Die Stadt Rafah ist zu großen Teilen zerstört. Laut dem UN-Welternährungsprogramm (WFP) droht immer mehr Menschen der Hungertod. Foto: Rizek Abdeljawad/XinHua/dpa

Die humanitäre Lage im Gazastreifen wird immer schlimmer. Können die Vermittler diesmal eine Feuerpause aushandeln? Die News im Überblick.

Tel Aviv/Gaza/Paris - In Paris hat eine neue Runde indirekter Verhandlungen über eine Feuerpause im Gaza-Krieg begonnen. "Es gibt Optimismus, aber eine Einigung steht nicht bevor", zitierte der israelische Fernsehsender Channel 12 einen namentlich nicht genannten Regierungsbeamten. Eine israelische Delegation unter Leitung von David Barnea, dem Chef des Auslandsgeheimdienstes Mossad, traf in Paris die Vertreter Ägyptens, Katars und der USA, die die Gespräche mit der islamistischen Hamas vermitteln.

Die seit mehreren Wochen laufenden indirekten Verhandlungen zielen auf eine befristete Waffenruhe sowie auf die Freilassung von mehr als 130 Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen ab. Sie verliefen bislang schleppend. So möchte Israel nicht auf Maximalforderungen der Hamas eingehen, die eine dauerhafte Waffenruhe und den Abzug der israelischen Streitkräfte aus dem Gazastreifen beinhalten. Auch bei der Zahl, wie viele palästinensische Gefangene gegen israelische Geiseln auszutauschen wären, lagen die Seiten zuletzt weit auseinander. Bei einer Waffenruhe im November waren mehr als 100 Geiseln freigekommen.

Eine Delegation der Hamas unter ihrem Führer Ismail Hanija hatte in den letzten Tagen in Kairo die ägyptischen und katarischen Vermittler getroffen. Dem Vernehmen nach sollen die Islamisten einige ihrer Forderungen heruntergeschraubt haben. Israels Delegation in Paris soll wiederum laut Channel 12 von ihrer Regierung die Vollmacht für eine gewisse Flexibilität bei den eigenen Positionen erhalten haben.

"Die Bemühungen drehen sich darum, einen Grundrahmen mit klaren Kriterien dafür zu schaffen, worüber wir diskutieren und worüber nicht", zitierte der Sender den Regierungsbeamten. "Eine Einigung steht nicht bevor. Das Ziel ist es, eine solche vor dem Beginn des Monats Ramadan zu erzielen." Der muslimische Fastenmonat beginnt um den 10. März.

Baerbock verlangt rasche Feuerpause im Gaza-Krieg

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat Israel und die islamistische Hamas eindringlich zu einer raschen Feuerpause im Gaza-Krieg aufgerufen. "Wir brauchen die humanitäre Pause jetzt zur Freilassung der Geiseln und damit die humanitäre Hilfe nach Gaza kann", sagte die Grünen-Politikerin am Rande der UN-Vollversammlung in New York.

Die humanitäre Situation in Gaza sei "so katastrophal, dass derzeit Hilfe fast gar nicht mehr verteilt wird". Während einer humanitären Feuerpause müssten "Hilfsorganisationen endlich ihre Arbeit in Gaza wieder aufnehmen können". 

Israels Armee: Terroranschlag im Westjordanland vereitelt

Das israelische Militär hat in der Stadt Dschenin im Westjordanland nach eigenen Angaben einen Terroranschlag vereitelt. Wie die Armee am frühen Morgen bekannt gab, wurde ein Mitglied der Terrororganisation Islamischer Dschihad bei einem Drohnenangriff in Dschenin ausgeschaltet. Der Mann sei auf dem Weg gewesen, einen Anschlag zu verüben. Er sei in den vergangenen Monaten an mehreren Angriffen auf israelische Gemeinden und Militärposten beteiligt gewesen.

Das Gesundheitsministerium in Ramallah hatte am späten Abend mitgeteilt, in Dschenin habe ein Geschoss ein Fahrzeug getroffen. Eine Person sei getötet und mehrere weitere seien verletzt worden, eine davon lebensgefährlich. Nach Angaben des behandelnden Krankenhauses in Dschenin starb der lebensgefährlich verletzte Jugendliche am Morgen. Er soll 17 Jahre alt gewesen sein.

Die beiden Getöteten seien Mitglieder der Dschenin-Brigaden, die dem Islamischen Dschihad nahestehen, teilte der militärische Arm der Terrororganisation mit. Die Gruppe war auch am Massaker in Israel am 7. Oktober beteiligt.

Weitere Terroristen bei Einsatz in Gaza getötet

Die israelische Armee hat bei den seit Wochen andauernden Kämpfen im Westen der Stadt Chan Junis im Süden des Gazastreifens nach eigenen Angaben weitere Gegner getötet. Wie das Militär mitteilte, hätten Scharfschützen und Drohnen in den vergangenen 24 Stunden mehr als zehn Terroristen getötet.

Während des Einsatzes hätten drei Terroristen eine Panzerfaust auf die israelischen Truppen abgefeuert. Sie seien eliminiert worden. Auf israelischer Seite habe es keine Verletzten gegeben, hieß es. Es seien zudem ein Waffenlager, eine Kommandozentrale und ein Gelände, auf dem sich mehrere Terroristen in unmittelbarer Nähe der Truppen aufhielten, zerstört worden. Die Angaben des Militärs konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.

Auch im Norden sowie im Zentrum des abgeriegelten Küstenstreifens seien mehrere Terroristen getötet und Waffenlager gefunden worden, hieß es weiter. Zudem hätten die Truppen weitere Tunnelschächte freigelegt.

