Die Kulissenschieber spielen „Die Bremer Stadtmusikanten“ auf einer puristischen Bühne – mit einer Puppen-Vorbühne schaffen sie für die Kinder aber eine weitere Ebene. Foto: /privat

Die Kulissenschieber aus Ostfildern sind bekannt für anspruchsvolles Amateurtheater. Jetzt führen sie „Die Bremer Stadtmusikanten“ auf.

Als Tobias Metz den Kulissenschiebern aus Ostfildern vor einem Jahr vorschlug, „Die Bremer Stadtmusikanten“ in Angriff zu nehmen, war die ambitionierte Amateurtheatergruppe sofort begeistert, erzählt der Spielleiter: „Thematisch geht es da um Dinge, die für Erwachsene genauso von Bedeutung sind wie für Kinder. Und dieses Stück ist überaus aktuell.“

Die Truppe, die im kommenden Jahr ihr 30-jähriges Bestehen feiert, hat aus dem Märchen der Gebrüder Grimm nach der Textfassung von Philipp Löhle eine eigene Spiel-Version erarbeitet. Auf der Bühne wurde viel improvisiert und für jede Figur eine ausführliche Rollen-Biografie erstellt. Seit einem Jahr wird geprobt, krankheitshalber musste die Premiere um eine Woche verschoben werden. Kommenden Sonntag brechen Esel, Hund, Katze und Hahn nun endlich auf ins ferne Bremen.

Darstellerinnen und Darsteller von Ende 20 bis Anfang 70

Natürlich kommt das Stück über die Bauernhoftiere, die sich aus der Abhängigkeit befreien, um sich den Traum einer Sängerkarriere zu erfüllen, nicht ohne Musik aus: Tobias Metz hat Akkorde und Melodien für die Gitarre geschrieben, die live gespielt werden. Die Darstellerinnen und Darsteller – altersmäßig zwischen Ende 20 und Anfang 70 – waren jedoch nicht begeistert von dem Gedanken, auf der Bühne singen zu müssen: „Da tut sich keine und keiner mit dem Singen leicht, und alle behaupten, schrecklich unmusikalisch zu sein. Für das Stück ist das aber von großem Vorteil: Denn die Bremer Stadtmusikanten sollen ja ganz schön schräg singen. Und dabei überschätzen Esel, Hund, Katze und Hahn ihre Sangeskünste maßlos, aber sie sind von sich überzeugt: Wir gehen nach Bremen und werden Stars.“

Auf der großen, puristischen Bühne bilden verschiebbare Elemente den Bauernhof und den dunklen Wald, ein paar Kisten dienen als Hocker, und an einem großen Tisch vespert die Räuberbande. „Die Bühne fungiert als abstrakter Kunstraum. Damit die Kinder im Publikum trotzdem etwas zu sehen haben, zeigen wir auf der Vorbühne den Bauernhof, den Wald und das Räuberhaus in Puppengröße“, erklärt Metz einen cleveren Schachzug der Inszenierung. Der Ort, an dem oben auf der Bühne gerade etwas passiert, wird in der Miniatur-Welt angeleuchtet. Und die Puppen auf der Vorbühne tragen die gleiche Kleidung wie die neun Darstellerinnen und Darsteller auf der Bühne; so ist der Zusammenhang gut zu erkennen.

Gebrüder Grimm schrieben das Märchen erstmals nieder

1819 haben die Gebrüder Jacob und Wilhelm Grimm „Die Bremer Stadtmusikanten“ in ihren gesammelten Kinder- und Hausmärchen erstmals veröffentlicht. Aber die Themen, die damals die Menschen beschäftigten, sind erschreckend aktuell, wie Tobias Metz erzählt: „Es geht um Ausgrenzung: Du bist nichts mehr wert, wenn du krank, gebrechlich, abgearbeitet oder alt bist. Auch in unserer Gesellschaft herrscht ein enormer Leistungsdruck. Man muss immer 100 Prozent und voll zur Verfügung stehen, sonst wird man aussortiert.“

Tobias Metz, der seit 2015 künstlerischer Leiter der Kulissenschieber ist, gefällt aber auch, dass die Geschichte von Esel, Hund, Katze und Hahn, die auf ihrem Weg sogar eine Räuberbande in die Flucht schlagen, viel Optimismus ausstrahlt: „Sie sind gemeinsam stark. Sie erkennen, dass es wichtig ist, Vertrauen zu haben und als Team zusammenzuarbeiten. Sie packen mutig neue Aufgaben an und lernen Neues. Sie erfahren, dass man nicht verzweifeln muss, sondern dass man neuen Mut schöpfen kann.“ Und auch wenn es angesichts ihrer eher stümperhaften Musikalität verrückt klingt, beschließen die vier Tiere, dass sie nach ihrer Flucht vom Bauernhof Stadtmusikanten werden wollen. „Für sie ist das gemeinsame Musizieren ein Sehnsuchtsziel, um gehört und anerkannt zu werden“, erklärt Metz. Nicht umsonst ist eine Zeile aus dem Stück zum geflügelten Wort geworden: „Etwas Besseres als den Tod findest du überall.“

Aufführungen Die Kulissenschieber feiern die Premiere ihres Stücks „Die Bremer Stadtmusikanten“ am Sonntag, 26. November, um 11 Uhr. Weitere Vorstellungen gibt es am 1. Dezember um 18 Uhr, am 2. und 3. Dezember um 16 Uhr, am 8. Dezember um 18 Uhr und am 16. Dezember um 16 Uhr. Alle Veranstaltungen finden im Theater an der Halle (Esslinger Straße 26, Ostfildern-Nellingen) statt.

Karten gibt es unter www.kulissen-schieber.de