Paul Nemeth als Neunjähriger im April 1974 und im Wahlkampf 2016 Foto: privat/factum/Granville

Weil Politik seine Berufung ist: Paul Nehmet hofft auf eine dritte Legislaturperiode im Landtag.

Böblingen - Für die CDU ist der Wahlkreis Böblingen ganz offensichtlich eine sichere Bank: Die Christdemokraten haben seit den ersten Landtagswahlen stets das Direktmandat gewonnen. „Ich bin selbstbewusst, aber nicht überheblich“, sagt Paul Nemeth zu seiner Position. Seit zehn Jahren ist der 50-Jährige Abgeordneter in Stuttgart – davon fünf Jahre als Mitglied der Regierungspartei und fünf Jahre in der Opposition. „Regierung ist wesentlich besser“, fasst er seine Erfahrung zusammen. Jetzt hofft er auf eine dritte Legislaturperiode, weil ihm die Politik zur Berufung geworden sei. „Ich habe darin eine Aufgabe gefunden“, erklärt er seine erneute Kandidatur. Trotzdem ist er nebenher auch immer noch berufstätig geblieben – als Industriekaufmann mit einer 50-Prozent-Stelle beim Computer- und Softwarehersteller IBM in Ehningen. Dadurch will er den Kontakt zu den Arbeitnehmern und seine Unabhängigkeit von der Politik bewahren.

In der CDU-Fraktion hat sich Paul Nemeth als energiepolitischer Sprecher positioniert. Eine rund 60-seitige Broschüre zur Energiewende in Baden-Württemberg ist das Hauptwerk seiner politischen Arbeit in der Opposition. Als seinen Erfolg während der Regierungszeit der CDU schreibt er sich die Darmsheimer Nordumfahrung auf die Fahne. Und damit sind auch die beiden Themen umrissen, die ihn am meisten bewegen. Mit erneuerbaren Quellen will der gebürtige Böblinger zum Beispiel in Zukunft mehr als ein Drittel des Energiebedarfs decken und gleichzeitig den Stromverbrauch im Land um rund zehn Prozent senken. Um die Verkehrsproblematik im Kreis Böblingen und der Region Stuttgart zu lösen, setzt er auf intelligente Verkehrsleitsysteme mit mehr Elektromobilität, dem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und der Verknüpfung der unterschiedlichen Transportmittel.

Dem „allumfassenden Thema Flüchtlinge“ will Paul Nemeth mit einer Begrenzung der Ströme und einem Abbau von Fehlanreizen begegnen wie der Aussetzung des Familiennachzugs. „Wer unsere Gastfreundschaft missbraucht, muss abgeschoben werden“, sagt er. Während der CDU-Politiker beim Thema Verkehr stets „die Verbotspolitik der Grünen“ geißelt, warnt er bei diesem Thema vor der Alternative für Deutschland (AfD), die auf Populismus und eine europafeindliche Politik setze. Die Christdemokraten wollen mit 1500 zusätzlichen Stellen außerdem die Polizei stärken und dem durch die Flüchtlinge wachsenden Wohnraummangel mit Sonderabschreibungsprogrammen für private Investoren beikommen. Einen positiven Aspekt kann Paul Nemeth der Themenlage beim diesjährigen Wahlkampf immerhin abgewinnen: „Die Menschen sind sehr interessiert“, ist ihm aufgefallen.

Mehr als 100 Wahlkampftermine absolviert Paul Nemeth in den vier Wochen vor der Landtagswahl. Mit Hausbesuchen und Kaffeehausgesprächen will er nah an die Menschen herankommen. Er betont seine große Heimatverbundenheit – auch weil seine Eltern als Donauschwaben nach dem Zweiten Weltkrieg flüchten mussten. Demokratie und Wohlstand seien für ihn deshalb nichts Selbstverständliches. Im Unteren Lauch in Böblingen ist er aufgewachsen, er war Ministrant und im Fußballverein. „Da ist eine tiefe Verwurzelung“, sagt er, und mit seiner Frau Gesine, der Tochter des langjährigen Stadtrats und Mittelständlers Ludwig Liebig, und den beiden Söhnen lebt er immer noch in der Stadt. Von der Landtagswahl erwartet er allerdings Veränderungen: „Es wird zu einem Regierungswechsel kommen“, sagt Paul Nemeth – selbstbewusst.