Ein Panzergrenadier verschießt eine Panzerabwehrlenkrakete Milan vom Turm eines Schützenpanzers Marder: intensiv trainiertes Zusammenspiel von neun Soldaten. Foto: dpa/Klaus Schneider

Der deutsche Schützenpanzer weckt ukrainische Begierde. Dem darf die Bundesregierung nicht nachgeben – sonst kann sie mit den Mardern auch gleich Leichensäcke ins Kriegsgebiet schicken, kommentiert Franz Feyder.

Der Marder ist für den ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk, viele seiner Kollegen und auch für einige in Deutschland mehr, als nur ein putziges und wuseliges Kerlchen aus der Familie der hundeartigen Raubtiere. Er ist der Retter im Kampf gegen die Soldateska des russischen Despoten Wladimir Putin, ein Hoffnungsträger für drohende Panzerschlachten im ostukrainischen Dneprtiefland: 38,5 Tonnen schwer, 6,88 Meter lang, 3,38 Meter breit, 3,23 Meter hoch und 65 km/h schnell. Geht es nach Melnyk und Co. sollen 100 Marder schon bald russische Panzer und Schützenpanzer in Brand schießen.

Wenn sie nur von der wahlweise feigen, unentschlossenen, zögerlichen – manchmal auch alles vereinenden – Bundesregierung geliefert würden. Oder die sich zumindest der Auslieferung durch den Rüstungskonzern Rheinmetall nicht in den Weg stellen würde. Dabei spricht vieles dafür, dass die gescholtene Bundesregierung in dieser Frage sehr verantwortungsvoll handelt. Denn: Der Traum der selbst ernannten, ungedienten Experten, dass Schützenpanzer Marder, an die Front in die Ostukraine gekarrt, dort schon in ein, zwei Wochen die Spitzen der russischen 1. Gardepanzerarmee, dem Eliteverband des russischen Heeres, zerschießen, ist ein frommer Wunsch – und schlichter Blödsinn dazu: Das Waffensystem ist ukrainischen Soldaten unbekannt, für seine Versorgung, Wartung und Reparatur gibt es weder Konzepte noch Strukturen.

Dabei erfordert das System Marder intensiv eingespielte Besatzungen, wenn sie länger als fünf Minuten gegen die Russen kämpfen sollen. Beispiele? Um eine Störung an der Bordmaschinenkanone (BMK) zu beheben, muss der Kommandant den Panzerschutz verlassen, eine schwere Panzerklappe am Turm öffnen, das Kanonenrohr ausbauen und das Waffengehäuse zur Seite schwenken. Überleben wird der Kommandant das nur, wenn er vorher in eine Deckung gefahren ist, die beiden verbliebenen Panzer seines Zuges ihm Feuerschutz während der Reparatur geben. Trainiert werden muss auch, wie im Gefecht die 750 Schuss Reservemunition aus dem hinteren Bereich des Marders in den Turm kommen, wenn die 500 Patronen verschossen sind, die dort gelagert sind.

Die Ausstattung mit Mardern ist kein unlösbares Problem – mit gutem Training. Unter Kriegsbedingungen ist es eine Prozedur, die, wie der frühere Chefausbilder des deutschen Heeres, selbst Panzergrenadier, General Walter Spindler, sagt, fünf bis sechs Monate, also bis zum Spätherbst, dauern wird.

Und selbst dann ist fraglich, ob die schnell Trainierten gegen die zur Elitearmee Russlands gehörenden 4. Gardepanzerdivision, die traditionell die Paraden am 9. Mai auf dem Roten Platz in Moskau eröffnet, bestehen. Ob die schnell aufgestellten ukrainischen Marderbataillone mehr als nur Kanonenfutter sind? Denn noch immer müssten sie ohne große Erfahrung mit einen unbekannten Waffensystem, das für andere Taktiken und Operationsführungen entwickelt worden ist, und ohne existierende Logistik gegen einen Eliteverband im panzergünstigen Gelände antreten. Da verwundert es, dass Melnyk und seine Claqueure nicht auch 1000 Leichensäcke zu den 100 Mardern geliefert haben wollen. Zudem müssen sie sich die Frage stellen lassen: Warum fordern sie nicht auch Bradley-Schützenpanzer in den USA, oder Warrior in Großbritannien?

Mit Ruhm hat sich die Bundesregierung bei der Rüstungshilfe für die Ukraine nicht bekleckert. In Fall Marder aber handelt sie voller Verantwortung – auch für das Leben ukrainischer Soldaten. Diesen nun schnell einfach zu bedienende Panzerabwehrlenkraketen zu liefern, ist deshalb eine vorrangige Aufgabe auch der deutschen Regierung.