Der Detektiv Alexander Schrumpf hat Handschellen mitgebracht – die er nach seiner Aussage bisher nur drei Mal gebraucht hat. Foto: Gottfried Stoppel

Starrt die „Jugend von heute“, wie es pauschal gerne heißt, wirklich nur auf ihr Smartphone? Nein, Kinder lesen auch gerne Bücher, wie der Sommeleseclub Kernen zeigt. Bei der Abschlussveranstaltung war Detektivarbeit gefragt.

Der Sitzungssaal in Kernens Bürgerhaus bietet am Montagnachmittag einen ungewöhnlichen Anblick. Statt Gemeinderäten sitzen etwa 90 Kinder in den Reihen, Füße baumeln von Stühlen, Fahrradhelme und Rucksäcke liegen an der Seite. Der Geräuschpegel ist hoch, die Stimmung gut.

Die Zahl der teilnehmenden Kinder ist gestiegen

Knapp 150 Kinder waren in diesem Jahr beim Sommerleseclub „Heiß-auf-Lesen“ der Bücherei Kernen dabei. Von Mitte Juli bis Mitte September konnten sie Bücher ausleihen – um bei der Rückgabe etwas über das Gelesene zu erzählen und einen Belohnungsstempel zu bekommen. Die Resonanz war sehr gut, hieß es, mit einem Zuwachs von 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Vergleich zum Vorjahr. Manche Kinder kamen fast täglich, um sich neuen Lesestoff zu besorgen. Der Rekord im Ortsteil Rommelshausen liegt bei 16 gelesenen Büchern. Doch Katja Schläfke-Neumann von der Büchereileitung hebt hervor, dass der Leseclub kein Wettbewerb sei: „Er soll die Kinder zum Lesen anregen und Freude bereiten.“

Den Besuch der Abschlussveranstaltung im Bürgerhaus lässt sich auch der Bürgermeister Benedikt Paulowitsch nicht nehmen. Er erzählt den Kindern von seiner lebenslangen Begeisterung für die Bücher der „Die drei Fragezeichen“-Reihe. Nach einem Dank an die Bücherei für die „tolle Durchführung“ und an Bettina Daser von der Bürgerstiftung für die finanzielle Förderung, wendet er sich nochmals direkt an die Kinder: „Denkt immer dran: Ein gutes Buch ist immer eine gute Idee.“

Ein echter Detektiv kommt zu Besuch

Detektivbücher stehen nicht nur beim Bürgermeister hoch im Kurs, sondern auch bei den jungen Lesern in Kernen. Da dieses Genre im Sommerleseclub besonders beliebt war, hat sich die Büchereileitung etwas ganz Besonderes für die Teilnehmer überlegt. Alexander Schrumpf von der Detektei Adler ist aus dem hessischen Wiesbaden angereist, um mit den Kindern einen spannenden Fall zu lösen. Schrumpf ist neben seiner Arbeit in der Detektei auf Kinderveranstaltungen spezialisiert, bei denen die jungen Teilnehmer einen Einblick in die Arbeit eines echten Detektivs bekommen sollen.

In Kernen geht es spielerisch darum, gestohlene Detektivsausweise, die am Ende des Programms auf die Kinder warten, wiederzufinden. Dafür muss erst einmal der Tatort gesichert werden, ohne dabei versehentlich Spuren zu verwischen oder neue hinzuzufügen. Das ist gar nicht so einfach. Denn ein Mensch verliere pro Minute etwa 40 000 Hautschuppen, dazu Fasern der Kleidung, wie Schrumpf erläutert. Gemeinsam schaffen die Kinder die Aufgabe, dann geht es an die Spurensicherung. Sowohl ein Schuh- als auch ein Fingerabdruck werden gefunden. Da letzterer einmalig ist, lässt sich so der Täter überführen. Das Pulver, das zum Erkennen der charakteristischen Linien zum Einsatz kommt, ist Profimaterial, das auch die Polizei verwendet. Die immer dann am Zug sei, wenn es in einem Fall um Waffen oder Gewalt gehe, wie Schrumpf erklärt.

Ein gelöster Fall und viele Preise

Bei dieser Gelegenheit demonstriert der Detektiv, wie man einen Straftäter mit Handschellen ruhigstellt. Er sagt jedoch, dass er sie bei etwa 2500 gelösten Fällen bislang nur drei Mal gebraucht habe. Theoretisch darf jeder einen Menschen festnehmen, wenn es die Umstände erfordern: „Der Detektiv darf nichts, was nicht jeder darf. Aber er weiß, was jeder darf.“ Laut Paragraf 127 der Strafprozessordnung kann jeder jemanden festnehmen, der auf frischer Tat ertappt wurde, die sogenannte „Jedermann-Festnahme“.

Dank erfolgreicher Arbeit beim Tatort-Spiel bekommen die Kinder letztendlich ihre Detektivsausweise ausgehändigt und werden von Schrumpf zu Junior-Detektiven ernannt. Auch Kernens Bücherei hat sich als Dankeschön für das viele Lesen den Sommer über eine Belohnung überlegt. Neben Urkunden für alle Teilnehmer gibt es eine Verlosung mit vielen Preisen. Hauptgewinn ist ein Tag im Erlebnispark Tripsdrill für vier Personen, aber auch die verlosten Buchgutscheine stoßen erkennbar auf Freude bei den jungen Leserinnen und Lesern. Zwei Teilnehmer dürfen sich zudem über eine Wanderung zu Schafen freuen, andere bekommen Vogelhäuschen aus Holz als Preis.

Nach dem erfolgreichen Lesesommer und so vielen strahlenden Gesichtern bei der Abschlussparty ist davon auszugehen, dass der Sommerleseclub auch nächstes Jahr wieder stattfinden wird. Bettina Daser von der Bürgerstiftung erzählt, wie schön es sei, zu sehen, was die Förderung eines solchen Projekts bewirken kann: „Es ist toll, wie begeistert die Kinder vom Lesen sind. Hoffentlich nehmen sie das mit in die Zukunft.“