Augenzeugen: Proteste in Gaza gegen Hamas

Im Gazastreifen demonstrierten Augenzeugen zufolge Hunderte Palästinenser für mehr Hilfslieferungen und gegen die Hamas. Teilnehmer der spontanen Kundgebung im Norden des Küstengebiets hielten demnach Schilder mit Aufschriften wie "Nieder mit der Hamas!" und "Wir wollen essen, den Krieg beenden - unsere Kinder sterben vor Hunger".

Kinder klopften den Angaben zufolge auf leeres Geschirr, um so den Mangel an Essen zu zeigen. Augenzeugen berichteten der dpa, dass Polizisten, die von der Hamas gestellt werden, in Richtung der Demonstranten geschossen hätten, um die Menschen auseinanderzutreiben. Berichte über Verletzte gab es zunächst nicht. Die Angaben lassen sich kaum unabhängig überprüfen.

Laut dem UN-Welternährungsprogramm (WFP) droht immer mehr Menschen im Gazastreifen der Hungertod. Bei Lebensmittellieferungen in den Norden kam es den Angaben zufolge zu Ausschreitungen. An einigen Orten seien jüngst ganze Lastwagen geplündert worden. Schüsse seien gefallen und ein Lkw-Fahrer angegriffen und verletzt worden. Das WFP kündigte danach an, die Lieferung von Nahrungsmitteln in den Norden Gazas vorübergehend wieder auszusetzen.

Der Chef des UN-Flüchtlingshilfswerks UNRWA, Philippe Lazzarini, warf derweil israelischen Kräften innerhalb des Regierungsapparats konzertierte Aktionen zur Behinderung der Arbeit der Organisation vor. Das Hilfswerk könnte das von der UN-Vollversammlung erteilte Mandat bald nicht mehr erfüllen, schrieb Lazzarini in einem Brief an den Präsidenten der UN-Vollversammlung.

Roter Halbmond: Sanitäter bei israelischem Angriff getötet

Ein Sanitäter des Palästinensischen Roten Halbmonds ist nach Angaben der Organisation im Süden des Gazastreifens durch israelisches Bombardement getötet worden. Der ehrenamtliche Mitarbeiter im Rettungsdienst der Stadt Rafah sei am Freitag bei einem Angriff auf sein Wohnhaus im östlichen Teil des gleichnamigen Bezirks gestorben, hieß es in einer auf sozialen Medien verbreiteten Mitteilung. Von israelischer Seite lagen zu dem Vorfall zunächst keine Informationen vor.

Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums in Gaza vom Freitag wurden bei israelischen Angriffen innerhalb von 24 Stunden 104 Menschen getötet und 160 verletzt. Insgesamt stieg damit die Zahl der Toten im Gazastreifen seit dem Beginn des Kriegs auf etwa 29.500 Tote und mehr als 69.600 Verletzte. Die Zahlen können nicht unabhängig überprüft werden.

Bericht: Netanjahu legt Plan für Zeit nach Krieg vor

Unterdessen hat der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dem Sicherheitskabinett laut der Zeitung "Times of Israel" seinen Plan für die Verwaltung des Gazastreifens nach dem Krieg vorgelegt. Dieser sehe - wie von Netanjahu zuvor immer wieder bekräftigt - die volle Sicherheitskontrolle über das gesamte Küstengebiet durch das israelische Militär vor, berichtete die Zeitung.

Bezüglich der künftigen Verwaltung des Gazastreifens heiße es in dem Grundsatzpapier in vager Formulierung, sie würde von "lokalen Beamten" mit fachlicher Erfahrung geleitet. Dabei werde es sich um Personen ohne Verbindungen zu "Ländern oder Organisationen, die den Terrorismus unterstützen", handeln.

Die im Westjordanland regierende Palästinensische Autonomiebehörde (PA) werde in dem Plan nicht ausdrücklich genannt, hieß es in dem Bericht. Ihre Beteiligung an der künftigen Verwaltung des Gazastreifens werde darin aber auch nicht ausgeschlossen. Die USA setzen auf eine umgestaltete PA von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und wollen, dass sie auch im Gazastreifen wieder die Kontrolle übernimmt.

Israel lehnt das ab und wirft der Autonomiebehörde vor, Terror zu unterstützen. Die Hamas hatte 2007 ein Jahr nach ihrem Wahlsieg gewaltsam die alleinige Macht im Gazastreifen an sich gerissen. Israels erklärtes Ziel ist, die Hamas militärisch zu zerschlagen und die Geiseln zu befreien.

Forderung in Israel nach Siedlungsbau im Westjordanland

Nach einem palästinensischen Terroranschlag nahe Jerusalem will Israels rechtsextremer Finanzminister Bezalel Smotrich den Siedlungsbau im von Israel besetzten Westjordanland vorantreiben. Wie die Zeitung "Times of Israel" in der Nacht berichtete, werde der für die Genehmigung des Baus von Siedlerhäusern zuständige Ausschuss zu diesem Zweck in Kürze zusammenkommen.

Smotrich wolle, dass mehr als 3000 zusätzliche Häuser im Westjordanland gebaut werden, hieß es. Er reagierte damit auf einen Terroranschlag vom Vortag auf einer Autobahn nahe Jerusalem, bei dem nach Angaben von Sanitätern mindestens ein Israeli getötet wurde und mehrere Menschen teils schwer verletzt wurden. Nach Angaben des israelischen Inlandsgeheimdienstes handelte es sich bei den drei Tätern um Palästinenser aus Bethlehem im Westjordanland. Sie wurden bei dem Anschlag getötet.