Arzneimittelüberwachung im Land bemüht sich um sauberen Medikamentenhandel.

Tübingen - Baden-Württemberg ist mit einem Arzneimittelumsatz von 7,3 Milliarden Euro der größte Pharmastandort in Deutschland. Damit beim Im- und Export nichts schiefgeht, prüft die Leitstelle Arzneimittelüberwachung seit zehn Jahren regelmäßig die Betriebe.

Überwachen, überprüfen und beanstanden. Seit zehn Jahren ist die Leitstelle Arzneimittelüberwachung Baden-Württemberg in Tübingen ansässig. Damit ist eine umfassende Kontrolle des größten Pharmastandorts Deutschlands möglich. "Das Land hat damals als einer der stärksten Exporteure für Medikamente in Europa seine Hausaufgaben gemacht", sagt Michael Schmidt, der als Sachgebietsleiter bei der Leitstelle beschäftigt ist. "Schließlich sind wir mit einem Export von Medikamenten im Wert von 5,1 Milliarden Euro fast die Apotheke der Welt."

Nach der Zentralisierung der Medikamentenüberwachung in Baden-Württemberg folgten große Länder wie Bayern und Hessen dem Beispiel. Zwölf erfahrene Apotheker, die meist technische Weiterbildungen haben, sind heute bei der Leitstelle beschäftigt. Sie haben einen großen Anteil an den erfolgreichen Arzneimittelexporten aus Baden-Württemberg. "Damit ein Pharmaunternehmen exportieren darf, müssen wir zunächst Zertifikate ausstellen", erklärt Michael Schmidt.

Gibt es bei einer Firma Probleme, etwa mit der Hygiene, muss sie diese zuerst beheben. Typische Beanstandungen in Medikamentenfabriken sind auch bauliche Mängel, Schulungsdefizite und Organisationsmängel. "In Baden-Württemberg führen wir etwa 150 Inspektionen im Jahr durch", sagt Schmidt. Die untersuchten Betriebe können dabei vom High-Tech-Medizinlabor bis zum Kamillentee-Hersteller sehr unterschiedlich sein. Damit hängt, neben der Betriebsgröße, die Häufigkeit der Untersuchungen zusammen. "Unser Regel-Inspektionsintervall beträgt aber zwei Jahre", sagt Michael Schmidt. Dazu ist die Arzneimittelüberwachung für Beschwerden aus den Apotheken zuständig. "Uns werden 200- bis 300-mal im Jahr verunreinigte Tabletten gemeldet", so Schmidt. "Dann müssen wir recherchieren, wo etwas schiefgelaufen ist. Meist handle es sich aber um falschen Alarm. 2010 seien nur sechs der beanstandeten Medikamente gesundheitlich bedenklich gewesen.

Sauberer Import

Neben den Inspektionen vor der Haustür ist die Leitstelle Arzneimittelüberwachung auch für einen sauberen Import von Medikamenten ansässiger Firmen zuständig. "Einige Pharmaunternehmen haben sich auf den Vertrieb mit Nachahmepräparaten spezialisiert", erklärt Schmidt. Solche Generika werden günstig im Ausland hergestellt und dann in Deutschland verpackt und vertrieben. Will eine Firma Medikamente nach Baden-Württemberg einführen, prüft die Arzneimittelüberwachung an Ort und Stelle, ob alles mit rechten Dingen zugeht.

Apotheker aus dem Tübinger Regierungspräsidium müssen dann zu zweit nach Indien, China oder in die USA reisen. "Dieses Jahr geht es auch noch in die Türkei", sagt Michael Schmidt. Was sich nach einem lockeren Leben anhört, ist in Wahrheit harte Arbeit: "Wenn wir montags nach Istanbul fliegen, arbeiten wir die ganze Woche und kommen am Freitag wieder zurück", so Schmidt, "von den Orten, an die man reist, sieht man meistens nicht viel."

Dennoch mag er seinen Beruf: "Wir haben ein vielfältiges Arbeitsgebiet." Gerade deshalb findet er es schade, dass die Tübinger Arzneiüberwachungsstelle zunehmend mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen hat. "Zum einen sind wir natürlich wählerisch, weil die Bewerber gut Englisch sprechen und technische Weiterbildungen haben sollten." Zudem daure es oft zwei Jahre, bis eine vakante Stelle vom Regierungspräsidium neu besetzt werde.

Gerade sind alle Stellen besetzt, wenn auch teilweise befristet. Was den Tübinger Medikamentenprüfern mehr zu schaffen macht, sind neue Verordnungen der EU. So darf die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) Medikamente zentral für die EU zulassen. "Wenn dabei ein Unternehmen aus Baden-Württemberg betroffen ist, müssen wir die Inspektion durchführen, zu einem Zeitpunkt, die uns die EMA vorgibt", erklärt Schmidt. Die selbst geplanten Inspektionen müssen dann verschoben werden.