Stefan Bradl soll in der Moto-GP mehrfach einen Platz bei der Siegerehrung ergattern. Foto: dpa

In der ersten Saison im Moto-GP hielt Stefan Bradl ordentlich mit, in der zweiten holte er seinen ersten Podestplatz – und nun setzt ihn sein Vorgesetzter ziemlich unter Druck. Diesen Freitag geht's los, in Katar.

In der ersten Saison im Moto-GP hielt Stefan Bradl ordentlich mit, in der zweiten holte er seinen ersten Podestplatz – und nun setzt ihn sein Vorgesetzter ziemlich unter Druck. Diesen Freitag geht's los, in Katar.

Stuttgart - Eine Ausbildung zum Industriekaufmann dauert für gewöhnlich drei Jahre, Stefan Bradl hat sie nicht abgeschlossen. Zeitmangel, er war zu häufig mit dem Motorrad bei Rennen unterwegs. 2014 kommt er ins dritte Lehrjahr in der Moto-GP – wobei: Eigentlich ist die Ausbildung in der höchsten Zweirad-Liga längst vorbei. Meint jedenfalls Lucio Cecchinello. Der italienische Teamchef will in dieser Saison starke Ergebnisse sehen, um den Sponsoren etwas Feines präsentieren zu können. „Ich erwarte von Stefan mehr Podestplätze, denn er hat den nötigen Speed“, sagt der Kapo der LCR-Mannschaft. Am besten schon zum Saisonauftakt am heutigen Sonntag (20 Uhr MEZ/Sport 1) beim Nachtrennen in Katar. Vergangene Saison nahm Stefan Bradl einmal als Zweiter in Laguna Seca an der Siegerzeremonie teil, was Signore Cecchinello von ihm verlangt, ist eine ganze Menge. Fast eine Zumutung. Es ist, als würde Bayern- Trainer Pep Guardiola von einem gerade dem A-Junioren-Alter entwachsenen Fußballer einen Hattrick im nächsten Champions-League-Spiel erwarten.

Denn das Semi-Werkteam LCR-Honda besitzt nicht das Spitzenmaterial der reinen Honda-Werkmannschaft mit Weltmeister Marc Marquez im Sattel und auch nicht die Möglichkeiten von Yamaha, wo Jorge Lorenzo und Valentino Rossi den Champion angreifen wollen. „Es ist mein Anspruch, weiter nach vorn zu kommen“, sagt Stefan Bradl tapfer, „ich will regelmäßig unter den besten fünf sein und dabei den sechs Werkpiloten Paroli bieten.“ Das hört sich gut an, aber der 24-Jährige aus Zahling hat eigentlich keine andere Wahl, als die Vorgaben des Teamchefs zu bestätigen. Er muss auch verbal Gas geben, um sich nicht Cecchinellos Zorn zuzuziehen.

Doch so ganz wohl ist dem gebürtigen Augsburger nicht. Nicht wirklich, denn die Einführung der Open Class bereitet ihm Kopfzerbrechen. „Die Regel ist komisch und nicht im Sinne des Erfinders“, mäkelt er. Seine Befürchtung ist durchaus nachvollziehbar: Ducati, eigentlich ein Hersteller-Team, bekam Sonderrechte eingeräumt – aus Angst, sonst könnten die chronisch erfolglosen, weil technisch unterlegenen Italiener die Moto-GP komplett verlassen und einige Sponsoren gleich mit. „Ducati ist durch ein Schlupfloch geschlüpft“, ärgert sich der Deutsche, „und nun haben sie die Chance, nach vorn zu kommen.“ Was zur Folge hat, dass sich Stefan Bradl neben den vier Werkpiloten von Honda und Yamaha auch noch mit den beiden Duc-Fahrern Andrea Dovizioso (Italien) und Cal Crutchlow (Großbritannien) auf der Piste um die besten Plätze balgen muss.

Wenn’s lediglich der Ärger um die Open Class wäre. Denn Stefan Bradl ist nun mal erst in seiner dritten Saison in der sogenannten Königsklasse, er kann daher nicht aus einem Füllhorn von Erfahrungen schöpfen wie ein Lorenzo oder gar ein Rossi. Marc Marquez, der zwar erst ins zweite Jahr in der Moto-GP geht, gilt als Jahrhundert-Talent. Dem LCR-Honda-Piloten aus Bayern fehlt noch die nötige Stabilität, er beherrscht noch nicht genug Rennstrecken aus dem Eff-eff, um technische Nachteile seiner Maschine durch Fahrkönnen, durch taktische Angriffe an den richtigen Stellen zu kompensieren. „Es hat sich herausgestellt, dass Doha eine Yamaha-Strecke ist“, sagt Stefan Bradl vor dem Auftaktrennen und setzt damit sicherheitshalber die Erwartungen bei Lucio Cecchinello eine Stufe tiefer.

In der Moto-GP ist die Ausbildungsdauer nicht festgeschrieben. Bei Marc Marquez dauerte sie kaum ein Jahr, bei Stefan Bradl dürften es schon drei werden.