Donald Trump besucht freiwillige Wahlkampfhelfer in Des Moines, Hauptstadt des Bundesstaates Iowa. Foto: dpa/Charlie Neibergall

Der frühere US-Präsident Donald Trump rechnet damit, im Zusammenhang mit der gewaltsamen Erstürmung des US-Parlaments am 6. Januar 2021 bald angeklagt zu werden. Sonderermittler Jack Smith habe ihn in einem Brief darüber informiert, dass er Ziel der Ermittlungen sei.

Als der Bundesstaat New York im April Strafanklage gegen den ehemaligen US-Präsidenten erhob, machte diese Schlagzeilen als „historisch“. Beim zweiten Mal sicherte sich Donald Trump im Juni in Florida einen Eintrag ins Geschichtsbuch. Dort hatten Staatsanwälte einen Ex-Präsidenten erstmals nach Bundesrecht wegen des strafbaren Umganges mit Staatsgeheimnissen vor Gericht gestellt. Diesmal wirkt die drohende Anklage durch Sonderermittler Jack Smith wegen Trumps Rolle am 6. Januar 2021 fast schon wie Routine.

Wie auch die Reaktion darauf zum Ritual geworden ist. Angefangen bei der PR-Offensive des Ex-Präsidenten, der auf seinem Netzwerk Truth Social selbst über das rechtliche Ungemach informierte, das ihn erwartet. Gefolgt von wüsten Beschimpfungen auf den Chefankläger, den er einmal mehr als „geistesgestört“ bezeichnete, und dem Vorwurf einer von Joe Biden inszenierten „politischen Hexenjagd“ gegen ihn.

Wie üblich zogen die meisten Mitbewerber um die Präsidentschaftsnominierung und die Republikaner im Kongress die Wagenburg zusammen. Obwohl Trump seinem stärksten Herausforderer Ron DeSantis mit der Nachricht ein Exklusivinterview bei CNN vermasselte, sagte dieser, er hoffe nicht, dass es zu einer Anklage komme. Dies sei ein Versuch, „Politik zu kriminalisieren“.

„Es stört mich“, räumt Trump ein.

Nicht fehlen durfte ein Gefälligkeitsinterview auf Fox, bei dem Trump die schweren Vorwürfe bagatellisierte. So auch am Dienstagabend in der Bürgersprechstunde Sean Hannitys vor freundlichem Publikum in Iowa, dem ersten Bundesstaat mit Vorwahlen. Der Fox-Moderator umschmeichelte den Anklagten mit seiner Bewunderung für die angebliche Gelassenheit, mit der Trump auf die eskalierenden Strafverfahren reagiere.

Was dann kam, war neu. „Es stört mich“, räumte Trump erstmals öffentlich ein, dass ihn die drohende Anklage wegen seiner Rolle bei dem Versuch, den friedlichen Transfer der Macht an Wahlsieger Joe Biden zu verhindern, nervös macht. „Bevor das alles anfing, wusste ich nicht einmal, was eine Vorladung oder eine Grand Jury ist“, fügte er hinzu. „Jetzt bin ich ein Experte. Ich habe keine Wahl.“ Tatsächlich ist es noch nicht so weit. Aber der Erhalt eines sogenannten Target-Letters deutet nach Ansicht von Rechtsexperten darauf hin, dass eine Anklage bevorsteht.

In den USA warnt die Staatsanwaltschaft Personen mit solchen Schreiben davor, dass sie ins Visier der Justiz geraten sind. Damit erhalten sie die Möglichkeit, vor einer Grand Jury zu erscheinen, die am Ende über die Klageerhebung entscheidet.

Trump erhielt ein solches Schreiben nach eigener Darstellung bereits am Sonntag. Gemessen an den öffentlichen Verlautbarungen des Spitzenreiters bei den republikanischen Vorwahlen für die Präsidentschaftsnominierung wird er die Frist, vor den Geschworenen zu erscheinen, ungenutzt verstreichen lassen.

Unklar blieb auch, ob weitere Personen angeklagt werden und welche Beweismittel Smith und sein Team zusammengetragen haben. Seit Wochen halten sich hartnäckige Gerüchte, dass Trumps ehemaliger Hausanwalt Rudy Giuliani die Seiten gewechselt hat, um seine eigene Haut zu retten.

Norman Eisen, der als Jurist am ersten Impeachment Trumps mitwirkte, geht wie andere Experten davon aus, „dass der Sonderermittler mehr als ausreichend Beweise hat“. Andernfalls würde er einen ehemaligen Präsidenten nicht anklagen. Eisen verweist auf die Rolle Trumps bei der Aufstellung von Listen mit falschen Elektoren und den Druck, den er auf seinen Vizepräsidenten Mike Pence ausübte, die Ergebnisse der Wahlen nicht zu zertifizieren.

Vier Straftatbestände

Im Kern geht es um vier Straftatbestände, deren Verfolgung der Untersuchungsbericht des Kongresses zum 6. Januar empfohlen hatte: Aufruhr, Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten, Behinderung des Kongresses und Verschwörung zu falschen Angaben. Ein Prozess fände in Washington statt, wo Jurys bereits Dutzende Teilnehmer des Aufstands sowie die Führer der rechtsradikalen „Proud Boys“ und „Oath Keepers“ verurteilt haben.

Trump hat nach Ansicht von Analysten allen Grund, nervös zu sein. Bei einer Verurteilung drohen ihm hier Jahre an Gefängnis. Wie auch in Florida, wo seine Anwälte am Dienstag vor dem Bundesgericht in Fort Pierce versuchten, den Prozess auf die Zeit nach den Präsidentschaftswahlen zu verschieben. Bei der Anhörung kam heraus, dass es sich bei den vom FBI in Mar-A-Lago sichergestellten Dokumenten um 1545 Seiten mit höchsten Staatsgeheimnissen handelte. Richterin Aileen M. Cannon versprach, in Kürze über den Prozessbeginn zu entscheiden.