Mit den lebenslangen Haftstrafen im Mordprozess Asia-Perle sind auch die Angehörigen des Opfers einverstanden. Foto: SDMG

Das Landgericht sieht keine besondere Schwere der Schuld. Warum die Familie des Opfers das Urteil dennoch akzeptiert und wie die Verteidiger das Urteil sehen, lesen Sie hier.

Backnang/Stuttgart - „Sie haben unermessliche Schuld auf sich geladen“, meinte der Vorsitzende Richter zu den beiden Angeklagten Constantin C. und Dumitru A. – und doch hatte das Landgericht Stuttgart am Donnerstag genau diese Aufgabe. „An Ihrer Täterschaft besteht nicht der geringste Zweifel“, sagte Spieth. So musste die Erste Schwurgerichtskammer vor allem klären, ob der gewaltsame Tod der Backnanger Restaurantbesitzerin Aie W. Anfang März 2016 „über einen normalen Mord hinausgeht, so schwer es fällt, das auszusprechen“, sagte Spieth.

Nebenklage hatte zusätzlich Sicherheitsverwahrung gefordert

Der Staatsanwalt hatte eine besondere Schwere der Schuld gesehen, eine Anwältin der Nebenklage zudem eine Sicherungsverwahrung gefordert. Beidem folgte das Gericht nicht: „Es handelt sich um einen klassischen Raubmord, der mit lebenslanger Haft zu ahnden ist“, so Spieth. Die beiden Rumänen hätten sich aus Geldmangel spontan zu einem Einbruch entschlossen und nicht von vornherein geplant, die Backnanger Restaurantbesitzerin Aie W. zu töten. „Aber Sie wussten, dass sie im Restaurant sein würde, und dass es nur unter Einsatz von Gewalt möglich sein würde, in ihr Zimmer zu gelangen“, sagte Spieth.

Das Gericht kam zu der Überzeugung, dass die beiden zu ihrem Einbruch neben dem Klebeband, mit dem sie ihr Opfer fesselten, auch ein bis heute nicht identifiziertes Werkzeug mitgebracht hatten, um Türen aufzubrechen, falls es nötig sein würde. Mit diesem, so Spieth, hätten sie gleich zu Beginn der Bluttat zweimal auf den Kopf des Opfers eingeprügelt. „Hätten Sie Frau W. von vornherein töten wollen, hätten Sie dieses Werkzeug weiter benutzt.“

Wie hoch die Beute in der Asien-Perle war, bleibt ungeklärt

Den Tod der 1,57 Meter großen Frau hätten beide aber billigend in Kauf genommen, als sie weiter mit Fäusten und Füßen auf die am Boden Liegende einschlugen und -traten, bevor sie sie fesselten. Spieth sprach daher von einer „bedingten Tötungsabsicht“. Da das Gericht mit Heimtücke, Habgier und der Ermöglichung einer anderen Straftat, nämlich des Raubes, Mordmerkmale erfüllt sah, erging das Urteil wegen Mordes.

Wie viel Geld die beiden Männer aus der Asien-Perle gestohlen haben, konnte nicht geklärt werden. Die Staatsanwaltschaft war von 20 000 Euro ausgegangen, die Angeklagten hatten behauptet, nur 250 Euro gestohlen zu haben. „Wir glauben nicht, dass der Sohn der Angeklagten uns bewusst die Unwahrheit über die Beute gesagt hat. Aber es blieben letzte Zweifel“, sagte Spieth. Zumal die Ermordete „nicht einmal im Ansatz“ eine nachvollziehbare Buchhaltung geführt, sondern Bargeld von mehreren zehntausend Euro in ihrem Privatzimmer gehortet hatte.

Sohn des Opfers: „Das Urteil ist in Ordnung“

Einer der Söhne der Ermordeten, Jian W., zeigte sich erleichtert, dass der Prozess nach einem halben Jahr zu Ende ist: „Das hat uns alle sehr mitgenommen, das Urteil ist in Ordnung“, sagte er. „Schon nach den ersten Prozesstagen war für mich klar, dass die beiden schuldig sind.“ Der Anwalt der Familie, Jens Rabe, erklärte: „Es gibt keinen Automatismus, dass die beiden nach 15 Jahren frei kommen.“ Denn um festzustellen, ob die beiden Männer nach wie vor eine Gefahr für die Allgemeinheit sind, müssten dann auch die Vorstrafen von Constantin C. und Dumitru A. in die Waagschale geworfen werden. „Einer von ihnen hat nun einen Mord und ein Sexualdelikt auf der Liste – eine Freilassung wäre da nur sehr schwer zu begründen“, so Rabe.

Damit spielt er auf die rumänischen Vorstrafen der beiden Verurteilten an. Beide haben in ihrer Heimat im Gefängnis gesessen – A. unter anderem wegen versuchten Totschlags, C. wegen Vergewaltigung mit Todesfolge an seiner Patentante. Da die Frist zur sogenannten Rückfallverjährung in diesen Fällen verstrichen ist, hat das Stuttgarter Landgericht keine Sicherungsverwahrung angeordnet.

Die Pflichtverteidiger hatten lediglich auf Raub mit Todesfolge plädiert. „Das halten wir auch jetzt noch für richtig“, sagte Boris Müller, der Anwalt von Constantin C. Sein Kollege Hanno Haupt, der Dumitru A. vertreten hat, will gegen das Urteil auf jeden Fall Revision einlegen. Seiner Meinung nach hat das Gericht nicht alle drei Mordmerkmale im Urteil ausreichend begründet. Die Staatsanwaltschaft prüft noch, ob sie in Revision gehen will. In diesem Fall – aber nur dann – könnte das Urteil für die Angeklagten noch härter ausfallen.