Alte Diesel unterhalb der Euro-5-Norm haben von 2019 an in Stuttgart keine Chance mehr. Dies gilt fürs ganze Stadtgebiet. Foto: Mauritius

Dieselfahrer unter der Euro-5-Norm in den Fildervororten sind wütend. Ab 1. April dürfen sie im Stadtgebiet nicht mehr fahren, obwohl sie sich für die dicke Luft am Neckartor nicht verantwortlich fühlen.

Filder - Wer als Dieselfahrer in den Stuttgarter Filderbezirken mit einem Auto unterhalb der Euro-5-Norm erwartet hatte, dass er ab 1. April ohne Geldbuße wenigstens noch bis zur Autobahn fahren darf, hat nun keine Hoffnung mehr. Auf Nachfrage unserer Zeitung hat das Regierungspräsidium (RP) in Vaihingen mitgeteilt, dass das Fahrverbot für die gesamte Umweltzone, die deckungsgleich mit der Stuttgarter Markungsgrenze sei, gelte. Jüngst hatte sich die CDU in Vaihingen und Möhringen dafür ausgesprochen, das generelle Verbot unterhalb von Euro 5 zu prüfen, denn die Dieselfahrer in den Stuttgarter Fildervororten seien nicht die Verursacher des Feinstaubs am Neckartor.

Ausweich- und Verlagerungsverkehr ist unerwünscht

„Die Abgrenzung des zonalen Fahrverbots“, schreibt das RP, sei ein schrittweiser Prozess. Er basiere „auf der Grundlage, dass in Stuttgart nicht nur an der Messstelle am Neckartor Überschreitungen der Stickstoffdioxid-Grenzwerte auftreten, sondern dass dieses Problem entlang der viel befahrenen Hauptverkehrsstraßen in Stuttgart häufig vorkommt.“ Und weiter: „Kleinräumige Sperrungen haben dabei den Nachteil, dass die betroffenen Fahrzeugführer sich erlaubte Umwege suchen und auch finden, anstatt auf öffentliche Verkehrsmittel oder wenigstens saubere Fahrzeuge umzusteigen“. Dies führe zu unerlaubtem und unerwünschtem Ausweich- und Verlagerungsverkehr.

Deshalb könne sich das Verkehrsverbot nicht nur auf den Talkessel beschränken. Die sinnvollste Abgrenzung sei die der Bevölkerung bekannte Umweltzone, die das gesamte Gemarkungsgebiet der Landeshauptstadt Stuttgart umfasse. „Die Grenze ist daher die Gemarkungsgrenze. Die Bundesautobahn 8 liegt außerhalb dieser Grenze.“

Wer von Vahingen oder Möhringen aus zur Autobahn fährt, riskiert eine Geldbuße

Das Thema Diesel bewegt die Leser unserer Zeitung. Michael Hanitzsch hatte sich vor Kurzem ans Regierungspräsidium gewandt: „Sehr geehrte Damen und Herren, mit Wohnort Vaihingen habe ich Verständnis, dass ich ab 1. April 2019 mit dem Audi A4 Diesel Euro 4 nicht mehr in den Talkessel Stadtmitte fahren darf“, schrieb er. „Das erledige ich heute schon mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Will ich aber nach Sindelfingen, München, Freudenstadt oder Dortmund mit meinem vom Tüv geprüften Pkw fahren, brauche ich da eine Sondergenehmigung dazu, oder muss ich die angekündigte Strafe von 80 Euro riskieren? Ihrer Antwort sehe ich mit Interesse entgegen.“

Inzwischen kennt er diese Antwort, und er ist nicht zufrieden. Im Gespräch mit unserer Zeitung begründete er seine Anfrage: „Ich kenne einige Personen, die genauso denken, handeln und sich fragen, was die Politik zu tun gedenkt.“ Es könne nicht sein, „dass die Normalbürger wieder die Zeche bezahlen sollen“. Auch viele ältere Herrschaften seien auf das Auto angewiesen, zum Beispiel für Fahrten in den Urlaub, zu ihrem Gartengrundstück, zur Betreuung von Angehörigen oder zum Einkaufen außerhalb des Stadtgebietes. Außerdem könnten sich nicht alle Stuttgarter Bürger zum Stichtag am 1. April 2019 ein neues Auto leisten. „Eine Bekannte von mir fühlt sich durch das Fahrverbot kalt enteignet“, sagt er.

Dieselfahrer fühlen sich von der Autoindustrie mehrfach betrogen

Auch Karl-Wolfgang Wehner aus dem Stuttgarter Stadtteil Steckfeld ist empört. „Der Filder-CDU stimme ich zu“, meint er. Es sei nicht einzusehen, dass auf den Fildern ein Fahrverbot erlassen werden solle: „Was nutzt das am Neckartor?“ Mit dem Fahrverbot würden die Opfer der Automobilindustrie ein weiteres Mal bestraft, findet Wehner. „Die Täter sind diejenigen, die mit falschen Einstellungen und mit falscher Software manipuliert und betrogen haben und nicht bereit sind, ihre Fehler auf eigene Kosten zu beseitigen“, schreibt er. Die Täter würden zum zweiten Mal gewinnen, weil die Opfer gezwungen seien, ihre Autos auf eigene Kosten nachzurüsten oder neue zu kaufen.

Letzteres droht Karl-Wolfgang Wehner. Seine Frau hat einen Gärtnereibetrieb. „Wenn wir den VW-Bus nicht mit einer Ausnahmegenehmigung als Firmenfahrzeug fahren dürfen, dann müssen wir einen neuen Bus kaufen. Das kostet mindestens 50 000 Euro, außer wir nehmen ein gebrauchtes Fahrzeug. Wie wir das hinbekommen, weiß ich noch nicht.“

Der Möhringer Hansbert Bertsch verweist auf die schwierige Lage Möhringens und Vaihingens. Beide Stadtbezirke seien in vielen Teilen vom öffentlichen Nahverkehr in keinster Weise so erschlossen, dass ältere und gehbehinderte Menschen ohne Auto einkaufen oder am öffentlichen Leben teilnehmen könnten. Für Taxis seien solche Kurzfahrten ja uninteressant. „Muss man sich jetzt außerhalb der Umweltzone ein Grundstück mieten, auf dem man sein Auto abstellen kann?“, fragt Hansbert Bertsch.