Die Stadtverwaltung will bei den Öffnungszeiten den Rotstift ansetzen: Die Eltern üben daran Kritik. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Die Stadt überlegt, die Öffnungszeiten der Kindertagesstätten zu reduzieren.

Die Stadtverwaltung gibt sich verschlossen. Presseanfragen zu dem Thema mag man derzeit noch nicht beantworten. Und dabei macht’s unter den Eltern doch schon die Runde, was die Stadtverwaltung ausbaldowert und den Stadträten in der kommenden Woche in öffentlicher Sitzung zur Diskussion vorlegen will: eine Streichung des Betreuungsangebots von zehneinhalb Stunden und eine Öffnung der städtischen Kitas frühestens um 7.30 Uhr. Derzeit können an der Neckar-, Bebel- und Karlstraße die Kinder regelmäßig schon um 7 Uhr abgegeben werden – allerdings auch nur rein theoretisch.

Die Pandemie hat die Situation in den Betreuungseinrichtungen verändert. Der Wunsch nach langen Betreuungszeiten wird immer seltener geäußert, weil Eltern im Homeoffice arbeiten und zeitraubende Fahrten zur Arbeitsstelle wegfallen. Deshalb hatte die Stadt in den vergangenen Wochen eine Umfrage unter den Eltern durchgeführt, welche Form der Betreuung gewünscht wird. Das Ergebnis, das von der Stadt nicht, wohl aber von zwei anderen Quellen bestätigt wird: 70 Prozent der Mütter und Väter benötigen nicht die zehneinhalb Stunden, das umfangreichste Betreuungsangebot der städtischen Kitas. Deshalb gibt’s Überlegungen im zum Dezernat von Oberbürgermeisterin Ursula Keck gehörenden Fachbereich Kinder, Jugend und Bildung, die zehneinhalb Stunden künftig nicht mehr anzubieten. Die Streichung am Morgen hat für die Stadt einen Vorteil: Es trifft nur einen kleinen Teil der Eltern, weil gleich um 7 Uhr nur wenige Jungen und Mädchen gebracht werden.

Aber es regt sich Unmut bei den Müttern und Vätern. In einem an die Kornwestheimer Zeitung adressierten Brief heißt es: „Hier wird nicht nur gegen 30 Prozent aller Elternbedarfe entschieden, sondern ganz bewusst und konsequent wieder denjenigen das Leben schwergemacht, die die kritische Infrastruktur im Land aufrechterhalten: Polizei, Pflegekräfte, Bahnmitarbeiter, Bäcker.“ Betroffen seien die Eltern, die Schichtarbeit leisten würden. „Nicht jeder Kornwestheimer ist Ingenieur bei Daimler und kann 90 Prozent seiner Arbeit im Homeoffice verrichten“, schreiben die von den Plänen erbosten Eltern.

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Eine Alternative gibt’s für sie: Private Einrichtungen bieten eine Ganztagesbetreuung von über 50 Stunden mit Kindergartenöffnung morgens um 7 Uhr an – allerdings zu einem deutlich höheren Preis als bei der Stadt. Kostet die 10,5-Stunden-Betreuung an fünf Tagen in der Woche für unter dreijährige Kinder bei der Stadt rund 450  Euro, sind beispielsweise im Kindergarten Hoppsala des Trägers Mahale knapp 600  Euro fällig. Nicht alle Familien, heißt es aus dem Gesamtelternbeirat der Kindergärten und Kindertagesstätten, könnten eine solche Summe aufbringen.

Dem Vernehmen nach will die Stadt die Kürzung der Öffnungszeiten sukzessive einführen, um die Eltern nicht gleich vor vollendete Tatsachen zu stellen. Ab 2024 könnten die Kita-Türen dann aber morgens um 7 Uhr verschlossen bleiben. Allerdings: Das sind sie auch jetzt schon immer wieder, denn der Stadt Kornwestheim fehlt das Personal, um die mit den Eltern vertraglich vereinbarten Betreuungszeiten einhalten zu können. Eltern aus dem Kinderhaus Karlstraße haben in einem Brief an die Stadtverwaltung und die Kommunalpolitik das Gebaren der Stadt kritisiert. Obgleich es für vier der sechs Gruppen eigentlich eine Betreuungszeit von zehneinhalb Stunden gibt, ist die zum Monatsbeginn auf siebeneinhalb Stunden reduziert worden – mit dem Hinweis darauf, dass man, falls es zu Erkrankungen beim Personal kommt, weiter streichen müsse. In dem Elternbrief heißt es nun: „Für unsere Kinder bedeutet dies eine ständige Veränderung der Betreuungssituation, dazu gestresste, ausgebrannte Eltern und fehlende altersgerechte Betreuung, wenn Eltern sich gleichzeitig um ihre Kinder kümmern und arbeiten müssen – sofern das überhaupt möglich ist.“ Die Erzieherinnen und Erzieher nehmen die Eltern in dem Schreiben ausdrücklich von der Kritik aus. Sie würden sich aufopferungsvoll für die Jungen und Mädchen einsetzen.

„Wir Eltern“, so steht es in dem Brief, „können diese immer weiter steigende Mehrbelastung nicht mehr schultern.“ Wer eine lange Betreuungszeit buche, der sei in der Regel auch beruflich stark eingespannt. Die Mütter und Väter fordern daher eine schnellstmögliche Rückkehr zur voll gebuchten Betreuungszeit, die dann auch eingehalten werden müssten. Und sie bitten darum, das Konzept zur Fachkräftegewinnung zu überdenken. „Das bisherige ist offensichtlich nicht ausreichend.“