Dievom Museum für Naturkunde Berlin herausgegebene Rekonstruktion zeigt die urzeitliche Amphibie Stenokranio boldi. Foto: Dr. Frederik Spindler/Museum für Naturkunde Berlin/dpa

Wissenschaftliche Darstellungen gehen selten viral. Im Fall des rheinland-pfälzischen Urzeit-Tieres Stenokranio boldi ist das aber ganz anders. Was der Künstler und ein beteiligter Forscher über den Internet-Hype ihres Schützlings sagen.

Kurze Beinchen, gedrungener Körperbau und ein großes Maul, mit dem er zu lächeln scheint: Die Darstellung einer in Rheinland-Pfalz entdeckten Urzeit-Amphibie hat in sozialen Netzwerken für große Freude gesorgt.

 

Das Urzeit-Geschöpf mit der Fachbezeichnung Stenokranio boldi war laut Museum eines der größten Raubtiere seiner Zeit in der Region. Grundlage dafür waren Funde in Rheinland-Pfalz. Der Name bedeutet laut Museum in etwa: Schmalschädler.

„Das vielleicht älteste Meme der Welt!"

Einige Nutzer gestalteten in den vergangenen Tagen Bildchen damit, sogenannte Memes. Darunter war etwa Comedian Sebastian Hotz, dem bei Instagram 1,4 Millionen Menschen folgen. Er schrieb: „Herr Lindner, machen Sie 100 Milliarden Sondervermögen locker, wir müssen einen Jurassic Park auf Helgoland errichten und 100 solcher Racker klonen.“

Die Darstellung des Tieres, das vor etwa 300 Millionen Jahren lebte, hatte das Museum für Naturkunde in Berlin vergangene Woche zu einer Studie herausgegeben. Das Museum kommentierte die vielen Nutzerbeiträge auf Instagram mit den Worten: „Das vielleicht älteste Meme der Welt!“

Künstler: Ernsterer Gesichtsausdruck war nicht möglich

Der Wissenschaftler und Paläokünstler Frederik Spindler, der die Illustration gemacht hat, zeigte sich auf Anfrage am Dienstag sehr erfreut über die Resonanz. „Ich finde es schön, dass sich die Paläowelt und die Internetwelt verschränken“, erklärt der 40-Jährige.

Bei der 3D-Rekonstruktion sei es darum gegangen, die wesentlichen Merkmale zu zeigen. Am Gesichtsausdruck habe er nichts ändern könnte. „Ich kriege das Tier nicht ernster hin. Das ist ein bisschen wie bei Delfinen, die können nicht ernst gucken.“

Spindler sagte, er selbst forsche zu ähnlichen Tieren, kenne sich mit Lurchen aber eigentlich weniger aus und sei als Künstler von den Wissenschaftlern angefragt worden.

Internet-Hype aus der Paläoszene

Auch wenn in Kommentaren bereits nach Stenokranio-Fanartikeln gefragt wird - so weit denkt Spindler noch nicht. „Ein kleiner Internet-Hype, der aus der Paläoszene rausdriftet, soll nicht ausgeschlachtet werden.“ Er rechne auch damit, dass der Ursaurier in ein paar Tagen wieder aus den Timelines verschwinde.

Er freue sich einfach, dass der Begriff Ursaurier bekannter geworden sei und sozusagen nun ein Gesicht habe, so Spindler.

Vierfüßer, aber kein Dinosaurier

Wie das Berliner Museum schon vergangene Woche erklärt hatte, besteht dabei aber kein Zusammenhang mit Dinosauriern. Es handle sich vielmehr um eine populäre Sammelbezeichnung für die Vierfüßer des Erdaltertums.

Dass es sich eben nicht um einen Dino handle, ist auch dem an der Studie beteiligten Berliner Forscher Florian Witzmann wichtig: Es handle sich bei Stenokranio boldi auch nicht um ein Reptil, wie oft fälschlicherweise angenommen werde.

„Wenn wir von Ur-Lurch oder Ur-Amphib gesprochen hätten, wäre das vielleicht besser gewesen“, betont Witzmann. Und trotz optischer Ähnlichkeiten: „Stenokranio boldi ist kein Vorfahre der Krokodile, auch wenn er eine ähnliche ökologische Nische besetzte.“

Trotz so mancher falscher Vorstellungen, die nun kursieren: Auch Witzmann freut sich nach eigenen Worten über das Interesse.