Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha hält eine Doppelpass-Debatte nicht für zielführend. Foto: dpa

Viele Politiker werten das Ergebnis des Türkei-Referendums hierzulande als Zeichen mangelnder Integration. Der dafür zuständige Minister im Land will die Menschen deshalb stärker einbinden als bisher.

Stuttgart - Baden-Württembergs Integrationsminister Manfred Lucha hat nach dem Türkei-Referendum davor gewarnt, eine neue Diskussion um die doppelte Staatsbürgerschaft zu führen. Das löse keine Probleme, sagte der Grünen-Politiker. Er halte die Bindungskraft an die Gesellschaft bei Menschen mit Doppelpass sogar für „eher höher als niedriger“.

Für eine gelingende Integration sei entscheidend, die Menschen stärker einzubinden. Man müsse sie mehr denn je durch „echte Partizipation an gesellschaftlichen Prozessen“ und „Bildungsgerechtigkeit“ von den freiheitlich-demokratischen Werten überzeugen, sagte Lucha. Zuvor hatten sich Teile der Union und die AfD dafür ausgesprochen, die doppelte Staatsbürgerschaft abzuschaffen.

Ex-Ministerin Öney fordert „mehr Demokratie-Erziehung“

Luchas Vorgängerin Bilkay Öney (SPD) sieht im Fall der türkischstämmigen Menschen in Deutschland derweil nicht die Integration im klassischen Sinne als Problem , „sondern den mangelnden Emanzipationsprozess“. Viele Türken in Deutschland seien „von einem islamisch-konservativen Umfeld“ geprägt und nabelten sich davon nicht ab, sagte Öney unserer Zeitung: „Entscheidend ist, dass Menschen eigenständiges Denken lernen und ein eigenes Wertegerüst entwickeln.“ Dies gelte nicht nur für Türken. Öney hält deshalb etwa „mehr Demokratie-Erziehung an Schulen“ für nötig.

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, räumte Fehler der Migrantenvereine ein. „Wir haben nicht deutlich genug rübergebracht, warum es wichtig ist, sich in die deutsche Gesellschaft einzubringen“, sagte er unserer Zeitung. „Wir müssen endlich aus der Opferrolle raus und den Willen aufbringen, dieses Land mitgestalten zu wollen.“

„Deutsch-Türken müssen sich stärker engagieren“