Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg gibt seinen Rücktritt bekannt. Der 62-Jährige wird neuer Chef der norwegischen Zentralbank Foto: AFP/JOHN THYS

Mitten im Konflikt mit Russland muss sich das Bündnis einen neuen Chef suchen. Der Rücktritt von Jens Stoltenberg kommt nicht überraschend.

Brüssel - Die Nachricht kommt zu einem schwierigen Zeitpunkt. Mitten im schweren Konflikt mit Russland gibt Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg seinen Rücktritt bekannt. Der 62-Jährige wird neuer Chef der norwegischen Zentralbank. „Ich bin dankbar über das Vertrauen und freue mich auf die Aufgabe“, sagte er bei einer Pressekonferenz des norwegischen Finanzministeriums, der Stoltenberg am Freitag per Video zugeschaltet war.

Wirklich überraschend kommt der Rücktritt allerdings nicht. Im Nato-Hauptquartier in Brüssel waren alle Verantwortlichen auf den Abgang vorbereitet, da der Wirtschaftswissenschaftler und frühere norwegische Ministerpräsident seine Kandidatur für den Zentralbankposten bereits im Dezember angekündigt hatte. Zudem wäre Stoltenbergs Amtszeit im September sowieso zu Ende gewesen. Er erklärte am Freitag, dass er seinem Posten auf jeden Fall bis zum Herbst die volle Aufmerksamkeit widmen werde. Seine Arbeit bei der norwegischen Zentralbank werde er im Dezember aufnehmen.

Der Nato-Chef ist nicht unumstritten

Stoltenberg war als Nato-Generalsekretär nicht ganz unumstritten. So war es alles andere als sicher, dass sein Vertrag noch einmal verlängert worden wäre. Anerkennung erwarb sich Stoltenberg wegen seiner Arbeit als geschickter Vermittler zwischen den teils sehr unterschiedlichen Interessen den 30 Nato-Staaten. Als Verdienst des Norwegers gilt insbesondere die Moderation in dem während der Amtszeit von US-Donald Trump eskalierten Streit um die Verteidigungsausgaben der europäischen Alliierten. In der aktuellen Ukraine-Krise wurde die Kritik an den Norweger allerdings lauter. Er habe zu häufig von einem hohen Kriegsrisiko in der Region gewarnt und auf diese Weise zur Eskalation beigetragen.

Viele Frauen als mögliche Nachfolgerinnen

Über die Nachfolge von Stoltenberg wird hinter vorgehaltener Hand schon seit Monaten diskutiert. Dabei sind sehr viele Namen von Frauen im Umlauf. Erzählt wird, dass die frühere britische Premierministerin Theresa May Interesse an dem Posten habe. Auch die ehemalige EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sei im Gespräch oder die estnische Premierministerin Kaja Kallas. Genannt wird auch der Name des niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte, dem der Absprung leichtfallen dürfte, da er in seinem eigenen Land mit allerlei politischen Problemen zu kämpfen hat.

Eine Entscheidung der 30 Bündnisstaaten soll spätestens beim Nato-Gipfel im Juni getroffen werden. Sie muss einstimmig erfolgen. Im Vorfeld der Festlegung gibt es in der Regel vertrauliche Gesprächen zwischen einzelnen Staats- und Regierungschefs und Spitzendiplomaten.