Bisher hat sich Facebook-Chef Mark Zuckerberg kaum zu dem neuesten Datenskandal geäußert. Wenn er nicht sofort handelt, könnte ein Vertrauensverlust den Konzern dauerhaft beschädigen. Foto: AP

Investoren und Politiker erhöhen den Druck auf Facebook. Nach dem aktuellen Datenskandal ist die Stimmung gekippt. Die Krise ist für Facebook existenziell, wenn Mark Zuckerberg nicht sofort handelt, meint Daniel Gräfe.

Menlo Park - Schon häufig stand Facebook wegen Datenschutz-Verstößen in der Kritik, Nutzerzahlen und Umsatz stiegen dennoch auf immer neue Rekordhöhen. Mit dem neuen Datenskandal, bei dem die Analysefirma Cambridge Analytica wohl unerlaubt Zugriff auf die Daten von 50 Millionen Facebook-Nutzern hatte, um damit den Wahlkampf von Donald Trump zu unterstützen, gerät Facebook nun jedoch ernsthaft in Gefahr.

Der Daten-Riese wankt. Die Anleger entzogen Facebook zuerst das Vertrauen: Seit Bekanntgabe des Skandals sackte die Aktie um bis zu zehn Prozent ab, zeitweise löste sich ein gigantischer Börsenwert von rund 50 Milliarden Dollar in Luft auf. Jetzt trifft die Klageschrift, die Aktionäre wegen ihrer Verluste in San Francisco einreichten, Facebook ins Mark. Der Konzern hätte mitteilen müssen, dass er Dritten Zugriff auf Daten von Millionen Nutzern ohne deren Zustimmung gewährt habe, argumentieren die Kläger. Und die Frage steht im Raum: Kann Facebook die Nutzerdaten überhaupt effektiv schützen?

Schon immer hat Facebook die Grenzen des Datenschutzes ausgereizt

Schon immer hat Facebook die Grenzen des Datenschutzes ausgereizt und im Zweifelsfall Fakten geschaffen. Das jüngste Beispiel ist nur ein weiterer Beleg dafür, dass Facebook zu wenig für die Sicherheit seiner Daten tut. Der IT-Gigant wusste schon seit langem, dass Cambridge Analytica massenhaft Daten der Nutzer abgegriffen hatte. Das jedoch teilte der Konzern diesen nicht mit. Dass Facebook sich selbst von Cambridge Analytica „hintergangen“ fühlt, wie es jetzt in einer Mitteilung heißt, trägt deshalb leicht heuchlerische Züge und geht am Kern der Affäre vorbei.

Schließlich ist Facebooks Geschäftsmodell darauf ausgerichtet, dass auch Dritte auf die Nutzerdaten zugreifen können, damit sie ihre Dienste wie Spiele oder Dating-Apps im Facebook-Kosmos anbieten können. Auf diese Art ist das soziale Netzwerk überhaupt so schnell so groß geworden. Erst dadurch haben Nutzer immer mehr Zeit dort verbracht und dabei Daten weitergegeben, die Facebook wiederum Milliardenerlöse durch personalisierte Werbung einbrachten.

Dass Facebook in seinen Voreinstellungen die Daten-Weitergabe ermöglichte, störte vor allem die europäischen Verbraucherschützer, kümmerte in den USA jedoch nur wenige. Die EU schafft ab dem 26. Mai mit neuen Datenschutzregeln die Grundlage, dass auch der US-Datensauger bei den Voreinstellungen in Europa die Nutzerdaten besser schützen muss. Künftig werden Bußgelder in Höhe von bis zu vier Prozent des jährlichen weltweiten Umsatzes helfen, besonders schwere Datenverstöße zu verhindern.

Die entscheidende Attacke kommt aus dem Heimatland selbst

Doch die entscheidende Attacke gegen Facebook kommt jetzt aus dem Heimatland selbst. In den USA hat der Konzern in den Mühlen der Politik schwere Kratzer erhalten. Russische Trollfabriken haben sich mit falschen Facebook-Accounts in den US-Wahlkampf eingemischt. Facebook hat offensichtlich zu wenig gegen Fake News getan. Und jetzt das neue Leck. Die Stimmung kippt. Politiker forderten Facebook-Chef Mark Zuckerberg bereits auf, den Kongress über all das endlich aufzuklären. Die Befürworter einer stärkeren Regulierung von Facebook & Co. erhalten weiter Oberwasser.

Der Protest der Facebook-Nutzer ist bisher nur schwach zu vernehmen. Und wenn, dann loggen sie sich aus Bequemlichkeit weiterhin bei Facebook ein – noch. Doch die Investoren sind bereits nervös. Wer möchte schon in einem sozialen Netzwerk werben, das derart in der Diskussion steht? Eine grundsätzliche Vertrauenskrise würde Facebooks Geschäftsmodell untergraben. Wenn Facebook-Chef Mark Zuckerberg seinen Konzern aus dem Zangengriff von Politik und Investoren befreien will, muss er es sehr schnell transparenter machen – und selbst endlich Gesicht zeigen.