Ein schonendes Verfahren: der Saugbagger im Einsatz. Lividor Demire steuert ihn mit der Fernbedienung. Foto: Werner Waldner

Bei der Erneuerung der Hohenstaufenallee geht die Stadt besonders sorgsam mit den dortigen Bäumen vor.

Kornwestheim - Wenn das keine Win-win-Situation ist: Die Fahrradfahrer und Fußgänger bekommen in der Hohenstaufenallee einen neuen Asphaltbelag und die über 80 Jahre alten Plantagen eine Rundum-Wohlfühlkur. Oder wie es Stadtgärtner Jörg Raff sachlich bezeichnet: eine Standortverbesserung. Und die verdanken sie einer neuen Technik, die die Stadt erstmals einsetzt: Mittels eines Saugbaggers wird in diesen Tagen der Boden rund um die Plantagen vorsichtig ausgehoben. Das sind die Vorarbeiten, bevor im Sommer der ziemlich marode Radweg erneuert wird.

Lividor Demire steuert das große Stahlrohr, das aus dem Lastwagen ragt, mit der Fernbedienung. Sorgfältig saugt er Erdreich, Steine und Asphaltbrocken rund um den Baumstamm auf und lässt sie in dem großen Tank verschwinden. „Das ist fast wie eine archäologische Arbeit“, berichtet Stadtgärtner Jörg Raff. Was da nicht alles zutage tritt. . .

Bis zu 75 Kilogramm schwere Teile schluckt das Rohr mit einem Durchmesser von 25 Zentimetern, 14 Tonnen Material kann der Wagen aufnehmen, bevor er auf einer Deponie geleert werden muss. Lukas Sättele vom gleichnamigen Baumpflegefachbetrieb und sein Team kümmern sich derweil um die kleinen Wurzeln, kürzen sie und bringen eine heilende Paste an den Stellen auf, an denen eine große Wurzel dann doch ein wenig Schaden genommen hat. Wurzeln, die vorübergehend freiliegen, decken sie mit Säcken ab, damit sie nicht austrocknen. Später wird wertvolles Substrat rund um die Bäume gestreut– fertig ist die Kur. Stadtgärtner Jörg Raff ist überzeugt davon, dass die Arbeiten für die Bäume einen Gewinn darstellen.

Die Alternative zum Aufsaugen des Materials wäre der Einsatz eines herkömmlichen Baggers gewesen. Jörg Raff und Wolfgang Plitzko vom Fachbereich Tiefbau und Grünflächen sind sich sicher: Dabei hätten die Platanenwurzeln Schaden genommen und holzzersetzende Pilze, ohnehin im Erdreich vorhanden, wären in den Baum eingedrungen. Vermutlich hätten die Bäume das überlebt, aber sie wären zusätzlichem Stress ausgesetzt gewesen. Der Preis für die Alternative Saugbagger: Die vorbereitenden Arbeiten für die Erneuerung des Radwegs nehmen deutlich mehr Zeit in Anspruch. Mindestens vier Tage sind die Bauarbeiter im Einsatz. Aber das sollte es wert sein, sagen die Experten.

Als die Platanen vor rund 80 Jahren gepflanzt worden sind, da bildeten sie den Rand des Stadtparks. Südlich davon standen weder Schulgebäude noch Wohnhäuser. Für Jörg Raff ist es ein kleines Wunder, dass die Bäume trotz der mittlerweile nicht ganz einfachen Bedingungen sich so gut behaupten. Zwei Exemplare vorm Ernst-Sigle-Gymnasium sind sogar ganz mit Pflastersteinen „eingezäunt“ worden. Aber Raff weiß: „Bäume sind Künstler.“ Um zu überleben, schicken sie ihre Wurzeln in die entferntesten Ecken.

In Sommerferien soll der neue Asphalt auf das vorhandene Material aufgebracht werden. Der Weg, sagt Wolfgang Plitzko, sei Bestandteil der wichtigen Ost-West-Verbindung in Kornwestheim. Mit der Sanierung sollen auch die Bereiche für Radler und Fußgänger deutlich getrennt werden. Im östlichen Bereich werden die Radfahrer in die Sackgasse westlich der Ludwig-Herr-Straße geleitet. 350 000 Euro lässt sich die Stadt Kornwestheim die Erneuerung des Radwegs und die Baum-Regeneration kosten.