Die Linke will nach dem Rückzug ihres Vorsitzenden Oskar Lafontaine die Nachfolge schnell regeln. Dieser hatte am Samstag angekündigt, sich aus der Bundespolitik zurückzuziehen.

Berlin - Die Linke will nach dem Rückzug ihres Vorsitzenden Oskar Lafontaine die Nachfolge schnell regeln. Dieser hatte am Samstag angekündigt, sich aus der Bundespolitik zurückzuziehen.

Der Fraktionschef der Linken im Thüringer Landtag, Bodo Ramelow, sagte am Sonntag dem Sender MDR INFO, an diesem Montag werde es "eine superlange Nacht von Gesprächen geben", denen sich weitere anschließen werden. "Ich denke, bis Ende nächster Woche werden wir auch personell die Klarheit haben, wie wir an den Rostocker Parteitag rangehen werden." Ramelow sieht nicht, dass der Lafontaine-Rückzug die Linke in ihrer Existenz bedroht. "Alle, die jetzt hoffen, dass wir uns zerlegen, werden enttäuscht werden."

Nach einem Bericht der "Bild am Sonntag" wird sich Fraktionschef Gregor Gysi an diesem Montag mit den Landesvorsitzenden der Partei treffen, um eine Lösung für den Parteivorsitz zu finden. Dieser muss beim Parteitag im Mai in Rostock neu besetzt werden. Lafontaine hatte am Samstag angekündigt, nicht wieder für den Vorsitz zu kandidieren und auch sein Bundestagsmandat aufzugeben. Im Deutschlandfunk plädierte Ramelow für eine Doppelspitze aus einem Mann und einer Frau, von denen eine Person aus dem Osten und eine aus dem Westen kommt.

CSU-Chef Horst Seehofer sagte der Linken ein Scheitern im Westen wegen des Lafontaine-Rückzugs voraus. "Mit seinem Abgang wird die Linkspartei wieder das, was sie vor Lafontaine war: SED-Nachfolger und reine Ostpartei", sagte er der "Bild am Sonntag".

Der an Krebs erkrankte Lafontaine hatte am Samstag nach einer Vorstandssitzung in Berlin bekanntgegeben, dass er im Mai beim Parteitag in Rostock nicht mehr für den Vorsitz kandidieren und zudem sein Bundestagsmandat abgeben werde. "Der Krebs war ein Warnschuss, über den ich nachdenken musste", sagte der 66-Jährige.

Lafontaine - eine der schillerndsten Figuren der deutschen Politik - hatte sich bereits nach der Bundestagswahl überraschend vom Vorsitz der Bundestagsfraktion zurückgezogen und will sich nun auf seine Arbeit als Fraktionschef im Saarland konzentrieren.

Linke will Nachfolge rasch regeln

Damit braucht die Partei eine fast komplett neue Führungsriege. Auch der ins Europaparlament gewechselte Co-Vorsitzende Lothar Bisky will im Mai nicht mehr kandidieren. Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch, der als Gegner des oft radikalen Oppositionskurses von Lafontaine gilt, hat nach Illoyalitätsvorwürfen gegen ihn angekündigt, ebenfalls nicht mehr für sein Amt anzutreten. Für die 2007 gegründete Linkspartei ist der Abgang auch deshalb eine Zäsur, weil Machtkämpfe zwischen Realos und Vertretern eines harten Oppositionskurses die Partei erschüttern.

Als mögliche Nachfolger an der Parteispitze werden der WASG-Mitbegründer Klaus Ernst und die aus Ost-Berlin stammende stellvertretende Fraktionsvorsitzenden Gesine Lötzsch gehandelt. Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi sagte dazu: "Von uns beiden werden sie dazu keinen Namen hören." Sachsens Linke-Fraktionschef André Hahn forderte eine "offene, vor allem aber würdevolle Diskussion" um die neue Parteispitze.

Gysi sagte, Lafontaine "war, ist und bleibt eine herausragende Figur" in der deutschen wie europäischen Politik. Der Vorsitzende der Linksfraktion im Thüringer Landtag, Bodo Ramelow, sagte, Lafontaine sei ein Vollblutprofi und nicht so einfach zu ersetzen. Die Bundespartei müsse jetzt ihre Hausaufgaben machen und ein Personaltableau für den Parteitag im Mai in Rostock erstellen sowie die Programmdebatte vorbereiten. "Wir sind dabei in Tritt zu kommen." Der saarländische Linke-Vorsitzende Rolf Linsler sagte, ohne Lafontaine an der Spitze werde es die Partei nicht leicht haben. "Ohne ihn gäbe es die Linke in dieser Form nicht, ohne ihn hätte diese Partei bei den vergangenen Wahlen längst nicht so gut abgeschnitten." Die Saar-Linke sei dankbar, dass sie auch weiter auf seine Unterstützung bauen könne.

Linke will Nachfolge rasch regeln

Lafontaine kündigte an, sich - so es die Gesundheit zulässt - in den nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampf einzuschalten. Dort wird im Mai ein neuer Landtag gewählt. Er habe schon 1990 nach dem fast tödlichen Messerattentat eine "existenzielle gesundheitliche Krise" zu überwinden gehabt, der Krebs sei nun ausschlaggebend dafür gewesen, kürzerzutreten. Lafontaine betonte, es gebe ausschließlich gesundheitliche Gründe für seinen Rückzug. Der parteiinterne Streit sei überzogen dargestellt worden.