Harter Kerl: Kay Amstadt trainiert bis zu sechs Mal in der Woche seine Muskeln. Foto: factum/Granville

Kay Amstadt nahm mit 42 Jahren zum ersten Mal an einem Wettkampf im Natural Bodybuilding teil. Er wurde Dritter und das, obwohl er zehn Jahre pausieren musste und die Finger von Anabolika und Co. lässt.

Böblingen - Der braun eingecremte Körper glänzt im Scheinwerferlicht, mit seinen Mitstreitern steht Kay Amstadt nur mit einem Posing-Slip bekleidet auf der Bühne. „Turn to the Right“ schallt es aus den Lautsprechern der Halle, die Männer drehen sich zur Seite und spannen ihren Bizeps an.

„Ich war aufgeregt wie ein kleiner Schuljunge vor seinem ersten Referat“, erzählt Amstadt, der mit 42 Jahren an seinem ersten Wettkampf im Natural Bodybuilding teilnahm. Er wurde in seiner Altersklasse Dritter. Bei der Deutschen Meisterschaft kurze Zeit später belegte er den siebten Platz – nach nur einem Jahr Training und völlig ohne Doping. Denn Natural Bodybuilding, das eigens in separaten Verbänden organisiert wird, setzt auf den natürlichen Muskelaufbau ganz ohne Wachstumshormone oder anabole Steroide. Alleine durch Training und die richtige Ernährungsweise wird der Körper so bis zur genetischen Grenze aufgebaut und geformt.

Sein Wissen hat Amstadt aus Büchern von Arnold Schwarzenegger

Zunächst deutete bei Amstadt aber nichts auf eine Sportlerkarriere hin. Der damals übergewichtige Junge beschloss mit 14 Jahren, abzunehmen. 20 Kilogramm hat Amstadt damals durch eine Diät verloren. „Danach war ich aber einfach nur dünn und ohne Form“, erzählt er. An sein erstes Training im Fitness-Studio kann er sich noch auf den Tag genau erinnern: „Das war am 3. Oktober 1990.“ Das Datum habe sich bei ihm eingeprägt, weil er ein Fotoalbum angelegt habe, um seine Fortschritte zu dokumentieren – und die kamen schnell. „Ich fühlte mich endlich wohl, zeigte meinen Körper wieder gerne im Freibad und war ausgeglichener“, so Amstadt über seine Anfänge. Sein Vorbild war der Körper des Actionstars Jean Claude van Damme, und seine Informationen holte er sich aus den Büchern des damaligen Bodybuilders Arnold Schwarzenegger.

Die Leidenschaft für das Muskeltraining war entfacht. Eine Sportart allerdings, in der selbst unter den Amateuren so viel nachgeholfen wird wie wohl in keiner anderen. In vielen Studios werden Mittel zum Muskelaufbau unter dem Tresen verkauft. Doch die Liste der Nebenwirkungen ist lang: Depressionen, Aggressivität, Hautunreinheiten, Haarausfall, Leberschäden oder Vergrößerung der inneren Organe.

Die Dopingkontrollen beim Natural Bodybuilding sind streng

Amstadt entschied sich von Beginn an dagegen und für Natural Bodybuilding, bei dem die Sportler regelmäßig getestet werden – nicht nur bei Wettkämpfen. „Es gibt Urin-, Blut- oder Haaranalysen nach den Standards der Welt-Anti-Doping-Agentur“, erklärt der 43-Jährige. Es komme auch schon vor, dass der Doping-Kontrolleur unangemeldet vor der Tür stehe. Dass es trotz strenger Kontrollen und strikter Vorgaben schwarze Schafe gebe, die phasenweise dopten oder versuchten, dies zu verschleiern, könne auch er nicht ausschließen. Aber diese Teilnehmer würden sofort für Jahre disqualifiziert.

Mit Anfang 30 kam Amstadt in seiner sportlichen Hochphase an. Doch statt bei Meisterschaften Erfolge zu erzielen, kam alles anders: Zwei Bandscheibenvorfälle und eine chronische Entzündung der Bizepssehnen warfen ihn zurück. Zehn Jahre lang war an ein Training nicht zu denken und an Bodybuilding schon gar nicht. „Keiner konnte mir sagen, woher die Entzündung kam.“ Erst ein Osteopath machte ihn wieder fit. So startete der Herrenberger, der als Kundencenterleiter bei einer Versicherung arbeitet, mit Anfang 40 noch einmal richtig durch. Er verlor erneut über 20 Kilogramm Gewicht und baute die verlorenen Muskeln wieder auf. „Ich setzte mir einfach das Ziel, 2017 endlich meinen ersten Wettkampf zu bestreiten.“

Braune Creme hebt beim Wettkampf die Muskeln besser hervor

Der Weg dorthin war aufgrund seines Trainingsrückstands hart. Früher als üblich reduzierte er die tägliche Kalorienmenge und erhöhte das Trainingspensum. Eine Woche vor dem Wettkampf trank er bis zu zehn Liter Wasser täglich. Das rege die Nieren an, mehr Wasser auszuscheiden und so die Muskeln noch besser zum Vorschein zu bringen, sagt er.

Auch wenn Amstadt kein Bodybuilder-Anfänger ist, manches war auch für ihn neu: „Nach dem Auftragen der Bräunungscreme stehst du erst mal da mit 20 Männern und lässt dich trocknen. Ein Bild für die Götter.“ Und dann stand er endlich auf der Bühne – durchtrainierter denn je.