Im 20-Minunten-Takt fährt die Linie 67 das Rems-Murr-Center an und hält damit in der Umgebung des Towers. Foto: Patricia Sigerist

Am Gewa-Tower in Fellbach herrscht Parkplatznot. Pro Wohnung muss der Investor nicht einmal einen ganzen Stellplatz bauen. Die Stadt hat sich dafür was einfallen lassen: Eine Busbverbindung.

Fellbach - Eigentlich soll die neue Buslinie, die ab 1. August verkehrt und voraussichtlich die Nummer 224 trägt, vor allem die südlichen Wohngebiete Rommelshausens an den öffentlichen Nahverkehr, an die Einkaufzentren Remspark in Waiblingen und Rems-Murr-Center in Fellbach sowie insbesondere an die S-Bahn anbinden. In Fellbach aber wird diese Buslinie mit ihrer Haltestelle am Rems-Murr-Center auch in der Schorndorfer Straße in der Nähe des Schwabenlandtowers, früher Gewa-Tower, Fahrgäste aufnehmen. Die Mieter der Hochhaus-Wohnungen erhalten zusätzlich zum Stadtbus 67 und dessen Haltestellen-Paar in der Bühlstraße eine weitere Verbindung zum Bahnhof und in der Gegenrichtung des 224er einen Kurztrip zum Einkaufszentrum Remspark.

Pro Wohnung muss der Investor nicht einmal einen ganzen Stellplatz bauen

„Die neue Linie bindet den Tower noch besser an“, sagt die Fellbacher Stadtsprecherin Sabine Laartz. „Die Haltestelle vor dem Tower würde neu konzipiert und ist derzeit in Planung.“ Der Stadtverwaltung Fellbach kommt diese Neuerung durchaus gelegen. Denn seit die großzügigen und teils luxuriösen Grundrisse des vormaligen Pleite-Hochhauses in 194 kleinere, aber vermutlich marktgerechte Apartments aufgeteilt worden sind, stellt sich dort die Frage nach den Parkplätzen. Die entstehen in den Untergeschossen des Hochhauses. Sie sind nicht genauso durch Aufteilen vermehrbar wie die Zahl der Wohnungen. Der Gemeinderat Fellbach hat deswegen einen Stellplatzschlüssel von 0,8 festgeschrieben: Pro Wohnung muss der Investor nicht einmal einen ganzen Stellplatz bauen. Anders gesagt: In etwa jeder fünften Wohnung werden die Mieter leer ausgehen, wenn sie ein Auto besitzen.

Diese Aussicht hat die Nachbarschaft und die Chefs der Läden im ohnehin zugeparkten Rems-Murr-Center alarmiert. Sie befürchten, dass ihre Flächen zum Ausweichparkplatz für Autos der Tower-Bewohner werden. Um Abhilfe bemüht sich die Stadtverwaltung. Sie verspricht den Bürgern, ein Mobilitätskonzept zu entwickeln.

Das Nadelöhr der Hauptstraße wird somit entlastet

Ein Baustein, der den Tower-Bewohnern den Verzicht auf den eigenen fahrbaren Untersatz schmackhaft machen könnte, wäre jetzt die weitere Buslinie. Sie soll anfangs zwar nur von 6 bis 19 Uhr stündlich verkehren, aber dies im Takt, und sie wird abgestimmt auf die S-Bahn. Tatsächlich wird sie Teil eines 15-15-30-Minuten-Taktes, innerhalb dem die Rommelshauser im Einzugsgebiet der Busse 212 und 214 künftig fast jede S-Bahn nach Stuttgart erreichen können.

Die Betreiberin, die Firma Schlienz-Tours aus Rommelshausen, gewann unter anderem mit dieser neuen Linie, die sie ohne finanzielle Unterstützung vom Landkreis oder von Fellbach oder Kernen betreibt, eine europaweite Ausschreibung um den Nahverkehr in Fellbach und Umgebung. Auch ihre Angebote, die Takte auf fast allen Linien zu verdichten und Lücken zu schließen, stachen. Jedenfalls im Gemeinderat Kernen kam dies gut an: „Seit die Taktzahlen regelmäßig sind, sind die Kunden zuverlässiger im Bus“, sagt der SPD-Gemeinderat und regelmäßige Busbenutzer Christoph Schönleber.

