Die Heimbeiräte Stefan Zeller und Petra Günther haben den symbolischen Schlüssel für die Räume an der Beilsteiner Straße von Rainer Beitlich und Antonius Kirsch (von links) von der Bauträgergesellschaft Bouwfonds Foto: Torsten Ströbele

Mehr als 30 Menschen mit Behinderung sind an der Beilsteiner Straße in Zuffenhausen eingezogen.

Zuffenhausen - Etwas versteckt, im hinteren Teil einer Zuffenhäuser Sackgasse, sind seit einigen Wochen vier neue bunt angestrichene Häuser nicht zu übersehen. Hinter den grünen, blauen, gelben und orangenen Fassaden sind an der Beilsteiner Straße mittlerweile mehr als 30 Menschen mit unterschiedlichen geistigen und körperlichen Behinderungen eingezogen. Am Freitag fand die offizielle Schlüsselübergabe statt.

Doch nicht nur Menschen mit Handicap sollen auf dem rund 2000 Quadratmeter großen Grundstück ein neues Zuhause finden. Vier Wohnungen wurden für Menschen ohne Behinderung frei gehalten. Vorzugsweise sollen dort Familien einziehen. „Dabei ist der Kontakt zwischen Menschen mit und ohne Behinderung gewollt, aber nicht zwingend“, sagte Reinhard Bratzel, der Geschäftsführer der Lebenshilfe. „Es gibt genügend Chancen, sich zu begegnen. Wer aber seine Ruhe haben möchte, kann sich problemlos in sein Reich zurückziehen.“ Menschen mit und ohne Behinderung würden auf diesem Areal als Nachbarn zusammen leben, aber eben nicht unter einem Dach.

Die Lebenshilfe spricht bei diesem Projekt von einer „inklusiven Wohnanlage“. Pressesprecherin Eva Schackmann beschreibt, was Inklusion bedeutet: „Wenn Menschen mit und ohne Behinderung zusammen aufwachsen, sich ständig begegnen und Berührungspunkte haben, dann spielt die Behinderung in der Wahrnehmung dieser Menschen keine Rolle. Es ist nichts Besonderes mehr.“ Menschen mit Behinderung würden somit mitten in der Gesellschaft und nicht in einer Parallelwelt leben. Inklusion sei der Versuch, diese Parallelwelt aufzulösen.

Von Botnang nach Zuffenhausen gezogen

„Wir wollen mit diesem Wohnprojekt ein Signal an die Zuffenhäuser senden. Wir sind da, wir sind offen, und wir wollen gemeinsam mit ihnen die Zukunft gestalten“, sagte Reinhard Bratzel. Gelingen soll das unter anderem auch mit einem Café auf dem Gelände und der Möglichkeit, Räume für verschiedene Veranstaltungen in den neuen Gebäuden anmieten zu können. „Zudem sind wir in Gesprächen mit Vereinen und den Kirchengemeinden, wie eventuelle Kooperationen aussehen könnten“, sagte Reinhard Bratzel. „Für uns ist es sehr wichtig, dass die Bewohner aktiv am Leben in Zuffenhausen teilnehmen können.“ Der stellvertretende Bezirksvorsteher von Zuffenhausen, Dieter Reischl, und der Vorsitzende des Musik- und Theatervereins, Johann Schön, hießen die Neu-Zuffenhäuser bei der Schlüsselübergabe schon einmal stellvertretend für den Bezirk herzlich willkommen.

Zehn Jahre war die Lebenshilfe auf der Suche nach einem neuen Areal, um die zu klein gewordenen Räume an der Paul-Lincke-Straße in Botnang verlassen zu können. Fündig wurde der Verein bei der Bauträgergesellschaft Bouwfonds, die das Gelände an der Beilsteiner Straße an die Lebenshilfe verkaufte. Rund dreieinhalb Jahre nach den ersten Gesprächen zwischen Reinhard Bratzel von der Lebenshilfe und Rainer Beitlich von Bouwfonds fand der Umzug von Botnang nach Zuffenhausen statt. „In Botnang hat es uns zwar sehr gut gefallen, aber in Zuffenhausen konnten wir uns auch schon ganz gut einleben“, sagte Heimbeirat Stefan Zeller.