse nicht erhöht werden.

„Die Nebenabreden taugen nicht zur Skandalisierung“, wiegeln die Parteichefs der Grünen ab. Thekla Walker und Oliver Hildenbrand erklären gemeinsam, niemand werde in Frage stellen, dass eine Koalition vertrauliche Überlegungen anstellen müsse. Skizziert seien lediglich mögliche Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung. Sobald diese konkret würden, „werden sie selbstverständlich zum Gegenstand der öffentlichen und parlamentarischen Debatte“.

Andreas Schwarz, der neue Fraktionschef der Grünen, unterstreicht ebenfalls: „Am Ende wird das Parlament entscheiden und sonst niemand“. Dass es die Absprachen gebe, interpretiert der Grüne als Ausdruck dessen, dass Grüne und CDU sich bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt zu einer „soliden und nachhaltigen Finanzpolitik“ bekannten. Die einzelnen Bereiche Personal, Kommunaler Finanzausgleich, Förderprogramme und Grunderwerbsteuer wertet Schwarz wie seine Parteifreunde als die klassischen Stellschrauben, um den Haushalt zu konsolidieren. „Ich kann so viel Spektakuläres nicht erkennen“, sagt der Fraktionschef. Der Brief Kretschmanns und Strobls an die Abgeordneten sei der richtige Weg gewesen, die Dinge einzuordnen.

Grüne wollen Personalliste sehen

Eines aber möchte Schwarz vermeiden: dass es zu einem dritten Teil der Reihe Mauscheleien von Grün-Schwarz kommt. Sollte sich die Regierung auf Personalentscheidungen verständigt haben, so sollte sie diese transparent machen, darauf werde er hinarbeiten, sagte Schwarz. Daran arbeitet die Landesregierung dem Vernehmen nach. Sie will die noch nicht vollständig fertig gestellte Liste mit den Aufsichts- und Verwaltungsratsmandaten vorab dem Landtag zukommen lassen. Eine Veröffentlichung des jetzt bekannt gewordenen „Instrumentenkastens“ über Sparvorschläge sei dagegen nicht vorgesehen, zumal es sich nur um denkbare Instrumente handle und man nicht wisse, was realisiert werde, sagte eine Sprecherin des Ministerpräsidenten.

Opposition schäumt

Dagegen schäumt die Opposition. Die FDP hat einen Untersuchungsausschuss ins Gespräch gebracht. Die AfD signalisiert Unterstützung, und auch die internen Kritiker in der CDU rechnen damit. In der SPD sieht es momentan eher nicht danach aus. „Wir diskutieren das nicht offensiv“, sagt ein Fraktionssprecher. Die SPD fordert in einem Antrag, die weiteren Geheimabsprachen zu veröffentlichen. „Jetzt muss alles auf den Tisch“, verlangt der parlamentarische Geschäftsführer Reinhold Gall.