Theaterintendant Carl Phlip von Maldeghem Foto: StN

Intendant Carl Philip von Maldeghem beweist an neuer Wirkungsstätte sein Theatergespür.

Stuttgart- Carl Philip von Maldeghem sorgte als Intendant des Alten Schauspielhauses in Stuttgart für Besucherrekorde und beweist auch an seiner neuen Wirkungsstätte am Salzburger Landestheater sein Theatergespür. Das Publikum zieht mit - 28.000 Zuschauer mehr kamen in Maldeghems erster Spielzeit.

Herr von Maldeghem, die Zahlen stimmen, die Kritiken auch. Es kann Ihnen dieser Tage eigentlich nur gutgehen, oder?

Ich bin recht glücklich dieser Tage. Anfangs gab es ja etwas Ärger, etwa mit dem Regisseur von "Figaros Hochzeit". Aber das beherzte Eingreifen hat sich positiv ausgewirkt, wir haben dadurch Handlungsfähigkeit bewiesen. In der Oper ist das Konzept von deren künstlerischem Leiter Bernd Feuchtner aufgegangen, das Publikum allmählich dem Höhepunkt der Saison zuzuführen. Das war "Arianna" von Benedetto Marcello, deren Premiere jetzt im April war. Und gleich darauf die europäische Erstaufführung des Musikdramas "Die Passion des Jonathan Wilde" von Carlisle Floyd. Im Ballett hat sich die Zusammenarbeit zwischen dem langjährigen Leiter Peter Breuer und Andreas Geier bewährt, mit dem ich ja in Stuttgart auch schon eng zusammengearbeitet habe. Beide suchen jetzt nach einer neuen Version des "Romeo und Julia"-Stoffes. Das Ballett ist jetzt wieder wie früher einmal sowohl national als auch international gefragt, es war ja jetzt erst beim Europäischen Kultursommer in Fellbach mit seiner Version von "Carmen".

Und wie sieht es im Schauspiel aus?

Der große Renner war "Faust I" mit 31 nahezu ausverkauften Vorstellungen. Wir hatten ja auch die deutsche Erstaufführung von Michael Frayns "Reinhardt", das ja kurz darauf Stephan Meldegg im Stuttgarter Alten Schauspielhaus inszeniert hat. Unser Regisseur Klaus Hemmerle hat hier in Salzburg sehr beherzt auf das Stück zugegriffen. Wohl deshalb hat der Autor den Stuttgartern verboten, etwas am Text zu ändern. Sehr gut laufen hier natürlich auch Traditionsstücke wie Nestroys "Lumpazivagabundus". Und zum "Räuber Hotzenplotz" kamen 10000 Kinder aus Stadt und Land. Überhaupt hat unser Kinder- und Jugendtheater Junges Land die beste Auslastung mit 98 Prozent. Und, wohlgemerkt, wir haben in dieser Spielzeit in allen Sparten keine traditionellen Sehweisen gepflegt, sondern Gegenwartsdramatik. Man sieht, das Salzburger Theaterpublikum ist gar nicht so traditionsverliebt, wie man mich zuvor warnte.

Wie lautet also das Resümee Ihrer ersten Spielzeit?

Wir haben ein junges Publikum erreicht, und wir haben keinen Einbruch bei den Abonnenten erlebt. Das Publikum respektiert uns nicht, sondern es goutiert unser Theater. Auch das Operettenpublikum ist uns zu "Frau Luna" treu geblieben, inszeniert übrigens von Andreas Gergen und Christian Struppeck, die in Stuttgart mein Abschiedsstück "Wochenend und Sonnenschein" in der Komödie im Marquardt geschrieben und in Szene gesetzt haben.

Bei so viel Positivem: Was müssen Sie anders machen, welcher Sache müssen Sie sich vermehrt zuwenden?

Wir müssen das Theater verstärkt mit der Stadt vernetzen. Mit Amelie Niermeyer, die nach ihren Intendanzen in Freiburg und Düsseldorf seit dem vergangenen Jahr am Salzburger Mozarteum den Studiengang Schauspiel und Regie leitet, haben wir drei bis vier Kooperationen geplant. Das Theater wird in Österreich öffentlich mehr wahrgenommen als in Deutschland. Meine Frau und ich werden immer wieder direkt angesprochen, die Leute machen konkrete Vorschläge zur Gestaltung des Spielplans.

Wie gehen Sie verstärkt auf die Stadt zu?

Wir richten ein Kulturfrühstück ein, um über den Standortfaktor Kultur zu diskutieren in der Stadt. Für meine Inszenierung einer Bühnenfassung des Films "Der Himmel über Berlin" von Wim Wenders und Peter Handke waren die Bürger aufgefordert, größere und kleinere Geschichten zu notieren, die mit Salzburg zu tun haben. Da kamen mehr als 400 Einsendungen. Jetzt bin ich dabei, einen Teil davon bis zur Premiere im November in dem Stück zu verarbeiten. Die anderen Geschichten werden wir in einem Buch publizieren. Analog zum Schiller-Spaziergang in Stuttgart entwickeln wir hier in Salzburg einen Stefan-Zweig-Spaziergang. Außerdem entwickeln wir das Projekt "Asyl in Österreich" mit Lesungen, Diskussionen und szenischen Aktionen im öffentlichen Raum zu diesem Thema. Dazu laden wir Künstler, Wissenschaftler und Politiker ein.

Besonders erfreulich dürfte für Sie der Publikumszuspruch sein. Wie gehen Sie damit um?

Was ich dabei besonders interessant finde: Auch in meiner ersten Stuttgarter Spielzeit hatte ich einen Besucherzuwachs von 27.000, wenn auch von einer höheren Ausgangszahl. Man muss für Salzburg hinzufügen, dass wir mit 333 Aufführungen 60 mehr gemacht haben als in der Vorsaison.