Behinderungen spielen an dem Tag keine Rolle – toll! Foto: /Jürgen Bach

Ein buntes Spektakel von und mit Menschen mit und ohne Behinderung begeistert die Leonberger.

Solchen Trubel erlebt die Leonberger Altstadt nicht alle Tage, die Menschen flanieren durch die Gassen, Musiker, Akrobaten, Pantomimen mit und ohne Behinderung lassen erstmals die Straßenkunst in Leonberg aufleben.

Langsam füllt sich der Platz vor dem Marktplatzbrunnen mit Besucherinnen und Besuchern, viele davon im Rollstuhl. Noch stimmt die aus Uruguay stammende Fernanda Tarrech die Gäste mit sanfter Stimme und leisen Gitarrenklängen ein, während sich die Mitglieder der inklusiven Theatergruppe der Lebenshilfe „alledabei“ auf ihren Auftritt vorbereiten. Sie spielen einen Auszug aus ihrem aktuellen Programm „Golden Eye“. Die Szene hat nichts mit James Bond zu tun, sondern erzählt von einer verarmten Königsfamilie, die für die schöne Prinzessin nach einem reichen Ehemann sucht. Doch die Prinzessin ist wählerisch. Der eine ist ihr zu hochnäsig, der andere redet zu viel, der dritte wiederum bekommt den Mund nicht auf. Bei der Prinzensuche werden wie im realen Leben die Konflikte in der Königsfamilie auf humorvolle Art schnell sichtbar.

Musik, Akrobatik, Zauberkunst

Rund um den Leonberger Marktplatz sind an diesem Tag Menschen mit und ohne Behinderung zum ersten Mal zu einem Straßenkunstfestival eingeladen mit Musik, Akrobatik, Zauberkunst, Jonglage, Clownerie und Pantomime, kurz Straku-Festival. Der Name steht für Straßenkunst im Zeichen der Inklusion, sprich dem Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung. Veranstalter ist Atrio, ein diakonischer Unternehmensverbund, der sich für Arbeit, Teilhabe, regionale Angebote und Inklusion von Menschen mit Behinderung einsetzt. „Wir wollen Zeit, Raum und ein Erlebnis für Begegnungen schaffen und behinderte Menschen mit den Bürgern zusammenbringen“, erzählt Markus Metz, der Geschäftsführer von Atrio Leonberg. Und das möglichst barrierefrei, was in der Leonberger Altstadt mit seinem Kopfsteinpflaster und meist nicht barrierefreiem Zugang in die Lokale für Rollstuhlfahrer durchaus herausfordernd sein kann. Alle Aufführungen finden deshalb im Freien statt auf ebener Fläche und sind bewusst kurz gehalten, weil auch eine längere Dauer eine Barriere für Menschen mit Behinderung sein kann.

Schon zur Eröffnung werden die Vielfalt und die Kreativität aller Beteiligten deutlich. Die 15 Mann- und Frau-starken „Los Trommlos“ von Atrio Leonberg eröffnen lautstark das Straku-Festival und begleiten trommelnd und klatschend Songs wie „The Lion sleeps tonight“ oder „Wellerman“ mit ihrem eigenen Rhythmus und jeder Menge Spaß, der schnell auch auf die Zuschauer überspringt.

Außer auf dem Marktplatz wird an zwei weiteren Spielorten in der Altstadt an diesem Nachmittag einiges geboten. Bunte Wegweiser führen die Besucherinnen und Besucher vom Marktplatz aus hinter das Rathaus, wo der israelische Künstler Gilad Clownerie und Artistik zeigt, die ohne Sprache auskommt. Er kombiniert einfache, aber witzige Jonglagen, bei denen er die Zuschauer mit einbezieht, mit artistischen Handstand-Künsten, ohne dabei die Bodenhaftung zu verlieren.

Open-Air-Kunstgalerie

Wenige Meter weiter auf dem Platz vor der Stadtkirche jongliert die Einrad-Weltmeisterin Janna Wohlfarth gekonnt in drei Metern Höhe auf ihrem Ein-Rad mit Hüten und Messern, die ihr die Zuschauer in die Höhe werfen.

Die Künstler aus dem Höfinger Kreativwerk, das auch zu Atrio gehört, haben die optische Gestaltung des Festivals übernommen. Sie haben den Weg zwischen den drei Spielorten mit ihren Bildern und bunten Skulpturen geschmückt, und die Gassen so in eine Open-Air-Kunstgalerie verwandelt.