Die Polizei hat verschiedene Handydaten ausgewertet. Foto: dpa

Der Prozess gegen vier Männer, die einen Polizisten verletzt haben sollen, neigt sich dem Ende entgegen.

Marbach - Nach dreiwöchiger Pause ist am Montag der Prozess am Landgericht Heilbronn gegen vier Männer aus Marbach fortgesetzt worden, die am 1. Juli des vergangenen Jahres nachts in der Fußgängerzone nahe dem Torturm auf einen Polizisten beziehungsweise eine Polizistin eingeschlagen und -getreten haben sollen. Dem 22-jährigen Hauptangeklagten wird unter anderem versuchter Totschlag vorgeworfen. Am fünften Verhandlungstag standen folgende Fragen im Fokus: Inwieweit kann den beiden zur Tatbeihilfe Angeklagten etwas nachgewiesen werden? Wie unterscheiden sich die Zeugenaussagen vor Gericht von jenen beim Polizeiverhör? Und was hat die Datenauswertung der sichergestellten Handys der vier Angeklagten ergeben?

Welche Brisanz in der letzten Frage steckt, wird darin deutlich, dass der 21-jährige Angeklagte in der Tatnacht sein Handy „bis zur Unkenntlichkeit zerstörte“ und die Teile „in eine mit Wasser gefüllte Plastiktüte“ gab, wie eine als Zeugin geladene Kriminalhauptkommissarin erklärte. Der Hausdurchsuchung am Morgen kam er damit zuvor – das Landeskriminalamt (LKA) konnte die Daten aber dennoch auswerten. Und wurde fündig. So schrieb der Angeklagte in eine WhatsApp-Gruppe, dass jeder die Nachrichten aus dem Chat löschen solle. Dazu forderte er dazu auf, das Chatprogramm ein paar Tage zu deaktivieren. Nachgewiesen werden konnte zudem, dass er online nach folgenden Begriffen suchte: SIM-Karte löschen, Facebook-Konto löschen, Sendemast Marbach.Mit letzterem Begriff könnte er versucht haben, zu erörtern, ob sein Handy geortet werden kann. Tatsächlich gelang dies bei seinem Handy dann nicht. Die Telefone der drei weiteren Männer waren zur Tatzeit in der entsprechenden Funkzelle, die sich aber über Marbach und Nachbarorte erstrecken kann. Um den genauen Aufenthaltsort bestimmen zu können, müsste das LKA ein aufwendiges Verfahren durchführen, räumte die Hauptkommissarin ein. Dies ist nicht geschehen.

Dafür trug das Telefonprotokoll der Angeklagten und Zeugen Interessantes zutage. Es wurde deutlich, wer nach der Tat mit wem kommunizierte. Dazu zeigte sich etwa, dass der sich in Untersuchungshaft befindende Hauptangeklagte, der geständig ist, am Tag nach der Tat beim Friseur war, „um sein Äußeres zu verändern“, wie er im Chat schrieb. Und der 21-jährige Mitangeklagte schilderte seine Angst, da die Polizei an seiner Arbeitsstelle vorbeigefahren sei, „wo sie das sonst nie tun“. Auch bat er vor einem Treffen darum, dass jeder mit seinem Auto kommen soll, damit die Polizei „nicht alle auf einmal packen“ könne. Und einmal hatte er geschrieben, dass er gerne einer Gang beitreten würde, „und jemanden umbringen möchte“.

Verhört wurde zudem ein 28-jähriger Zeuge, der nach der Tat bei der Polizei umfassend ausgesagt hatte – dies später aber revidierte. Er könne sich doch nicht mehr erinnern, beteuerte er. Es sei viel Alkohol im Spiel gewesen. „Scheibchenweise“, wie es die Richterin ausdrückte, kamen aber doch Einzelheiten ans Licht. Von vielen belastenden Details, die er noch beim Polizeiverhör angegeben und per Unterschrift bestätigt hatte, wollte er aber nicht mehr wissen. Stattdessen wiegelte er Nachfragen regelrecht ab. Als er zum Beispiel gefragt wurde, welche der Angeklagten er wiedererkenne, drehte er sich nicht einmal zu diesen um, bevor er prompt verneinte.Es schien, als stehe der Zeuge unter dem Druck, niemanden zu verraten. Das Gericht fragte daher: „Haben Sie Angst?“ Er verneinte erneut, und die Richterin entgegnete: „Sie machen aber einen anderen Eindruck.“ Auch der Vorname eines bereits vernommenen Zeugen sage ihm nichts – eben jener befand sich allerdings im Zuschauerraum und verließ dann fast zeitgleich mit ihm den Saal. Zufall? Aus Sicht eines Verteidigers nicht: „Die bilden eine Fahrgemeinschaft“, so dessen Ansicht.

Der Prozess wird am 6. Mai fortgesetzt. Vorgesehen sind auch die Plädoyers. Das Urteil soll am 8. Mai fallen. Ob der Zeitplan eingehalten werden kann, ist aber unklar.