Die Gaststätte Zillertal zwischen Stuttgart-Plieningen und Stuttgart-Möhringen ist seit zehn Jahren geschlossen, die einstigen Wirte leben noch auf dem Areal. Warum ihnen fehlende Schilder und rabiate Spaziergänger das Leben schwermachen.
Plieningen/Möhringen - Manfred Appel wirkt freundlich. Er drückt sich gewählt aus, lächelt beim Sprechen viel. Doch dieser Tage kommt es häufig vor, dass der bald 83-jährige Senior um Fassung ringen muss. Nämlich dann, wenn Menschen ihn bewusst an der Weiterfahrt hindern. Wenn Fremde auf sein Auto klopfen. Wenn er beschimpft wird. Und warum? Weil er einfach nur mit seinem SUV heimfahren möchte.
Manfred Appel lebt im Naturschutzgebiet. Um zu seinem Haus zu gelangen, muss er in der Verlängerung des Plieninger Wollgraswegs knapp zwei Kilometer in Richtung Weidach- und Zettachwald fahren. Allerdings: Die Schilder, die am Ortsausgang angebracht sind, erlauben ihm das streng genommen nicht. Ein rundes Zeichen verbietet motorisierten Verkehr, ein Zusatzschild gibt den Weg für landwirtschaftliche Fahrzeuge frei. Von einer Ausnahme für die sechs Anwohnern – dem Ehepaar Appel, der Tochter, dem Schwiegersohn und den beiden Enkeln – steht da hingegen nichts.
Entsprechend rabiat gehen manche Spaziergänger offenbar gegen den betagten Mann vor. Manfred Appel berichtet von Kinderwagen, die vor seinem Fahrzeug quergestellt werden, von Leuten, die ihn durch ihre Blockade nötigen, in die Wiesen auszuweichen. Einmal habe er die Polizei rufen müssen.
Die Scherereien sind nicht neu
Neu seien die Scherereien nicht. Die Appels leben seit 1953 hier im Körschtal zwischen Plieningen und Möhringen. Zunächst hatten die Schwiegereltern die Ausflugsgaststätte Zillertal betrieben, dann hatten Manfred Appel und seine Frau Ingrid den Betrieb übernommen. Schon früher war es mit der Zufahrt schwierig gewesen. Seit 1990 steht das Gebiet, in dem das frühere Lokal liegt, unter Naturschutz. Die zwei Zufahrten aus Plieningen wurden im Laufe der Jahre gesperrt. Gäste mussten zu Fuß kommen.
Seit zehn Jahren ist der Ofen im Zillertal aus. Das Lokal ist geschlossen. „Wir haben ein gewisses Alter“, sagt Manfred Appel. Die Probleme mit der Zufahrt, die sind ihnen aber geblieben und haben ihn sogar schon einmal vor Gericht gebracht. Die Anfeindungen würden immer mehr, sagt er. Seit Corona seien „wahnsinnig viele“ Erholungssuchende im Grünen zwischen Plieningen und Möhringen unterwegs, erzählt er, und entsprechend mehr Konflikte gebe es. „Es ist ärgerlich. Jedes Mal, wenn man rausfährt, winkt schon einer. Da ist der ganze Sonntag kaputt“, klagt der Mann.
Er sieht nur einen Ausweg aus der Misere
Manfred Appel sieht nur einen Ausweg aus der Misere: ein Zusatzschild „Anwohner frei“ – „damit die Leute sehen, dass wir hier fahren dürfen“. Vor Jahren habe er sich bereits im Stuttgarter Rathaus darum bemüht, das Ganze sei damals im Sand verlaufen. Nun aber will er einen neuen Anlauf wagen.
Annette Weinberger aus der Verkehrsbehörde im Stuttgarter Ordnungsamt hat Verständnis für den Mann. Das gewünschte Schild „Anlieger frei“ hält sie indes nicht für zielführend. „Das ist ein sehr dehnbarer Begriff“, sagt sie, womöglich schneide man sich damit ins eigene Fleisch. Sie werde sich nach der Widmung des Feldwegs und einer passenden Beschilderung erkundigen, verspricht sie. Denkbar sei ein „Zufahrt frei bis“-Schild mit der passenden Adresse.