Finanzminister Wolfgang Schäuble ist nicht bereit, wegen der Maut Einnahmeverluste bei der KfZ-Steuer hinzunehmen. Foto: dpa

Der Bund kassiert zwar neuerdings die Kfz-Steuer. Er hat sich aber verpflichtet, im Gegenzug dafür jedes Jahr neun Milliarden an die Länder zu überweisen. Entsprechend gering ist nun die Neigung bei Finanzminister Schäuble, mit der Pkw-Maut Einnahmeverluste bei der Kfz-Steuer hinzunehmen.

Der Bund kassiert zwar neuerdings die Kfz-Steuer. Er hat sich aber verpflichtet, im Gegenzug dafür jedes Jahr neun Milliarden an die Länder zu überweisen. Entsprechend gering ist nun die Neigung bei Finanzminister Schäuble, mit der Pkw-Maut Einnahmeverluste bei der Kfz-Steuer hinzunehmen.

Berlin - Nun auch noch Wolfgang Schäuble. Nach Informationen unserer Zeitung ist das Finanzministerium fest entschlossen, Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) bei der Verteilung der Mauteinnahmen Fesseln anzulegen. Die Umsetzung seiner Mautpläne wird für den Minister damit immer schwieriger.

Darum geht es: Schon heute zahlt der Bund bei der Kfz-Steuer drauf. Er nimmt mit der Steuer, die bis 2009 den Ländern zustand, von den Autohaltern jedes Jahr rund 500 Millionen Euro weniger ein, als er den Ländern als Ausgleich für das Tauschgeschäft bezahlen muss. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will aber die Kfz-Steuer noch zusätzlich absenken, damit die Union ihr Wahlversprechen halten kann und kein heimischer Autofahrer durch die Einführung einer Pkw-Maut, der sogenannten Infrastrukturabgabe, höher belastet wird.

Der Bund allein trägt aber bei einem derartigen Umbau der Kfz-Steuer das Risiko und müsste Steuerausfälle verkraften. Nach den Plänen, die Dobrindt bislang vorgelegt hat, würde die Kfz-Steuer ab 2016 deutlich weniger abwerfen: Ein VW Passat 5 (Baujahr 2012, Benziner) kostet heute 242 Euro. Nach Einführung der Maut soll das Auto nur noch mit 137,50 Euro bei der Kfz-Steuer zu Buche schlagen. Ein VW Golf 5 (Baujahr 2003, Diesel) kostet derzeit 293,36 Euro, würde 185,28 Euro kosten. Bei 45 Millionen steuerpflichtigen Kraftfahrtzeugen gehen die Steuerausfälle wohl in die Milliarden.

Der Bund hat sich 2009 zur Ausgleichszahlung für die Kfz-Steuer an die Länder für alle Zeiten verpflichtet. „Den Ländern steht wegen der Übertragung der Kfz-Steuer auf den Bund jährlich ein Betrag von 8 991 764 000 Euro zu“, steht im Gesetz. Laut Bundesfinanzministerium spielte die Kfz-Steuer 2013 aber nur 8,49 Milliarden Euro ein. In den Vorjahren war es jeweils etwas weniger.

Immerhin hat CSU-Chef Horst Seehofer im unionsinternen Streit um die Pkw-Maut Gesprächsbereitschaft signalisiert und besteht nicht auf die komplette Umsetzung des Konzepts des Verkehrsministeriums. „Selbstverständlich werden wir Einwände der Grenzregionen noch einmal prüfen“, sagte Seehofer der „Süddeutschen Zeitung“. Er kenne aber keine bessere Lösung als das Konzept von Dobrindt. Dieser lehnt Mautausnahmen etwa auf kleineren Straßen in Grenzregionen ab und erklärte erneut, die Belastungen für Ausländer würden sich auf den Grenzverkehr nicht auswirken. Die CDU in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sieht das anders.

Im politischen Berlin gilt als ausgeschlossen, dass die Länder auf Milliarden aus der Kfz-Steuer verzichten werden. Dem Südwesten stehen derzeit 14,51 Prozent von den knapp neun Milliarden zu, also rund 1,3 Milliarden Euro, Bayern 17,22 Prozent (1,5 Milliarden Euro) und Nordrhein-Westfalen 21,16 Prozent (1,9 Milliarden). Das Geld ist fest in den Länderhaushalten eingeplant.

Mehr noch: Etliche Verkehrsminister der Länder haben auch schon Ansprüche auf die kommenden Maut-Milliarden angemeldet. Die Forderung ist aus ihrer Sicht nicht abwegig: Schließlich will Dobrindt auch für die Benutzung von Landstraßen kassieren. Aus Sicht der Bundesregierung ist die Länder-Forderung allerdings dreist: Schließlich werden sie ja bereits mit neun Milliarden Euro dafür entschädigt, dass sie die Kfz-Steuer an den Bund abgegeben haben.

Offiziell hält sich Bundesfinanzminister Schäuble (CDU) zurück. Es ist nicht sein Stil, offensiv gegen die Mautpläne seines Kabinettskollegen Dobrindt vorzugehen. Offensichtlich wartet das Ministerium ab. Man sieht die technischen Probleme und hofft, dass die Pläne an politischen Widerständen scheitern. Aus der Bundesregierung hört man: „Jemand anderes soll dem Projekt den Todesstoß versetzen.“

Schäuble macht aber selbst in Interviews aus seiner Distanz wenig Hehl. Erst jüngst monierte er den hohen bürokratischen Aufwand im Zusammenhang mit der Pkw-Maut: „Als Bundesfinanzminister bin ich für den Zoll verantwortlich.“ Der wäre für die Umsetzung der Pkw-Maut zuständig. Und weiter: „Es wäre für den Zoll keine Kleinigkeit, 45 Millionen Kfz-Steuerbescheide auf einen Schlag anzupassen.“

Bezeichnend ist, was Schäuble nicht sagt. So gibt es keinerlei Äußerung des Ministers, dass er sich auf Forderungen der Länder nach einem Stück aus dem Kuchen der Mauteinnahmen einzulassen bereit ist. Schäuble ist vielmehr der Meinung, dass die Länder schon üppig entschädigt wurden.

In Berlin ist zu hören, allenfalls könne man über einen Anteil für die Länder reden, falls die Maut zusammen mit der Kfz-Steuer mehr einspielen würde als die bisherigen 8,4 Milliarden Euro an Kfz-Steuer im Jahr.

Das heißt: Selbst wenn Dobrindt sich am Ende im Kampf um die Pkw-Maut für Ausländer gegen alle Widerstände in Brüssel und Berlin durchsetzen sollte – sein Topf mit zusätzlichen Mitteln für den Straßenbau würde sehr überschaubar ausfallen. In Koalitionskreisen heißt es schon spöttisch: „Am Ende bleibt nur ein Kleckerbetrag übrig, wenn die Länder bedient und die Bürokratiekosten beglichen sind.“ Ob sich dafür die Kraftanstrengung noch lohnt?