Viele Menschen gedenken des ermordeten Achtjährigen von Frankfurt. Foto: epd

Lang galt der mutmaßliche Täter von Frankfurt in der Schweiz als Musterbeispiel gelungener Integration. Aber vergangene Woche bedrohte er seine Nachbarin mit dem Messer. Außerdem war er in psychiatrischer Behandlung.

Berlin/Frankfurt - Der Tatverdächtige von Frankfurt hatte an seinem Wohnort in der Schweiz eine kurze kriminelle Vorgeschichte und war nach einem Angriff auf seine Nachbarin seit der vergangenen Woche zur Fahndung ausgeschrieben. Dies sagte der Präsident der deutschen Bundespolizei, Dieter Romann, am Dienstag in Berlin bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Der 40-jährige, aus Eritrea stammende Mann befand sich nach Angaben der Kantonspolizei Zürich in psychiatrischer Behandlung.

Zuvor galt der Mann, der seit 2008 Asyl in der Schweiz hat, nach Angaben Seehofers als Musterbeispiel für gelungene Integration. Der Verdächtige ist verheiratet, hat drei Kinder und ist fest angestellt. Die Einreise nach Deutschland sei „offensichtlich legal“ erfolgt, so Seehofer. Den Sicherheitsbehörden in Deutschland war der Mann nicht bekannt.

Er hatte am Montagmorgen auf dem Frankfurter Hauptbahnhof einen achtjährigen Jungen und dessen Mutter vor einen ICE gestoßen. Der Junge wurde getötet. Eine 78-jährige Frau, die der Mann danach angriff, konnte sich retten.

Spitzengespräche zu Sicherheit auf Bahnhöfen

Seehofer kündigte mehrere Spitzengespräche mit dem Verkehrsministerium und der Deutschen Bahn zur Frage an, wie sich die Sicherheit an Bahnhöfen verbessern lassen könne. Er forderte höhere Polizeipräsenz sowie die Prüfung technischer Möglichkeiten zur Verbesserung der Sicherheit. Mit Blick auf mehrere schlimme Gewalttaten in jüngerer Zeit sprach der Minister von einem „Werteverfall“. Auch darüber wolle er Gespräche führen. Trotz rückläufiger Kriminalitätszahlen sei das Sicherheitsgefühl angespannt.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagfraktion, Burkhard Lischka, warnte davor, die Tat zum Anlass zu nehmen, „alle Flüchtlinge oder Eritreer unter Sippenhaft zu stellen“. „Das hätten wir auch nicht getan, wenn ein Jugendlicher oder ein Arbeitsloser oder ein Franzose die Tat verübt hätte“, sagte Lischka unserer Zeitung. Er hoffe aber, „dass der Täter auch wegen Mordes zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt wird“.

Der Vizechef der Unionsfraktion, Thorsten Frei, kritisierte die AfD heftig für ihre Verknüpfung des Mordanschlags mit Kritik an der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. „Die AfD versucht, aus einem fürchterlichen Verbrechen durch das Herstellen eines falschen Zusammenhangs politisches Kapital zu schlagen“, sagte Frei unserer Zeitung. „Dafür muss sich die AfD schämen“.

Der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster forderte eine Ausweitung der Kompetenzen der Bundespolizei. Sie solle künftig „auch außerhalb des 30-Kilometer-Streifens entlang der Grenze, also etwa auch in den Zügen, für die Durchsetzung von Ausländer- und Aufenthaltsrecht zuständig sein“, sagte Schuster unserer Zeitung.

– Was wir wissen und was nicht