Was sich also jetzt als Idee einer weiteren Haltestelle in Towernähe abzeichnet, stand nicht im Vordergrund, als die neue Buslinie geplant wurde. Schlienz-Tours-Geschäftsführer Erhard Kiesel präsentiert die Linie 224 vielmehr als ein Rommelshauser Nahverkehrsangebot. Die dortige angestammte Buslinie 212, die zwischen Stetten und Fellbach verkehrt, soll in absehbarer Zeit statt bei den Arkaden am Bürgerhaus halten und auf direktem Weg zur Rumold-Realschule weiterfahren. Das Nadelöhr der Hauptstraße wird somit entlastet. Die 224er-Busse übernehmen die für die Linie 212 wegfallenden Haltestellen Unter den Arkaden, Seestraße und fährt anfangs über die Haltestelle Schafstraße zur Rumold-Realschule. Später dann wird es in der Friedrichstraße eine Haltestelle Hofgartenstraße und eine weitere namens „Ost“ auf dem Weg zur Realschule geben.

Zwischen den beiden Ersatzlösungen liegt erst der neue Teil der Busverbindung

Auch erhalten Busgäste aus Rommelshausen durch die Linie 224 wieder Haltestellen in der nördlichen Bahnhofstraße Fellbachs wie an der Wernerstraße und an der Pauluskirche, ohne umsteigen zu müssen. Diese waren weggefallen, als der 212er nach der Lutherkirche vorbei am Freizeitbad F3 durch die Esslinger Straße zum Bahnhof fährt. Das hatte in Rommelshausen vergebliche Proteste wegen des Umsteigebedarfs zu Haltestellen in der Cannstatter und Bahnhofstraße ausgelöst.

Zwischen den beiden Ersatzlösungen liegt erst der neue Teil der Busverbindung. Der 224er hält in Rommelshausen wie der 211er in Richtung Waiblingen in der Lilienstraße und am S-Bahn-Haltepunkt, erreicht Waiblingens Wohngebiet Rinnenäcker. Er bedient die dortigen Haltestellen Danziger Platz und Sonnenhalde und stoppt am Remspark. Er lockt damit Käufer aus Rommelshausen in den nahegelegenen Warentempel, die kein Auto haben. Der frühere Bürgermeister Kernens, Rolf Frank, hat einen solchen Anschluss immer gefürchtet, weil er sich um den Bestand der verbliebenen Läden in Rommelshausen Sorgen machte. Sein Nachfolger Stefan Altenberger zeigt sich hin- und hergerissen: „Sie haben uns alle Verbindungen geschaffen, die wir uns gewünscht haben“, lobte er Geschäftsführer Kiesel kürzlich, um dann zweifelnd hinzuzufügen: „Ich hoffe nicht, dass Kaufkraft oder Schüler abfließen.“

Landratsamtssprecherin Leonie Ries betont vor diesem Hintergrund über den 224er und die Stadtbuslinie 67, die ab August als Linie 215 fährt: „Die Funktionen beider Linien sind vollkommen unabhängig voneinander zu sehen. Während die Linie 215 ausschließlich innerstädtische Aufgaben in Fellbach wahrnimmt, dient die Linie 224 der Feinerschließung in Rommelshausen, der Verknüpfung mit den Einkaufszentren in Waiblingen und Fellbach sowie als S-Bahn-Zubringer in Rommelshausen und Fellbach. Für den innerstädtischen Verkehr innerhalb Fellbachs hat die Linie 224 eine untergeordnete verkehrliche Funktion.“ Für die Tower-Bewohner könnte sie dennoch eine durchaus bedeutende Verbindung werden.