Steigungsstrecken: Immenhofer Straße. Foto: Leif Piechowski

Gleich mit dem ersten Vorschlag nach der OB-Wahl hat Fritz Kuhn Emotionen geweckt. Sein Tempo-40-Plan ist für die FDP eine „Räuberpistole“, andere loben ihn als Schritt in die richtige Richtung.

Stuttgart - Mit einem Zehnpunkteprogramm wird der künftige Oberbürgermeister Fritz Kuhn das Thema Feinstaub angehen. Unter anderem will er auf Vorbehaltsstraßen mit Steigungen statt Tempo 50 ein Tempolimit 40 einführen. Vorbehaltsstraßen sind Verkehrswege, auf denen der überörtliche Verkehr gebündelt wird, um die benachbarten Tempo-30-Zonen zu entlasten.

Auf diesen Steigungsstrecken könnte Tempo 40 kommen

Obwohl noch niemand Kuhns Pläne im einzelnen kennt, ist bereits zwei Tage nach der OB-Wahl darüber eine Diskussion entbrannt. Rein rechtlich ist eine flächendeckende Tempo-40-Regelung für solche Straßen problematisch. Weil die Gefahr besteht, dass von diesen Straßen ein Schleichverkehr in 30er-Zonen einsetzt und Klagen folgen, warnt Bernd Eichenauer, Chef der Straßenverkehrsbehörde im Ordnungsamt, vor Pauschallösungen. Rechtsklarheit bei Tempobeschränkungen bestehe nur, wenn Gefahren verringert oder nachweislich Lärm und Schadstoffe vermindert werden. Bis zu den Haushaltsberatungen im Dezember wird das Ordnungsamt eine Analyse der Steigungsstrecken vorlegen und auflisten, mit welchen Kosten welche Maßnahmen für welche Anwohner Erleichterungen bringen.

Peter Pätzold, Fraktionschef der Grünen im Gemeinderat, plädiert für eine differenzierte Betrachtung und Herangehensweise. Ob Tempo 50, 40 oder 30, jede Maßnahme müsse einzeln diskutiert werden. „Das wird zum Teil so schon praktiziert.“

Überlegen, „ob man nicht bei diesem Thema die Bürger per Volksabstimmung befragt“

Ein jeweils der Situation angepasstes Handeln befürwortet auch Jürgen Zeeb von den Freien Wählern. Auf bestimmten Bergstrecken wie der Weinsteige oder der Karl-Kloß-Straße könne er sich Pilotprojekte mit Tempo 40 vorstellen, deren Wirksamkeit aber wissenschaftlich untersucht werden müsse. Gleichzeitig zeigte er sich überrascht, dass Kuhn das Thema Tempolimit so schnell in die Diskussion gebracht habe.

Alexander Kotz (CDU) will Tempo-40-Lösungen unter der Voraussetzung dort unterstützen, wo sie beim Lärm und Feinstaub deutliche Vorteile für die Anwohner bringen und gleichzeitig die Leistungsfähigkeit der Straßen nicht beeinträchtigt. „Das unterscheidet uns von Kuhns eher plattem Vorschlag“, sagt Kotz. „Tempo 40 nur aus ideologischen Gründen lehnen wir ab.“

Für Bernd Klingler, Fraktionschef der FDP, ist Kuhns Vorstoß nichts anderes als „eine Räuberpistole“ und ein Zeichen von „Aktionismus“. Man müsse sich jetzt sogar überlegen, „ob man nicht bei diesem Thema die Bürger per Volksabstimmung befragt“.

Hannes Rockenbauch (SÖS) erinnert daran, dass er bereits 2005 einen Antrag für eine flächendeckende Tempo-30-Zone in der Stadt gestellt habe. Tempo 40 ist für ihn „ein Schritt in die richtige Richtung, das probieren wir jetzt“.

Auch Roswitha Blind (SPD) erinnert daran, dass ihre Fraktion im Mai einen Antrag für Tempo 40 im Stuttgarter Osten gestellt hat. „Ich begrüße, dass der neue OB bei diesem Thema hinter uns steht“, sagt die Fraktionsvorsitzende. „Wir beanspruchen aber schon das Erstgeburtsrecht.“